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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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bevor er sie in seiner Schreibtischschublade
versteckte. Briefmarken waren ihm allerdings zu teuer. Und als das Briefpapier aufgebraucht
war, ging er zu Jove Bengtsson und kaufte neues.
    «Ich habe auch schlichteres Papier,
das etwas billiger ist», erklärte der Tabakhändler freundlich und musterte ihn neugierig.
    «Ich nehm wieder dasselbe. Das teure»,
murmelte Konrad, bezahlte rasch und beeilte sich, den Laden zu verlassen, bevor
ihn jemand sah.
    Bisweilen gerieten seine Briefe noch
kühner. Mit pochendem Unterleib und schwitzenden Händen saß er dann in seinem Zimmer
und schrieb von feurigen Liebesnächten, die er erlebt oder noch vor sich hatte.
    Für diese Briefe wählte er allerdings
reale Personen als Gegenstände seiner Leidenschaft aus. So fühlte es sich etwas
echter an. Konrad schrieb Briefe, die nur so von fleischlicher Lust trieften, sowohl
an die Streberin Lisa Pälsson als auch an die dicke Gunnel, die ein bisschen einfältig
war, der er aber während der Schuldisco in der Kantine des Gymnasiums in einer dunklen
Ecke einmal an den Busen fassen durfte.
    Du winselst wie ein Hundewelpe, wenn
mein Schwanz in deine herrlich geschwollene, glänzend rote Möse dringt, und du willst,
dass ich immer weitermache, schrieb Konrad.
    Wenn er Briefe wie diesen in den Umschlag
steckte, schämte er sich jedes Mal, als hätte er etwas absolut Verbotenes getan.
Aber er konnte es nur selten über sich bringen, seine Liebesbriefe zu verbrennen.
     
    A n dem Abend,
der sein letzter in Hermans und Signes grauem Eternithaus werden sollte, kam Konrad
kurz nach Einbruch der Dämmerung heimgeschlendert. Schon an der Gartenpforte sah
er die beiden durchs Fenster. Ihre rundlichen Köpfe zeichneten sich als Schatten
in dem dunklen Wohnzimmer ab, das lediglich von dem matt flackernden Schein des
Fernsehers erleuchtet wurde.
    Vom Geräteschuppen her hörte er Gegröle
und Lachen.
    Klas hatte schon vor einiger Zeit eine
alte Sitzgruppe in den Schuppen geschleppt und ihn zu seiner Junggesellenbude umfunktioniert,
in der er ungestört mit seinen Kumpels einen draufmachen konnte. Heute klang es,
als ob sie ordentlich einen gebechert hätten. Das war an und für sich nichts Ungewöhnliches.
Vielleicht hatte Klas am nächsten Tag frei und musste nicht zur Schlachterei, vielleicht
pfiff er aber auch einfach drauf.
    Konrad schloss vorsichtig die Pforte,
um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Schlich mit knirschenden Schritten über den
Kies. Und gerade als er die Steintreppe erklommen und die Hand auf die Klinke gelegt
hatte, brach eine neuerliche Salve Gebrüll und Gelächter im Schuppen los.
    Irgendetwas ließ Konrad zusammenfahren
und innehalten. Was hatte er da gehört? Flüche und obszöne Ausdrücke, dessen war
er sich sicher. Aber mitten im Gegröle war da noch etwas anderes: Sie hatten seinen
Namen genannt.
    Für einen kurzen Augenblick blieb er
stehen und horchte. Jetzt war vom Schuppen her nur noch ein Murmeln zu hören. Vielleicht
hatte er sich verhört? Konrad zuckte mit den Schultern, ging ins Haus und streifte
sich im Flur die Stiefel ab.
    Herman und Signe schauten nahezu gleichzeitig
auf.
    «Hallo Konrad», begrüßte ihn Herman
mit einem flüchtigen Lächeln, woraufhin er den Blick wieder auf den Fernseher
richtete.
    Signe begnügte sich damit, ihm mit
ernster Miene zuzunicken.
    Konrad murmelte etwas Unverständliches
und beeilte sich, die Treppe hochzukommen. Halbwegs oben angelangt, wurde Konrad
von einer bösen Vorahnung gepackt. Die Tür zu seinem Zimmer war angelehnt. Er hatte
sie doch wie immer abgeschlossen, oder? Oder war er heute Morgen so verschlafen
gewesen, dass er seine heiligen Regeln nicht eingehalten hatte?
    In dem Augenblick, als er über die
Schwelle trat, bewahrheiteten sich seine schlimmsten Befürchtungen. Die unterste
Schreibtischschublade, sein wichtigstes Versteck, war zur Hälfte herausgezogen.
Ein panikartiger Reflex ließ ihn mit der Hand an seine Jeanstasche greifen, aber
der Schlüssel war nicht da, er steckte in dem Schloss der Schublade und blitzte
ihm höhnisch entgegen.
    Und die Briefe, all die kostbaren Liebesbriefe,
die er auf das Papier von Bengtssons Tabakhandel geschrieben hat, waren natürlich
weg.
    «Scheiße!», stieß Konrad hervor.
    Es dauerte eine Sekunde, bevor die
Wut darüber, dass er vergessen hatte, die Schreibtischschublade abzuschließen, in
die Gewissheit überging, wer die Briefe gestohlen haben musste. Als ihm das klar
wurde, strömte ihm alles Blut in den Kopf, rauschend

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