Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
Vom Netzwerk:
dem Schlagzeug.»
     
    Konrad liegt ausgestreckt auf dem Boden
im Schatten, die Augen geschlossen und den Duft von kühlem Gras in der Nase. Er
sucht nach der Scherbe, die er vor einem Augenblick noch glaubte, in seiner Erinnerung
gesehen zu haben. Ist ihm vielleicht irgendetwas entgangen? Still, wenn alles um
ihn herum ganz still bleibt, kann er das Fragment möglicherweise wieder vor sich
sehen.
    Ein Morgen im grauen Eternithaus. Es
muss früh gewesen sein, denn das Sonnenlicht, das durchs Fenster fällt, ist fahl
und matt. Spätwinter, möglicherweise Frühling. Konrad schleicht im Obergeschoss
umher, noch völlig schlaftrunken, und muss aufs Klo.
    Plötzlich hört er ein Geräusch. Jemand
schnieft.
    Signe sitzt auf dem roten Plüschsofa.
Dem Sofa in der guten Stube. Klas' Kopf ruht in ihrem Schoß. Er liegt ausgestreckt
da, die Füße auf den Boden hängend. Ein erwachsener Kerl. Signes Gesicht ist aschgrau.
Sie streicht ihm sachte und behutsam übers Haar. Murmelt leise etwas vor sich hin.
    Dann schrickt sie auf.
    In einer einzigen messerscharfen Sekunde
starrt sie geradewegs hinauf in Richtung des Treppengeländers, hinter dem Konrad
sich versteckt hält.
    Dann zerspringt die Scherbe der Erinnerung
in tausend Splitter.
     
    KAPITEL 27
     
    E in herrenloser
Köter stromert gehetzt die öde daliegende Straße entlang, die zwischen den Eisenbahnschienen
und dem Friedhof verläuft und in Richtung Skogsbacken führt. Hin und wieder hält
er an und schnüffelt im Gebüsch am Wegesrand, horcht und jagt dann weiter, offensichtlich
ohne Ziel.
    Es ist ein graubrauner räudiger Bastard,
er sieht hungrig aus und scheint auf der Hut zu sein.
    Konrad erkennt ihn sehr wohl wieder.
Der Hund mit den leuchtenden Augen. Sein Trott ist unrhythmisch und ruckartig,
als wäre eines seiner Beine verletzt. Manchmal hält er inne und hebt eine Vorderpfote
in die Luft, vielleicht um eine aufgerissene Stelle im Ballen zu schonen. Dann setzt
er die Pfote wieder auf, ganz sachte, als liefe er über Glasscherben. Konrad befällt
plötzlich ein zärtliches Gefühl für ihn. Der Arme muss vor seinem Herrchen geflohen
sein, vielleicht aus gutem Grund.
    Dann biegt der Hund in seinem planlosen
Stromern von der Straße ab und schlüpft durch das halb geöffnete Eisentor in den
Friedhof hinein.
    Er verschwindet aus seinem Blickfeld.
    Konrad überquert die Straße und wirft
einen Blick über die Hecke. Erst erkennt er im Schatten unter den Blutbuchen und
Kastanien nichts als Grabsteine. Insekten surren da drinnen umher.
    Dann entdeckt er den Köter wieder.
Er bewegt sich jetzt langsamer, aber immer noch mit derselben Unruhe.
    Der Hund schwänzelt an der niedrigen,
gestutzten Buchsbaumhecke entlang, als suche er etwas. Ab und an bleibt er stehen
und tritt vorsichtig auf ein Grab, um an verwelkten Blumen zu schnüffeln oder an
einem Grablicht mit geschmolzenem Wachs oder auch nur an dem blanken schwarzen
Granit.
    Manchmal wirkt es, als wolle der Köter
nachspüren und sich erinnern. Dabei reckt er seine Nase etwas in die Luft und wittert.
Sucht nach etwas. Dann zuckt er wieder zusammen und setzt sein Schnüffeln zwischen
den Toten fort.
    Konrad überlässt den Hund auf dem Friedhof
nur widerwillig sich selbst. Er selber setzt seinen Weg zu dem Haus, in dem Klas
wohnt, mit gemischten Gefühlen fort.
     
    J edes Mal, wenn
Konrad in den letzten Jahren an Klas dachte, ist ihm aufgefallen, wie nahe dran
er gewesen war, ihn zu töten.
    Wie wenig einmal gefehlt hatte, dass
er seinem Stiefbruder den Schädel eingeschlagen hätte, als er mit überschäumender
Wut über ihm stand und den Hammerschaft so fest umklammerte, dass seine Fingerknöchel
weiß wurden.
    Niemals wieder war er so nahe daran,
jemanden umzubringen.
    Haben Herman und Signe eigentlich jemals
begriffen, was geschehen war?
    Klas war sechsundzwanzig Jahre alt
und wohnte immer noch im grauen Eternithaus. Natürlich hätte er schon vor langer
Zeit ausziehen müssen. Vielleicht spürte er das auch selbst. Konrad war siebzehn
und dabei, ein Mann zu werden.
    Dass die Explosion sich just an diesem
Tag ereignete, war eher Zufall. Der Hass schwelte schon lange. Früher oder später
musste er aufflammen, alles in Stücke reißen und niederbrennen; und vielleicht begriffen
sie beide, dass es nur eine Frage der Zeit war.
    Es war ein elendiger Herbst.
    Konrad fühlte sich einsam, die Sehnsucht
nach Sven nagte an ihm, und oftmals kam er sich dermaßen eingesperrt vor, dass
er kaum Luft bekam. Er hatte

Weitere Kostenlose Bücher