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Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Titel: Längst vergangen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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wie sich irgendwo hinter ihm eine Tür öffnet, und eine vertraute Stimme sagen: »Hey, Jake.«
    Der Junge lässt mich nicht aus den Augen, aber die Muskeln in seinem Gesicht erschlaffen. Er wartet, bis Gabby nahe genug herankommt, dann blickt er zu Boden und tritt von der Tür weg.
    Gabby kommt mit ausgebreiteten Armen auf mich zu. Er schlingt sie um mich und zieht mich an sich. Ganz kurz spüre ich,wie meine Beine sich vom Boden abheben. Ich muss unwillkürlich lächeln.
    Als er loslässt, tritt er zurück, hält mich auf Armlänge von sich weg und sagt: »Scheiße, Jake.«
    Es ist das erste Mal seit zehn Jahren, dass ich ihn sehe, und ich bin erschrocken, wie wenig er sich verändert hat. Das Haar ist etwas schütterer, und die Furchen im Gesicht sind tiefer geworden, aber die Augen, kalt und blau, noch genau dieselben.
    »Schön, dich zu sehen«, sage ich.
    Er nickt. »Zeig es mir.«
    Ich hebe meine linke Hand.
    Gabby begutachtet die Stelle, wo mein Finger war, und etwas verändert sich in seinem Blick. Er packt meine Hand und dreht sie in seiner eigenen um. Ich sehe seine Kiefermuskeln unter der Haut zucken, und das Herz klopft mir bis zum Hals.
    »Diese beiden ausländischen Arschlöcher haben dir das angetan?«
    Ich nicke, sage nichts.
    »Und deine Frau?«
    »Das muss ich ja gerade rausfinden.«
    Gabby sieht mich lächelnd an. »Keine Bange, mein Junge.« Er legt eine Hand an meinen Nacken und drückt zu. Ich versuche mein Bestes, um nicht zusammenzuzucken. »Wir kriegen das raus. Verlass dich drauf.«
    Er lässt los und bedeutet mir, ihm zu folgen.
    »Los, komm, ich zeige dir, was ich in meinen goldenen Jahren so getrieben habe.« Er schlägt mir auf die Brust. »Du weißt, dass ich im Ruhestand bin?«
    »Du und im Ruhestand?«
    Er hebt eine Hand und wippt sie vorwärts und rückwärts. »Ich hab beschlossen, das mal auszuprobieren, nachdem dein alter Herr das letzte Mal eingebuchtet wurde. Ich hielt es für das Beste, auszusteigen, solange meine Beine das noch können.«
    »Das wusste ich nicht«, sage ich. »Ich hätte sonst nicht angerufen.«
    »Ach, Quatsch! Ihr gehört doch zur Familie, du und dein Dad.« Gabby bleibt stehen und dreht sich zu mir um. Die Furchen in seinem Gesicht vertiefen sich. »Tut mir aufrichtig leid, was ihm passiert ist. Er war ein guter Mensch, weißt du das?«
    Ich lüge und stimme ihm zu .
    Gabby nickt und lässt die Sache auf sich beruhen. »Also, dann komm mal mit. Ich zeig dir alles.«
    Er dreht sich um und geht weiter, ohne sich noch einmal umzuschauen.
    Ich trete ein und lasse die Tür hinter mir ins Schloss fallen.

– 18 –
    Ich folge Gabby durch einen kurzen Flur in einen offenen Raum mit hohen Decken und Metallregalen an den Wänden. Die Luft riecht süß, nach Sägemehl und Holzbeize, und das einzige Licht kommt aus einem Sicherungskasten, der in einer Ecke installiert ist.
    Gabby geht an mir vorbei und knipst einen Schalter an.
    Mehrere Reihen von Lampen flammen über uns auf.
    Das Zimmer ist voller Holzstapel und halb fertiggebauter Möbel. Werkzeug hängt an Haken entlang der Wand, Stoff und Polster liegen haufenweise auf Werkbänken verstreut.
    »Das ist es«, sagt er. »Was hältst du davon?«
    »Bin beeindruckt.«
    Ich folge ihm durch die Werkstatt, während er auf all die verschiedenen Werkzeuge und die Stapel von Tischen und Stühlen an der Wand zeigt. Manche sind fertig, andere nicht.
    »Der ganze Kram hier ist maßgefertigt. Und gute Qualität. Das überdauert, glaub mir.«
    »Sieht so aus.«
    »Ein paar Jungs arbeiten tagsüber für mich. Sie sind beide jünger als du. Musiker, glaube ich, Kiffer, aber brave Kinder. Sie arbeiten hart.« Er deutet auf eine Tür hinten in der Werkstatt und sagt: »Das ist meins.«
    »Dein Büro?«
    »Mein Zuhause.«
    »Du wohnst hier? Im Gebäude?«
    »Klar«, sagt er. »Es ist nicht so ruhig wie der Schrottplatz, aber nachts gibt es keinen Verkehr. Nach fünf Uhr nachmittags bin ich die einzige Menschenseele weit und breit. Es ist so wie auf dem Land zu leben, nur ohne das Land.«
    »Was ist mit dem Schrottplatz? Hast du ihn verkauft?«
    Gabby schüttelt den Kopf. »Den verkaufe ich nie. Ich brauchte nur Tapetenwechsel.« Er legt eine Hand auf meine Schulter. »Willst du sehen, wo ich wohne?«
    – – –
    Wir gehen durch die Hintertür der Werkstatt und steigen eine steile Treppe zum zweiten Stock hinauf. Gabby erzählt mir, wie das Haus aussah, als er einzog, aber ich kann nur an die beiden Typen denken, die meinen

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