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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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niemanden. Die Phantasien über die großen Abenteuer,
die sie gemeinsam ersonnen hatten, schwirrten ihm noch im Kopf herum, aber sie verblassten
nach und nach, als es keinen mehr gab, mit dem er sie teilen konnte.
    Manchmal hatte er das Gefühl, dass
die Spannung in seiner Brust ihn in Stücke reißen würde. Konrad hegte so verdammt
viele Wünsche in seinem Inneren. Er wollte seine Sehnsucht ausleben, lieben und
gemeinsam mit anderen lachen. Aber seine Angst war zu groß. Er wagte nicht, sich
jemandem zu nähern, mit dem er all das hätte tun können.
    Also begann Konrad, Liebesbriefe zu
schreiben.
    An einem regnerischen Nachmittag, als
er mit dem Schulbus aus Ystad kam, schlich er in Jove Bengtssons Tabakladen und
fragte nach einer Packung Briefpapier mit Kuverts von bester Qualität. Der Inhaber
mit den grau gesprenkelten Haaren musterte ihn amüsiert, kramte dann jedoch ein
Päckchen hochwertiges, dickes Papier aus einer seiner Schubladen. Es war in durchsichtiges
Zellophan eingeschlagen und ziemlich teuer. Konrad bezahlte mit geröteten Wangen
und verließ den Laden, so schnell er konnte.
    Als er nach Hause kam, schloss er sorgfältig
die Zimmertür hinter sich ab. Er wählte zwischen seinen sieben Schallplatten,
entschied sich für Neil Youngs cremefarbene «Harvest» und legte sie auf den Plattenspieler,
den er sich nach dem Sommerjob im Silo von seinem eigenen Geld gekauft hatte.
    Dann schaute er hinaus in den Regen,
der gegen das Fenster prasselte, und lauschte der melancholischen Stimme:
    In the mountains, in the cities, you
can see the dream. Look around you. Has it found you? Is it what it seems?
    Konrad blickte sich in seinem Zimmer
um. Auf der graugestreiften Tapete über seinem ungemachten Bett hingen noch die
Fußballposter mit Ralf Edström und Ove Kindvall von der Weltmeisterschaft in Deutschland.
Die letzte Meisterschaft im vergangenen Sommer in Argentinien hatte ihn kaum interessiert,
und als Thomas Sjöberg sein Scheißtor gegen die Brasilianer reinschaufelte, konnte
er nur mit den Achseln zucken. Zwischen den Wollmäusen auf dem Boden neben seiner
Schultasche lagen ein paar schmutzige Unterhosen und einige zusammengekrumpelte
Strümpfe. An die gegenüberliegende Wand hatte er Bilder von Dylan, Bowie und Deep
Purple gehängt und etwas verborgen, damit Signe es nicht sehen würde, ein Poster
aus dem Playboy von einer Blondine mit großen Brüsten und fülligen Lippen.
    Eine ganze Weile betrachtete er den
leeren Schreibbogen, der vor ihm lag. Vorsichtig strich er mit den Fingerspitzen
über die etwas raue Oberfläche. Es war ein feierliches Gefühl.
    Eine Weile hatte er überlegt, auch
noch einen richtigen Füllfederhalter zu kaufen. Aber das Geld reichte nicht. Der
Kugelschreiber musste ausreichen, auch wenn es nicht dasselbe Gefühl war.
    Dann begann er zu schreiben. Langsam
und mit so sauberer Handschrift wie möglich formte er die Worte seines Briefes,
von dem er bereits wusste, dass er ihn nie abschicken würde:
    Maria, meine Geliebte, es kommt mir
vor wie eine Ewigkeit, seit wir uns zuletzt gesehen haben. Ich sehne mich so danach,
deine Hand zu halten, dass ich das Gefühl habe, ich müsste sterben.
    Konrad betrachtete seine Worte. War
nicht ganz zufrieden. Aber fest entschlossen, sich zu vervollkommnen und mit Hilfe
der Buchstaben eigene wunderbare Metaphern für seine Liebe zu schaffen.
    Je kühner er im Hinblick auf seine
Metaphern wurde, desto zufriedener war er mit dem Ergebnis.
    Deine Locken sind wie aus Gold gesponnen,
deine Wangen wie sonnengereifte Apfel, und ich sehne mich danach, endlich wieder
deinen roten Erdbeermund küssen zu können.
    Es war so ergreifend, dass Konrad zu
Tränen gerührt war, ohne es selber richtig zu merken.
    Ich hab mich gefühlt wie im Himmel,
als du mir tief in die Augen geschaut und mir deine Liebe gestanden hast.
    Mit der Zeit wurde das Briefeschreiben
für Konrad zur Gewohnheit. Ein Zeitvertreib und zugleich eine Flucht. So oft er
konnte, schloss er sich in seinem Zimmer ein, machte alle Lampen aus, zündete Kerzen
an und ließ die Wehmut durchs Fenster strömen. Er legte stimmungsvolle Musik auf,
und in seiner Einsamkeit erfand er eine wunderbare Frau nach der anderen. Konrad
schrieb. Und schmachtete. Nach der blonden Maria kam die schwarzhaarige Sara, dann
die rehäugige Evelina und nach ihr das Sommermädchen Eva-Lena, die nach Wesenblumen
und Salz duftete.
    Meistens verschloss Konrad seine Briefe
säuberlich und schrieb Adressen auf die Umschläge,

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