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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beltz & Gelberg
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musste verrückt sein in diesem Sommer, sie war schon wie die Mutter, die auch nicht ohne sein konnte, Onkel Hugo oder sonst wem. Sie hatte ein gut Teil von der Mutter mitbekommen, und diesen Teil wollte sie lassen, also, so ließ sie auch besser die Sache mit Marcel.
    »Lass mich«, sagte sie auf Englisch.
    Und Marcel sagte: »Es ist doch schön, chérie.«
    Ja, und warum sollte ihr die Mutter den Spaß verderben? Terry hielt Marcels Hand fest. Es war wirklich schön. Es war dieser Jahrhundertsommer, der in ihrem Körper steckte und der sie nicht wissen ließ, was sie eigentlich wollte.
    Sie hielt Marcels Hand über eine Stunde. Das Licht war jetzt klarer geworden, nur am Horizont konnte man die Grenze zwischen Meer und Himmel nicht mehr erkennen. Es roch nach Hitze und dem Benzin der abfahrenden Motorboote. Es roch nach Ferien. Draußen, wo das Mittelmeer glatt und ruhig lag, trieb die flimmernde Luft ihr Spielchen mit den Booten. Die Segelschiffe hingen im Horizont, sie flogen zwischen Himmel und Erde, kleine, weiße Segler, die längst alle Berührungen verloren hatten und sich stellenweise auflösten. Manchmal wurden sie zu weißen Möwen.
    Obwohl die Welt stillzustehen schien, mussten sie zurück. Marcel hatte das Restaurant vorzubereiten auf den frühabendlichen Ansturm.
    Auf dem Weg küssten sie sich unter jedem Baum, der nur genug Schatten warf. Terry war froh, dass sie ihr Schweißband umgebunden hatte. Ihr Haar war fast vollständig durchnässt von Schweiß. Wenigstens liefen ihr die Tropfen nicht durch das Gesicht.
    In der kleinen Bar roch es etwas muffig. Die Luft war stickig, weil es über Stunden keinen Durchzug gegeben hatte. Marcel zog die Jalousien halb hoch und öffnete die Tür nach draußen. Auch die Schiebetür der Durchreiche zur Küche schob er zur Seite. Die Luft im Raum bewegte sich nur spärlich.
    Terry setzte sich auf den einzigen großen Tisch, der im Raum in der Ecke stand. Sie beobachtete Marcel. Sie hatte das Gefühl, dass sie das für immer tun könnte.
    Marcel bot Terry Mineralwasser an. Als sie verneinte, trank er direkt aus der Flasche. Er verstaute sie unter der Theke und ging zu Terry. Wieder küssten sie sich. Es hätte stundenlang so gehen können. Terry fühlte sich wohl, obwohl sie mittlerweile den Zweck der ganzen Übung nicht mehr wusste. Es machte keinen richtigen Spaß, aber es gehörte wohl dazu. Dazu, dass man einen Freund hatte.
    Marcel schloss die Türe nach draußen. Dann drückte er Terry hinunter auf die Tischplatte. Als er sich auch noch auf Terry legte und sie kaum Luft bekam, dachte sie nur daran, dass vielleicht der Tisch krachen könnte. Es musste sowieso ein urkomisches Bild sein, das sie da abgaben. Sie lachte etwas und schob Marcel von sich. Marcel schien wütend zu werden. Er drückte sie an den Schultern noch fester auf den Tisch.
    So etwas konnte Terry gar nicht haben. Es war, als ob die Mutter ihr etwas verbot. Terry kam in ihren Nun-erst-recht-Zustand. Es rastete etwas in ihrem Kopf ein. Wenn es ein Spiel war, dann war sie es leid. Es sollte jetzt aufhören, und als Marcel das nicht kapierte, blieb Terry keine andere Wahl. Sie hob ihre Hände über den Kopf und versuchte, sie dort zu ihrer Volleyballhaltung zu schließen. Sie hätte die Hände lieber in Bauchhöhe gefaltet, aber da lag Marcel.
    Terrys Volleyballschlag, wenn sie ihn von unten herauf führte, war wie ein Hammer. Sie war die beste Volleyballspielerin der Schule. Das stand fest. Als Terry ihren Schlag getan hatte, wusste sie, dass sie auch gut Volleyball umgekehrt baggern konnte. Sie traf Marcel seitlich am Rücken und wahrscheinlich auf die Nieren.
    Marcel sagte zunächst nichts. Er ließ einfach ab von Terry. Es musste ihm wehgetan haben, aber er schien sehr beherrscht.
    Terry war in Rage. Wenn er sie noch mal anfasste, würde sie ihm in die Eier kicken. Sie hatte so was noch nie ausprobiert, aber sie würde es tun und sie würde ihn treffen.
    Marcel ließ sich auf einen Stuhl fallen. Sonst passierte nichts. Er formulierte nur eine Frage, die er in präzisem Englisch stellte mit seinem französischen Akzent, den Terry eigentlich sehr gern gemocht hatte. Es dauerte eine Zeit, bis Terry sich die Frage in ihrem Kopf richtig übersetzt hatte. »Wer glaubst du, wer du bist?«, hatte Marcel gefragt.
    Es war ganz einfach.
    »Terry«, sagte sie. »Ich bin Terry.«
    Und dann war es, als ob die ganze Schwüle des Tages über sie hereinbrach. Sie hielt es nicht mehr aus und ging hinter die Theke,

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