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Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Längst vergangen: Thriller (German Edition)

Titel: Längst vergangen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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beobachten die Sie?«
    »Warum glauben Sie denn?« Sie sieht mich an, dann wieder auf die Straße. »Die beobachten mich aus demselben Grund, aus dem die auch Sie beobachten.«
    »Diane?«, frage ich.
    »Stimmt.«
    Etwas in meiner Brust beginnt zu vibrieren.
    »Ich war nicht daran beteiligt, wissen Sie.« Sie schüttelt den Kopf. »Niemand hat mir irgendwas gesagt. Erst als Sie anfingen, mich anzurufen, wusste ich, dass etwas passiert war. Als Nächstes bemerkte ich, dass man mich durch die Bäume vor meinem Haus beobachtete.«
    Meine Kehle ist wie zugeschnürt, und ich muss mich zum Reden zwingen. »Stimmt das?«
    Lisa sieht stur geradeaus, das Scheinwerferlicht der entgegenkommenden Fahrzeuge rollt über uns beide hinweg. »Stimmt was?«
    »Lebt Diane?«
    »Wie ...« Lisa hält inne. »Ja, sie lebt.«
    Ich sehe auf meine Hände hinunter. Sie zittern, und ich drücke sie zusammen, damit es aufhört.
    Es funktioniert nicht.
    »Wo ist sie?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Unsinn.«
    »Nein. Ich sollte gar nichts davon erfahren. Ihretwegen hab ich das rausgefunden, und ich habe nicht locker gelassen. Ich habe immer wieder Fragen gestellt.«
    »Wen haben Sie gefragt?« Noch bevor die Worte heraus sind, fällt mir das Foto auf dem Kamin ein, und ich weiß die Antwort. »Ihren Vater. Seinetwegen stecken Sie mit drin.«
    »Was wissen Sie von ihm?«
    »Er war der Gerichtsmediziner, der mich Dianes Leiche identifizieren ließ. Er hat den Totenschein ausgestellt.«
    Lisa nickt stumm.
    »Wo ist er?«
    »Verschwunden, weiß Gott wohin. Ich habe nicht mit ihm gesprochen, seit er mir erzählt hat, was er getan hat.«
    »Seit er Ihnen erzählt hat, dass er gelogen hat.«
    »Seit er mir erzählt hat, dass er ihr geholfen hat«, sagt Lisa. »So wie er es immer macht, wenn sie zu ihm zurückgekrochen kommt.«
    Eine Spur von Ärger klingt aus ihrer Stimme, aber ich achte nicht darauf. Ich denke an die Nacht in Fairplay zurück, als ich Dianes Leichnam identifizierte. Die meisten Erinnerungen sind verschwommen, stark beeinträchtigt vom Fusel, und sie kommen in jähen Wellen zu mir zurück. Der dunkle Flur und die menschenleeren Büroräume, der Ammoniakgeruch, wie Dianes Haut im kalten fluoreszierenden Licht aussah.
    »Er hätte nie mitmachen dürfen, aber Diane machte ihn glauben, dass es der einzige Weg sei.« Sie sieht mich an. »Wie viel wissen Sie?«
    »Ich weiß nicht mehr, was ich weiß.«
    »Wissen Sie, wie das alles angefangen hat? Wie sie in Schwierigkeiten geraten ist?«
    Ich denke an das, was Briggs mir im Hotel erzählt hat, aber ich beschließe, es noch eine Weile für mich zu behalten, für alle Fälle.
    »Ich glaube nicht.«
    »Dad wusste Bescheid. Er war der einzige Mensch, den sie ins Vertrauen gezogen hat.« Lisa runzelt die Stirn. »Er wollte mir nicht sagen, was sie ihm erzählt hat, aber was immer es auch war, es hat geklappt. Er ließ alles stehen und liegen, um ihr zu helfen.«
    »Inwiefern half er ihr denn?«
    »Er verhalf ihr zu einem Neuanfang«, sagt sie. »Zur Flucht.«
    Das Summen in meiner Brust breitet sich auch in meinen Armen aus, und ich merke, dass ich den Atem anhalte.
    »Ich weiß nicht, wie viele Gefälligkeiten er dafür in Anspruch nehmen musste, aber er hat es getan.« Sie hebt die Hand und beginnt an den Fingern abzuzählen: »Ein Totenschein, ein neuer Name, ein Pass, sogar eine Flucht ins Ausland.«
    »Eine Flucht? Ist sie weg?«
    Lisa schüttelt den Kopf. »Weiß ich nicht, vielleicht.«
    Ich spüre, wie mir sämtliche Kräfte schwinden.
    »Warum hätte er das alles tun sollen? Warum so viel riskieren, um ihr zu helfen?«
    »Weil sie ihn manipuliert hat. Sie musste ihm nur sagen, dass jemand sie töten wolle, und er sprang ihr bei, wie üblich.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Er liebt sie, und das macht ihn blind. Er kann sie nicht so sehen, wie sie wirklich ist.«
    »Er liebt sie?«
    »Natürlich«, sagt Lisa. »Sie ist seine Tochter.«

– 35 –
    »Sie sind ihre Schwester?«
    »Nicht blutsverwandt. Ihre Mutter war mit meinem Vater eng befreundet. Nach dem Tod ihrer Mutter kam Diane zu uns, darum sind wir zusammen aufgewachsen. Für mich ist sie wie eine Schwester, auch wenn sie das anders sieht.«
    »Wie sieht sie es denn?«
    Lisa hält inne. »Anders.« Eine Weile schweigen wir beide, dann sage ich: »Sie hat mir gesagt, ihre Verwandten seien alle tot.«
    »Das überrascht mich nicht.«
    »Sie hat gesagt, ihr Vater sei beim Militär gewesen und als Kind sei sie von einem Standort zum

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