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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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einen die Vergangenheit immer wieder ein», sagt er tonlos.
    Sie bleiben am Tisch des Tapas-Lokals
sitzen, bis es schließt. Es ist ein lauer Abend, wie alle anderen dieses Sommers
auch. Sie lauschen eine Weile Billie Hollidays Stimme, die durch die Lautsprecher
drinnen an der Wand zu ihnen hinausdringt. Der Verkehr auf der Straße hat nachgelassen.
Ein Betrunkener, der einen Karren mit klappernden Pfandflaschen hinter sich herzieht,
wankt vorbei und murmelt verärgert etwas vor sich hin, bevor er auf den Boden spuckt
und um die Hausecke verschwindet.
    Konrad bestellt noch eine Flasche von
dem portugiesischen Wein. Und dann berichtet er seiner Tochter von all dem, was
ihn in den vergangenen Wochen beschäftigt hat: von seiner Sehnsucht nach dem Schatten,
der Agnes gehört.
    Von Herman und Signe, die niemals im
Leben auch nur irgendwelche Ansprüche gestellt und deswegen vielleicht auch nicht
besonders viel bekommen haben. Und von Klas, ihrem leiblichen Sohn, der so viele
Jahre lang sein Quälgeist war. Konrad erzählt von all seinen Abenteuern mit Sven,
aber auch von seinem Treuebruch.
    «Treuebruch?», fragt sie erstaunt und
legt ihre Hand auf seinen Arm. «Warum Treuebruch?»
    Er seufzt und sagt, dass es schwer
zu erklären sei. Es war doch wohl ein Treuebruch, ihn einfach so im Stich zu lassen?
Ihn seinem Schicksal zu überlassen, einen Sonderling, der sich nicht wehren kann?
    «So wehrlos scheint er nicht zu sein»,
wendet Maria ein.
    Dennoch empfindet Konrad es so.
    Sie gibt sich zufrieden und signalisiert
ihm nickend, er solle weiterreden.
    Konrad berichtet von seiner Rückkehr
nach Tomelilla und von dem Verdacht der Polizei, der ihm ziemlich unter die Haut
gegangen ist. Er beschreibt den exzentrischen Orjan Palander und seine Hauswirtin
Gudrun Vernersson, die identisch ist mit der strengen Assistentin des Sozialamtes,
die ihn vor fast vierzig Jahren am Küchentisch in Hermans und Signes schmutzig grauem
Eternithaus abgeliefert hat. Und er spricht mit seiner Tochter über den senilen
Kommissar Kurt Nilsson, den alten Nazi, der die verdrängte Erinnerung an die blaugraue
Tätowierung in Agnes' Unterarm wieder in ihm geweckt hat.
    Als Konrad schließlich verstummt, sitzen
sie allein draußen. Drinnen ist die Bedienung dabei, die letzten Tische abzuräumen.
Maria hat ihm lange zugehört, ohne ihn zu unterbrechen. Sie beobachtet ihn über
die flackernde Flamme des Teelichtes hinweg.
    «Was ist denn?», fragt er schließlich.
Sie lacht kurz auf, als hätte sie ihn durchschaut. «Gertrud», sagt sie.
    «Was ist mit ihr?»
    «Du hast sie nur ganz flüchtig erwähnt»,
sagt Maria.
    Konrad spürt, wie ihm ein heißer Schauer
über den Rücken läuft. Er errötet zum zweiten Mal vor seiner Tochter wie ein Teenager
und ist dankbar, dass die Dunkelheit es diesmal verbirgt. Konrad sieht ein, dass
Maria genau weiß, wie die Dinge liegen.
    «Es wäre bestimmt nett, mal jemanden
aus deiner Vergangenheit zu treffen», sagt sie mit einem neckischen Lächeln. «Oder
auch Zukunft...»
    Die Rechnung liegt bereits auf einem
kleinen Teller auf dem Tisch. Konrad legt acht Hundertkronenscheine darauf und
stellt ein Glas darüber, sodass sie nicht wegfliegen können. Er gähnt demonstrativ
und steht dann zügig auf.
    Als sie durch die Nacht zurück zu Marias
Wohnung spazieren, spürt Konrad, dass er betrunken ist. Aber dennoch ziemlich glücklich.
     
    KAPITEL 33
     
    D ie Joggingschuhe
liegen ganz hinten im Kofferraum des Opels, zusammengeknüllt und ausgelatscht. Das
letzte Mal, als er sie an den Füßen hatte, muss in Berlin gewesen sein, und das
ist eine ganze Weile her.
    Sie riechen nach trockenem, festem
Gummi und etwas muffig nach Schmutz und altem Fußschweiß. Konrad findet, dass die
Schuhe ihn wie eine vernachlässigte alte Hündin mit stinkendem Maul anklagend ansehen.
Er klemmt sie sich unter den Arm und schlägt die Klappe des Kofferraums zu.
    Das Zimmer, das er bei Gudrun Vernersson
zwei Stockwerke über Gertrud gemietet hat, ist ihm immer noch fremd. In der Tat
nicht viel besser als ein heruntergekommenes Hotelzimmer. Er legt die Schlüssel
auf der Hutablage ab und blickt sich missmutig um. Das Bett ist nicht gemacht, die
geliehene Bettwäsche zerknittert. Gudans hässliche Bilder hängen noch an der Wand.
Ein weinendes Mädchen auf einem lehmigen Acker. Und ein Fasan in dickem, geklecksten
Öl. Nicht einmal die kleinen tanzenden Porzellantrolle und -elfen im Bücherregal
hat er weggeräumt. Auf dem Schreibtisch steht

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