Längst vergangen: Thriller (German Edition)
desto klarer wird mir eine Sache.
Ich bin schuld an Dianes Tod.
Ich will es nicht glauben, aber es ist die Wahrheit, und sie senkt sich auf mich herab. Ich kann sie nicht abschütteln. Ein paar Minuten später dämmert mir noch etwas, und das ist noch schlimmer.
»Ich hätte es verhindern können.«
Nolan sieht mich an. »Was?«
»Ihr Tod ist meine Schuld, und ich hätte ihn verhindern können.«
»Es gab nichts, was Sie hätten tun können.«
»Als die mir meinen Finger in dem Päckchen zurückgeschickt haben, hätte ich der Sache sofort einen Riegel vorschieben können, aber das habe ich nicht getan.«
Nolan zögert. »Ich kann Ihnen nicht folgen.«
»Ein Anruf, und es wäre vorbei gewesen. Diane wäre noch am Leben.«
»Das wissen Sie nicht.«
»Oh doch!«
Nolan ist einen Moment still, dann sagt er: »Ich meine, Sie sollten aufhören, bevor Sie noch etwas sagen.«
»Ich denke nur laut.«
»Okay, aber bei manchen Sachen kann ich nicht so tun, als ob ich sie nicht gehört hätte. Verstehen Sie, was ich meine?«
Ich bejahe, und für den Rest der Fahrt sagt keiner von uns ein Wort.
– – –
Als wir mein Haus erreichen, fährt Nolan in die Auffahrt. Er zieht seine Karte aus der Tasche und schreibt eine Nummer auf die Rückseite.
»Mein privates Handy.« Er hält mir die Karte hin. »Rufen Sie mich direkt an, falls Sie mit mir sprechen wollen.«
Ich starre auf die Karte, aber ich nehme sie nicht. »Seit wann sind Sie auf meiner Seite?«
»Es gibt keine Seiten, Jake. Ich versuche, Ihnen zu helfen.«
Ich lache beinahe, aber ich kann es unterdrücken. »Klar.« Ich nehme die Karte. »Ich rufe Sie an.«
Er weiß, dass ich lüge, aber das ist mir egal.
Ab sofort bin ich fertig mit der Polizei.
Ich steige aus und gehe über die Auffahrt zur Haustür. Ich sehe Nolan wegfahren, dann drehe ich mich um und setze mich auf die Verandatreppe. Ich bin nicht bereit, hineinzugehen, also starre ich eine Weile auf die dunkle Straße hinaus und lausche dem sterbenden Oktoberlaub, das in der Brise raschelt.
Als ich glaube, dass ich so weit bin, stehe ich auf und gehe hi nein. Ich mache das Licht nicht an und ich blicke weder nach links noch rechts, sondern gehe schnurstracks in die Küche und hole mir ein Glas aus dem Schrank.
Ich öffne den Johnnie Walker und schenke mir ein.
Nach dem ersten Glas schenke ich mir ein zweites ein.
Diesmal trinke ich nicht.
Ich starre in die saubere, bernsteinfarbene Flüssigkeit, die im Widerschein der Lampe über dem Herd strahlt. Als ich den ersten Schluck in meinem Rachen spüre, macht etwas in mir
klick
. Ich setze das Glas an meine Lippen und leere es, dann beschließe ich, dass es mein letztes sein wird.
Ich habe genug gehabt.
Ich nehme die Johnnie-Walker-Flasche und leere sie in den Ausguss. Wenn ich den Menschen finde, der hinter allem steckt, was passiert ist, will ich ihm mit einem klaren Kopf gegenübertreten.
Kein Weglaufen mehr.
Ich werfe die Flasche in den Müll, greife zum Telefon und gehe durch den Flur in mein Büro. Mein Adressbuch ist in der obersten Schreibtischschublade. Ich überfliege die Seiten, bis ich Gabbys Nummer finde, dann setze ich mich und wähle.
Es fängt an zu klingeln.
Ich blicke zur Uhr an der Wand über meinem Schreibtisch.
Es ist nach Mitternacht.
Spät.
Das Telefon klingelt ununterbrochen.
Ich stütze die Ellbogen auf die Schreibtischplatte und höre der vertrauten Stimme in meinem Hinterkopf zu, die mir sagt, dass dies eine schlechte Idee ist.
Diesmal ist sie leicht zu ignorieren.
Das Telefon klingelt erneut. Ich warte, dass ein Anrufbeantworter anspringt, aber vergebens.
Schwer zu sagen, ob ich erleichtert oder enttäuscht bin.
Ich drücke auf »Verbindung trennen«, und die Leitung ist tot.
Ich nehme das als Zeichen und beschließe, eine Nacht darüber zu schlafen, bevor ich einen Entschluss fasse. Die Vorstellung, schlafen zu können, ist lachhaft, hört sich aber gut an.
Ich lasse das Adressbuch in die Schublade zurückfallen und knipse das Licht aus. Ich bin schon fast in der Küche, als das Telefon klingelt. Der Klingelton hallt durch das leere Haus.
Meine Hand zittert, als ich den Hörer abnehme, aber als ich spreche, ist meine Stimme ruhig.
Der Mann am anderen Ende fragt: »Wer ist da?«
Ich schließe die Augen.
Er filtert seine Anrufe.
Natürlich filtert er seine Anrufe.
Er fragt noch einmal.
Diesmal antworte ich: »Jake Reese.«
Es folgt ein Moment der Stille, dann ein Auflachen.
»Tja, da kannste mal
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