Lady Sunshine und Mister Moon
zu ihm, ohne die Stimme zu erheben. „Wie ich sehe, bist du immer noch nicht intelligenter geworden.“
Carly versuchte, sich nicht getroffen zu fühlen. Sie versuchte es wirklich. Ihren verletzten Gefühlen nachzugeben wäre zu absurd. Vor allem weil sie doch bereits schon längst alle Rechte an diesem Hund vergeben hatte. Rufus’ Loyalität gehörte nun Iago. Was machte es also aus, wenn diese verrückte Promenadenmischung Wolf mehr Aufmerksamkeit schenkte als ihr? Manche Hunde reagierten eben mehr auf ein bestimmtes Geschlecht als andere; niemand wusste das besser als sie. Sie schüttelte ihre Eifersucht ab und schenkte Iago und seiner Mutter ein Lächeln, als die beiden wenige Minuten später den flüchtigen Hund einsammelten. Carly schluckte schwer. Nein, sie würde kein zweites Mal in Tränen ausbrechen wie an dem Tag, als sie Rufus hergegeben hatte. Das war doch gar nicht so schwer, zumal der Junge und der Hund ein Herz und eine Seele waren. Also war eigentlich alles in Ordnung.
Und trotzdem fühlte sie sich plötzlich erschöpft.
Wolf legte ihr den Arm um die Schultern und beugte sich zu ihr hinunter. „Wir sollten vielleicht besser gehen.“ Er drückte sein Kinn eine Sekunde an ihre Schläfe, bevor er seine Lippen auf ihre zarte Haut drückte. Was für eine zärtliche Geste. Als wollte er sagen: Jetzt wird alles wieder gut.
Sie spürte eine so starke Aufwallung von … Zuneigung, dass ihr fast die Tränen in die Augen schossen, und sie sah ihn dankbar an. „Ja. Ja, das sollten wir.“
Die Menschen ringsherum protestierten, aber Wolf schenkte ihnen dieses unpersönliche Lächeln, das er sehr gut beherrschte. „So gern wir noch bleiben würden, aber Carly und ich müssen heute Abend noch arbeiten. Ich bin sicher, Sie verstehen das.“ Dann musste er grinsen. „Vielleicht verstehen Sie es auch nicht. Ich vergesse manchmal, dass nicht jeder zu solch merkwürdigen Uhrzeiten arbeitet wie wir.“
Nachdem sie eine letzte Runde von Umarmungen ausgetauscht hatten, zog Wolf Carly von der Gruppe weg, begleitete sie durch den Park zum Parkplatz und platzierte sie auf dem Vordersitz seines Oldtimers. Wenig später fuhren sie bereits die Hauptstraße entlang. Das Radio spielte leise Musik, und Buster streckte hinter ihnen fröhlich den Kopf aus dem Fenster. Ohren und Zunge flatterten im Wind. Sie und Wolf wechselten kaum zwei Worte miteinander, aber es herrschte eine angenehm freundschaftliche Stille zwischen ihnen.
Weniger als eine Meile von ihrem Apartment entfernt bog Wolf plötzlich bei einem der allgegenwärtigen Einkaufszentren ein. Aus ihren Träumereien gerissen, schaute Carly ihn überrascht an. „Was machst du?“
Er fuhr in eine Parklücke vor einem kleinen Restaurant, stellte den Motor ab und zog die Handbremse an. Seine linke Hand blieb immer noch am Steuer, während er sie ansah. „Ich werde dafür sorgen, dass du etwas isst. Du hast heute nur einen halben Hotdog zu dir genommen.“
„Ich hatte eine Banane zum Frühstück.“
„Oh! Wenn das so ist, dann vergiss es. Warum solltest du auch mehr als fünfhundert Kalorien am Tag zu dir nehmen? Es ist ja nicht so, als ob du zum Tanzen oder dergleichen Energie bräuchtest.“ Er griff nach dem Autoschlüssel.
Sie lachte. „Okay. Ich gebe es zu: Ich sterbe vor Hunger. Und ein frühes Abendessen wäre toll.“
Bald darauf saßen sie in einer Nische im Restaurant. Als die Kellnerin mit ihren Bestellungen in die Küche ging, machte Carly es sich gemütlich. Ein frohes Seufzen entwich ihrer Kehle, und sie lächelte Wolf an. „Es ist nett hier.“
Er lächelte nicht zurück. „Ich muss mich bei dir entschuldigen“, sagte er in seiner üblichen schnörkellosen Art.
Sie hob eine Braue. „Schätzchen, du schuldest mir ein Dutzend Entschuldigungen. Wofür diesmal?“
„Ich hab da verschiedene Dinge gesagt und dir mangelndes Verantwortungsbewusstsein vorgeworfen. Damit lag ich ziemlich daneben, um nicht zu sagen, komplett daneben.“
Oh. Das tat gut. Und wie gut! Sie stützte ihr Kinn auf den Händen ab, betrachtete seine ernsten grünen Augen und schenkte ihm ein verzeihendes Lächeln. „Stimmt. Das hast du gesagt. Und du hast mir damit sehr wehgetan.“
Er musterte sie skeptisch. „Du machst dich über mich lustig.“
„Ach komm schon! Würde ich so etwas tun?“
„Lieber Himmel, natürlich! Meine Haltung hat dich wütend gemacht. Aber du hast es mir heimgezahlt. Ich bezweifle jedenfalls, dass ich deine Gefühle wirklich verletzt
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