Laennaeus, Olle
Hand hielt.
Konrad keuchte unschlüssig.
Plötzlich führ Klas' Faust mit einem
Schwung nach vorne, sodass seine fleischigen Finger, die die ramponierten Briefbögen
umschlossen, Konrads Nase trafen. Für einen Augenblick wurde er vor Tränen blind.
Salziges Blut rann ihm über die Lippen.
«Wenn du deine versauten Briefe wiederhaben
willst, musst du sie dir wohl holen. Oder traust du dich etwa nicht mehr?»
Ein weiterer Schlag brannte in seinem
Gesicht.
«Wie jetzt? Was ist denn nun? Ist wohl
nicht mehr so viel mit dem Schwanz anzufangen, oder?»
Konrad stand wie gelähmt da. Sein Zorn,
der ihn vorhin in eine wütende Wildkatze verwandelt hatte, paralysierte ihn jetzt.
Wie durch einen Nebel hörte er jemanden lauthals auf dem Sofa rülpsen, danach das
Knirschen einer Bierdose, die zusammengeknüllt wurde, und schließlich erwartungsfrohes
Gelächter.
«Nun mach ihn doch endlich fertig,
verdammt!», forderte Ronny mit blutrünstiger Stimme.
Konrads Herz schlug wie wild. Mit irrem
Blick sah er sich nach einem Ausweg um. Einem waffenähnlichen Gegenstand, nach
was auch immer. Er blinzelte verzweifelt, um wieder klar sehen zu können. Der Nebel
lichtete sich ein wenig.
«Nee, ich glaub, ich muss, verdammt
nochmal, erst auf diese Schwuchtelbriefe pissen», verkündete Klas mit schleppender
Stimme.
Mit ausgebuffter Nonchalance ließ er
den Bogen, der mit Konrads Nasenblut bespritzt war, zu den anderen auf den Haufen
am Boden heruntersegeln. Die drei Kumpels grinsten aufmunternd. Und mit einem vernichtenden
Blick in Konrads Richtung begann Klas, an seinem Reißverschluss herumzufummeln.
«Ich werd jetzt auf deine Briefe pissen,
genau wie ich auf deine Mutter, diese Hure, gepisst hab, als wir sie zu Ende gefickt
haben!»
Klas' Worte ließen es Konrad schwarz
vor Augen werden. Dann füllte sich sein Kopf mit brennendem Magnesium. Es war ein
Gefühl, als würde es ihm die Schläfen wegsprengen. Er spürte den Blutgeschmack in
seinem Mund, und eine Sturzflut von Adrenalin strömte durch seinen Körper und verlieh
ihm neue Kraft.
Der Schaft des Hammers, den Herman
vorhatte zu reparieren, stand neben der Hobelbank. Er war schwer und massiv und
nach Jahrzehnten harter, ehrbarer Arbeit blank gewetzt, doch für Konrad war er plötzlich
zu einer tödlichen Waffe geworden. Er riss ihn an sich und erhob ihn gegen Klas,
der seine Drohung wahr gemacht hatte und inzwischen mit halb aus der Hose gezogenem
Schwanz dastand.
Ein flüchtiges Erstaunen blitzte in
seinen Augen auf, bevor Konrads erster gewaltiger Schlag ihn an der Schulter traf.
Schrecken erfüllte seinen Blick, als der zweite Schlag gegen seinen Unterleib prallte,
und als der dritte seine Hüfte traf, war er bereits zu Boden gegangen.
Als Klas mit entblößtem Geschlechtsteil
in so erbärmlichem Zustand auf dem Rücken dalag und sich vor Schmerzen krümmte,
war Konrad für den Bruchteil einer Sekunde kurz davor, seinen Stiefbruder totzuschlagen.
Benga, Ronny und Lasse saßen wie versteinert
mit offenen Mündern da.
Konrad atmete schwer und hielt den
Hammerschaft mit weißen Fingerknöcheln umklammert.
Klas glotzte mit leerem Blick vor sich
hin wie ein verprügelter Stier.
Dann besann Konrad sich. Ohne ein Wort
stürzte er durch die Tür, den Hammerschaft immer noch in der Hand. Auf dem Boden
des Geräteschuppens blieben die Überreste seiner Liebesbriefe liegen.
A ls er fünf
Stunden später in das schmutzig graue Eternithaus zurückkehrte, stand Signe bereits
auf der Treppe. Sie sah aus wie ein Gespenst, wie sie dort im schwachen Schein der
Außenlampe wartete, leichenblass im Gesicht und eingehüllt in eine lange Strickjacke.
Neben ihr stand eine braunkarierte vollgepackte Reisetasche.
Konrad blieb unterhalb der Treppe stehen,
kurzatmig und verschwitzt. Sein Atem bildete eine kleine Wolke in der kühlen Herbsmacht.
Der Hammerschaft hing immer noch in seiner Hand, als wäre er festgewachsen und zu
einem Teil seines Körpers geworden. Den gesamten Abend lang, an dem er planlos im
Ort umhergeirrt ist und zwischendurch auf einer Parkbank versucht hat, die Zeit
totzuschlagen, hatte er sich nicht getraut, ihn wegzuwerfen.
Mit einem Mal begann er zu zittern.
«Ich habe deine Sachen zusammengepackt», sagte Signe mit düsterer Stimme. «Aha ...»
«Alles hat nicht reingepasst, aber
den Rest kannst du ja später holen. Irgendwann ...»
Sie starrte ihn mit leerem Blick an.
Zog die Strickjacke enger um sich und verschränkte dann die Arme vor der Brust.
Die
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