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Ladys Zirkel: Die Fotografin (German Edition)

Ladys Zirkel: Die Fotografin (German Edition)

Titel: Ladys Zirkel: Die Fotografin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Lange
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Beleidigungen tolerierte, ja sogar tapfer weglächelte. Für ihre Tochter wollte sie immer die perfekte Familie schaffen, die sie in ihrer Kindheit auch erleben durfte.
    Nac h der Lektüre dutzender Ratgeber á la „Krisenjahre einer Ehe“ oder „Wenn die Scheidung droht“, in denen sie Antworten auf die Frage nach dem „Warum“ für die Schwierigkeiten in ihrer Ehe suchte, war sie überzeugt davon, auch dieses Zurückhalten der eigenen Ansichten sowie der Versuch, alles, was Marvin gemacht hatte, zu entschuldigen, dazu geführt hatten, dass ihr eigenes Leben praktisch nicht existierte.
    Noch schlimmer wurde es , nachdem Sophie auf der Welt war. Linda hatte gehofft, dass ein gemeinsames Kind Marvins Verhalten positiv verändern würde, doch das Gegenteil trat ein. Schon kurz nach der Geburt verlor er jegliches Interesse an Sophie und leider auch an ihr. Eine Familie zu haben gehörte scheinbar zu seinem Weltbild und verbesserte sein Image als ansonsten knallharter Anwalt erheblich, aber ein schreiendes Kind und eine stillende und figürlich etwas beeinträchtigte Frau waren ihm doch mehr als lästig. Für ihn sollte Linda hübsch und unkompliziert sein und nicht mit vollen Windeln in der Hand und mit vor Müdigkeit dunklen Schatten unter den Augen erscheinen. Er zog zunächst aus dem gemeinsamen Schlafzimmer in ein eigenes und kam irgendwann immer öfter gar nicht mehr nach Hause, sondern übernachtete im Büro- angeblich der Arbeit wegen.
    An dem Tag, an dem Linda beschloss , ein anderes Leben anzufangen, eskalierte vorab die Situation. Sie selbst war zu dem Zeitpunkt kaum noch eine Spur ihrer selbst, aufgezerrt in den Bemühungen eine perfekte Welt zu schaffen und alle „Unannehmlichkeiten“ von Marvin fern zu halten. Marvin kam an dem Tag mittags nach Hause, er hatte mal wieder nicht zu Hause übernachtet. Aufgewühlt fragte sie ihn, wo er gewesen sei. Sie hätte seine Unterstützung gebraucht, weil Sophie hohes Fieber hätte. Sie wollte gerne mit ihr zum Arzt fahren, da sich, trotz Wadenwickel und Lindenblütentee, das Fieber hartnäckig hielt. Nur wusste Linda, dass sie nicht zu irgendeinem Arzt gehen durfte, sondern Marvin auswählen wollte zu wem sie ging. In den letzten Jahren hatten sie unzählige Mediziner der Umgebung ausprobiert. Jedes Mal waren sie nicht gut genug oder gar Stümper in Marvins Augen. Das Eine oder Andere Mal verließ er schimpfend die Praxis, beide hinter sich her ziehend, weil ihm irgendetwas nicht schnell genug ging oder er sich falsch behandelt fühlte.
    An besagtem Morgen hatte sie versucht Marvin zu erreichen, um die Wahl des Arztes zu besprechen, sein Handy war aber nicht eingeschaltet. Auch im Büro, w o sie ihn vermutet hatte, nahm er nicht ab. So ergab es sich, als er dann endlich zur Haustür herein kam, dass Linda ihre Frage nach seinem nächtlichen Aufenthalt- wo auch immer- für sie ungewöhnlich scharf formulierte. Sorge und Wut über ihre eigene Hilflosigkeit und Eingeschränktheit hatten ihr Nervenkostüm zum zerreißen gebracht und ihre übliche Contenance hatte sie für wenige Augenblicke verloren.
    Darauf hin explodierte er in einem Wutanfall. Er beschimpf te sie als unfähig, Rabenmutter, das Schlimmste, was ihm in seinem Leben passieren konnte. Er zerrte an ihren unfrisierten Haaren und bezeichnete sie als alte Frau, die seiner nicht würdig wäre, die sich nicht mal pflegen könnte.
    Durch sein Geschrei wurde Sophie, die Linda auf das Sofa im Wohnzimmer zum Schlafen gelegt hatte , wach und begann zu weinen. Marvin stürmte in ihre Richtung, schüttelte sie und brüllte sie an, „sie solle die Schnauze halten“. Sie solle sich nicht so anstellen und sie würde ihm den letzten Nerv rauben.
    Geistesgegenwärtig drängelte Linda sich zwischen die beiden, riss seine Hände von ihrer Tochter, bettete sie tröstend an ihre Brust und blickte ihm tapfer entgegen, gefasst auf alles , was nun folgen würde. Nur bei ihrem Leben sollte das nicht ihrer Tochter passieren. Er ließ glücklicherweise von ihr ab, schnaubte noch einmal verächtlich durch die Nase und verließ fluchtartig das Haus.
    Am Abend kam er spät wieder. Er hatte Sophie eine sündhaftteure Puppe mitgebracht und Linda eine neue Chanel- Handtasche in violett, die Farbe, die Linda am wenigsten mochte. Er machte ihr klar, dass es schon wieder werden würde, sie müsse sich nur mal ein bisschen mehr anstrengen, dann würde so etwas auch nie wieder vorkommen.
    Mit ihrem Mund lächelte sie, bedankte sich

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