Längst vergangen: Thriller (German Edition)
nächsten gezogen.«
»Das stimmt. Er war Militärarzt, und wir sind dorthin gezogen, wohin er versetzt wurde.«
Sie lächelt. »Hat sie Ihnen gesagt, wie viele Sprachen sie spricht?«
»Ich wusste nicht, dass sie überhaupt Fremdsprachen beherrscht.«
»Vier oder fünf, glaube ich. Ich weiß nicht, ob sie die noch beherrscht, aber sie konnte sie mal. Es war ein Steckenpferd von ihr, das und ihre Kunst.«
Wir fahren noch eine Weile, und ich höre Lisas Geschichten darüber zu, wie Diane als Kind war. Ich ertappe mich dabei, wie ich lächele, als ob ich zum ersten Mal etwas von ihr erfahre.
Endlich hören die Geschichten auf, und Lisa wendet und fährt denselben Weg zurück. Ich frage, wohin wir fahren. »Zurück zu Ihrem Wagen.«
»Was ist mit Diane?«
»Was soll mit ihr sein?«
»Ich muss sie sehen.«
»Viel Glück!«, sagt Lisa. »Keiner weiß, wo sie ist.« »Ich dachte, Sie würden mich zu ihr bringen.«
»Wann habe ich das gesagt? Ich war bereit, Ihnen zu erzählen, was ich wusste, und das hab ich getan.«
»Aber sie ist hier, sie ist in Sedona.«
»Woher wissen Sie das?«
Ich ziehe Dianes Foto aus der Tasche und gebe es Lisa. »Das wurde hier aufgenommen, hier in der Stadt.« Lisa betrachtet das Foto.
»Wo haben Sie das her?«
Ihre Stimme ist kalt, und als ich nicht sofort antworte, fragt sie erneut, noch kälter.
»Ein paar Männer haben auf mich gewartet, als ich heute Nachmittag in mein Hotel zurückkam. Sie haben mir das Foto gegeben und mir gesagt, dass Diane noch am Leben ist.«
Lisa umklammerte das Lenkrad so fest, dass das Leder unter ihren Fingern ächzt.
Ich rede ununterbrochen, erwähne alles, was mir Briggs über die Entführung erzählt und wie Diane mit meinem Vater zusammengearbeitet hat. Ich lasse nichts aus.
»Warum haben Sie mir nichts davon erzählt?«
»Die wollen bloß herausfinden, wer das eingefädelt hat, und Diane weiß als Einzige, wo er sich aufhält.«
»Und Sie glauben diesem Briggs?«
Ich will das bejahen, aber ich bringe keinen Ton heraus, und zum ersten Mal denke ich wirklich darüber nach.
Endlich sage ich: »Ich muss ihm glauben.« Lisa macht ein abfälliges Geräusch, dann fährt sie rechts ran und bremst scharf. Ich stemme mich mit den Händen gegen das Armaturenbrett, um nicht in den Fußraum zu rutschen.
»Aussteigen«, sagt Lisa. »Sofort.«
Ich will etwas sagen, aber Lisa überschreit mich.
»Raus oder ich fahre zur Polizeiwache und behaupte, Sie seien mit Gewalt in meinen Wagen eingedrungen.«
»Sie können mich hier nicht rauslassen.«
»Ich hätte es besser wissen müssen.« Während sie redet, schüttelt sie den Kopf, und ihre Stimme klingt abweisend. »Ich will mich deshalb nicht in Gefahr bringen, nicht ihretwegen. Kommt nicht in Frage.«
»Dann sagen Sie mir, wo sie ist. Helfen Sie mir doch, sie zu finden.«
»Raus jetzt!«
Ich sehe sie noch eine Weile an, dann öffne ich die Tür. »Wo soll ich hin? Wo ist mein Wagen?«
»Einfach geradeaus und folgen Sie den Schildern.«
Ich steige aus und stehe am Straßenrand.
»Wollen Sie einen guten Rat, Jake?«
Ich nicke, warte.
»Verschwinden Sie noch heute Nacht«, sagt sie. »Lassen Sie sie sausen.«
»Das kann ich nicht.« Lisa wendet sich ab und redet nicht weiter. Ich schließe die Tür und sehe sie wegfahren. Ich warte, bis ihre Rücklichter über der Bergkuppe verschwunden sind, dann stecke ich die Hände in die Hosentaschen und breche auf.
– – –
Die Straße ist dunkel.
Lange marschiere ich, ducke mich, sobald sich Scheinwerfer nähern. Meistens kann ich mich irgendwo verstecken. Wenn nicht, ziehe ich nur den Kopf ein und bewege mich vorwärts, in der Hoffnung, dass es kein Cop ist.
Ich denke über alles nach, was ich heute Abend erfahren habe, und versuche, einen Plan zu schmieden. Der kluge Schachzug wäre, zum Flughafen in Flagstaff hinauszufahren und mich mit Gabbys Freund zu treffen, dann über die Grenze nach Nogales zu fliegen und in Richtung Süden aufzubrechen, ohne mich nochmal umzuschauen.
Aber was dann?
Wenn mir Lisa die Wahrheit erzählt hat und Diane noch lebt, dann gehe ich nirgendwohin, bevor ich sie gefunden habe, egal, was das für Folgen hat.
Ich gehe so lange weiter, bis mir die Orientierungspunkte am Straßenrand bekannt vorkommen. Dann entdecke ich vor mir einen der Wegweiser zur Kirche. Der weiße Pfeil zeigt in Richtung einer dunklen Straße, die sich in die Berge schlängelt.
Ich gehe dorthin und folge der Straße, bis ich oben den Parkplatz
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