Lady Sunshine und Mister Moon
habe.“
Carly wusste nur noch zu gut, wie sie sich gefühlt hatte, als er ihr mitgeteilt hatte, dass sie nicht gut genug sei für seinen blöden Plan. Aber dann schob sie diesen Gedanken rasch wieder beiseite.
„Na ja, es hätte mich aber verletzt, wenn ich eine andere Art von Frau wäre. Du solltest beim nächsten Mal daran denken, bevor du wieder voreilige Schlüsse ziehst.“
Er musterte sie kurz und nickte. „Das werde ich tun.“ Dann schob er seine Hand über den Tisch und berührte ihren Arm. „Wie hast du es je geschafft, nach dem Tod von Marilyns Sohn wieder ins Krankenhaus zurückzukehren?“
„Das ist eine gute Frage.“ Als wären ihre Gefühle ihm wichtig, so eine Frage. Carly lehnte sich an ihn, während sie ihre Hände auf das kühle Holz presste. „Es war schwer, Wolf. David war so krank, und jedes Mal, wenn ich bei ihm war, war es schlimmer geworden. Aber ich sah auch, dass die Tiere ihm geholfen haben – auch wenn wir nur für eine halbe Stunde bei ihm waren. Rufus und Tripod waren damals noch nicht bei mir, aber Buster und Rags. Die beiden kletterten immer gleich zu ihm aufs Bett, und man konnte förmlich zusehen, wie er die Schmerzen vergaß, solange er sie streichelte und mit ihnen sprach. Diese Kinder müssen auf so vieles verzichten, was ihre Altersgenossen für selbstverständlich halten. Doch ich habe die Möglichkeit, ihnen mit den Tieren ein paar unbeschwerte Momente zu schenken. Wenn sie sich mit den Katzen oder Hunden unterhalten oder auch einfach mit ihnen schmusen, scheint ihnen das wunderbarerweise tatsächlich zu helfen. Und egal wie beschissen weh es tut – ich kann einfach nicht damit aufhören. Die Freude wiegt die Trauer bei Weitem auf.“
„Wie viele Kinder außer David sind noch gestorben, seit du damit angefangen hast?“
„Vier.“ Und Carly erinnerte sich lebhaft an jedes einzelne davon. „Maria, Edgar, Jamie und Trish. Aber du hast heute ja selbst gesehen, wie viele der Kinder überlebt haben. Gegen das Gefühl, ihnen ein bisschen geholfen zu haben, kommt einfach nichts an. Sie wollen doch alle nichts anderes, als einfach nur ganz normale Kinder zu sein.“
Die Kellnerin servierte ihr Essen, und die Unterhaltung brach für eine Weile ab, weil sie sich so hungrig darüber hermachten.
„Darf ich dich etwas fragen?“, fragte Carly, während sie auf den Kaffee warteten.
„Klar.“
„Nik hat erwähnt, dass du als Kind überall auf der Welt in verschiedenen Botschaften gelebt hast. Für einen Außenstehenden klingt das sehr aufregend und glamourös. Aber neulich, da hast du erwähnt, dass dein Plan entstanden ist, als dein Vater dich von Botschaft zu Botschaft geschleppt hat. Deine genauen Worte waren, glaube ich, ‚von einer beschissenen elitären Botschaft zur nächsten‘. Erzählst du mir davon?“
Wolf hatte sich irgendwann geschworen, nie mit irgendjemandem über diese Jahre zu sprechen. Dennoch: Carly hatte gerade etwas mit ihm geteilt, worüber sie ebenso wenig hatte reden wollen. Das verdiente eine Erwiderung.
Wie einfach war doch alles gewesen, bevor Dan ihn aufgefordert hatte, seine gesellschaftlichen Umgangsformen und sozialen Fähigkeiten zu verbessern.
„Ich war ungefähr ein Jahr jünger als Nik, als mein Vater aus der Armee ausschied“, sagte er langsam. „Bis zu dieser Zeit hatten wir in drei oder vier verschiedenen Ländern gelebt und in vielleicht acht oder neun verschiedenen Staaten. Ich hatte auf den Tag gewartet, an dem er in Rente gehen würde. Alles, was ich je wollte, war ein Zuhause, einen Ort, der sich nach ‚für immer‘ anfühlte. Wo wir nicht jedes Mal wieder packen mussten, wenn wir uns endlich eingewöhnt hatten.“
Die Kellnerin brachte ihren Kaffee, und Wolf wartete, bis sie weg war, bevor er fortfuhr. Carly sah ihn an, ihr Kinn auf die Handflächen gestützt. Sie nickte ihm zu, als ob sie ihn nicht nur verstünde, sondern auch vollständig seiner Meinung wäre.
Das schien jedoch so unwahrscheinlich, dass er diesen Eindruck rasch beiseiteschob. „Doch statt irgendwo sesshaft zu werden, unterschrieb mein Vater einen Vertrag. Die Botschaft in Rangoon stellte ihn an. Er war für den Einkauf zuständig.“
„Bitte verzeih, aber Geografie gehörte nie zu meinen Stärken. Wo liegt Rangoon?“
„In Burma.“ Sie wirkte immer noch ahnungslos, deshalb ergänzte er: „Südostasien.“
„Ah.“ Carly nickte. „Also ging alles wieder von vorne los? Das ist hart. Ich begreife so langsam, wo das Problem
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