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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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schief.«
    »Ich will doch gar nichts«, sagte Terry.
    »Dann lass es auch sein«, sagte Lieschen.
    »Es ist doch harmlos«, sagte Terry.
    »Zwischen Jungen und Mädchen ist nichts harmlos«, sagte Lieschen. »Und zwischen Mann und Frau auch nicht. Weiß Gott. Und eigentlich sollte sie mit dir über das alles sprechen.«
    Terry wusste, dass Lieschen ihre Mutter meinte. Sie spürte auch, dass Lieschen wütend war. Man sah es ihr aber nicht an.
    Lieschen stand auf. Sie versuchte, mit dem Sonnenschirm auf den Boden zu stampfen, aber der Stock war zu kurz. Es sah aus wie ein paar hilflose Versuche, etwas Unsichtbares zu erstechen. »Ich denke, du bist stark«, sagte Lieschen. Jetzt sah sie aus wie eine Generalin, die einen Befehl erteilte.
    Terry entdeckte doch eine Ähnlichkeit mit ihr. Für Sekunden konnte sie sich in Lieschens Lage versetzen. Lieschen war stark und, bei Gott, sie hatte Terry davon etwas mitgegeben. »Logo«, sagte Terry. Sie mochte solche ernsten Szenen nicht. Sie dachte noch ein bisschen um dieses Wort stark herum und dann sagte sie das Falsche. »Ich habe doch einen starken Vater«, sagte sie.
    Lieschen wurde dunkelrot. Man sah ihrem Gesicht jetzt an, dass Terry das nicht hätte sagen sollen. Es war Terry auch nur so herausgerutscht. Ihr Vater war kein Thema.
    Lieschen stocherte nun fürchterlich mit ihrem Schirm in dem Unsichtbaren herum, der schon längst tot sein musste. »Manche Stärke ist eine Schwäche«, sagte Lieschen. »Und wer zuhaut, tut das aus Schwäche. Merk dir das. Deine Stärke soll aus innen heraus kommen. Alles andere ist oberflächlich, ist papperlapapp. Und jetzt will ich nicht mehr darüber reden. Nie mehr.« Sie drehte sich einfach um, spannte ihren Sonnenschirm auf und ging unter ihrem eigenen Schattendach die Hafenstraße entlang. Sie verschwand zwischen den eng stehenden Häusern des Ortes.
    Es war das längste Gespräch, das Terry seit Jahren mit der Großmutter geführt hatte. Es trug nicht zur Entwirrung ihrer Gefühlslage bei. Terry war überzeugt, dass die Hitze nun restlos allen in den Kopf gestiegen sein musste, in den Kopf und anderswohin.
    Das Gespräch mit Lieschen war an Terry nicht ganz ohne Spuren vorbeigegangen. Terry wunderte sich selber. Sie saß am Strand, in dem freien Stück zwischen den badenden Familien und der Surfschule. Sie sah auf das Meer und traute sich nicht dahin, nicht dorthin.
    Auf der einen Seite die Sommergäste mit ihren Kindern, die gerade ausgerichteten Liegestühle. Es war ordentlich und ging Terry schon deshalb vollkommen gegen den Strich. Auf der anderen Seite die Jungen, braun verbrannt und das Stückchen Freiheit genießend, das so ein Surfbrett geben konnte.
    Terry saß im Sand und war nicht mehr richtig im Kopf. Sie sah die Jungen an. Sie fand sie alle schön, wunderschön. Sie träumte sich Marcel hinzu. Und alle, alle saßen um sie herum, begehrten sie. Terry hatte die freie Auswahl, aber sie wollte sie alle. In ihr gluckste es vor Glück. Aber als sie genau hinsah, merkte sie, dass sie allein am Strand saß. Sie fühlte sich zum Platzen voll, buddelte zunächst um ihre Beine einen Sandberg, dann sich selber ein, so weit es ging. Diese Unruhe in ihr hörte nicht auf. Es war, als ob es in ihr wie von einer Zeitbombe tickte.
    Terry schüttelte den Sand ab und trabte ins Wasser, das sich zuerst erschreckend kalt anfühlte. Sie warf sich einfach hinein. Das Wasser knallte auf ihren Körper, Terry schwamm ein paar kräftige Züge und drehte sich dann auf den Rücken. Langsam beruhigte sich die Wasseroberfläche. Das Meer war ein Spiegel. Terry sank hinein, dass nur noch Augen, Nase, Kinn herausschauten. Sie schloss die Augen und kam allmählich wieder zu Verstand.
    Es war eine blöde Situation. In Berlin hatte sie gewusst, wer sie war, El Canario oder Queen of American Heaven , egal, aber was sie war, das war sie ganz. Jetzt fühlte sie sich namenlos. Terry: okay, aber ohne was davor oder dahinter. Und ihre Beziehungen zu Jungen waren immer klar gewesen. Entweder war einer zu gebrauchen oder nicht. Wie Brille und der Schwarze. Oder eben Tom Wiesner auf der anderen Seite.
    Wenn sie es recht überlegte, hatte das ganze Verwirrspiel mit Tom Wiesner angefangen. Er war nicht zu gebrauchen gewesen. Sie hatte ihn in ihr Leben eingeplant, ja sicher, in ihrem Alter ging man nun einmal mit jemandem. Es war lächerlich, aber es hatte mit Tom Wiesner nicht geklappt, weil er verdammt noch mal nach McDonald’s gerochen hatte. Man konnte es keinem

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