Laennaeus, Olle
sein Laptop und verursacht ihm ein
schlechtes Gewissen. Konrad wendet schnell den Blick ab und schaut zu den beiden
Taschen hinüber, die geöffnet auf dem Fußboden stehen.
Er wirft den Rucksack und die Joggingschuhe
auf den Boden und wühlt in der Unordnung nach etwas, das er anziehen kann. Schließlich
findet er ein Paar ausgewaschene Shorts und ein schlabbriges T-Shirt, auf dem «Singha
Beer» steht. Er seufzt im Stillen. Marias Worte klingen ihm immer noch in den Ohren:
«Du solltest auch ein wenig an deine Form denken, Papa!» Jetzt wird er es ihr, verdammt
nochmal, zeigen!
Sein Körper ist schwerfällig, und die
Beine fühlen sich so steif an wie getrocknete Holzscheite. Draußen vor der Haustür
ist Konrad unsicher, welchen Weg er nehmen soll. Läuft dann langsam in Richtung
Ortskern, über die Eisenbahnschienen, an der Kirche und am Gemeindehaus vorbei.
Nach der langen Zugfahrt von Stockholm hierher tut es ihm gut, sich zu bewegen.
Aber obwohl es schon fast Abend ist, ist die Luft immer noch stickig. Nach wenigen
Minuten ist er schweißgebadet.
Vor dem Byavängshem sitzt ein alter
Mann in einem Rollstuhl und raucht. Eine Pflegerin wartet ungeduldig im Schatten
an der Hauswand. Sie wirft einen gestressten Blick auf ihre Uhr und wendet sich
demonstrativ vom Rauch ab. Der Alte starrt nachdenklich in die Ferne, völlig unberührt
von der fortschreitenden Zeit. Konrad muss an Kurt Nilsson da drinnen denken. Hat
er irgendjemandem außer ihm von seiner Vergangenheit erzählt?
Als Konrad den Ystadväg überquert hat,
entdeckt er einen kleineren Fahrweg, der hinaus auf die Felder führt. Odemarksvägen steht auf einem schiefen Straßenschild. Wohin er genau führt, weiß Konrad
nicht. Aber der Asphalt macht seinen Achillessehnen ziemlich zu schaffen. Ein Feldweg
dürfte da etwas schonender sein, auch wenn die Trockenheit ihn ziemlich fest hat
werden lassen. Konrad biegt in den Feldweg ein und erhöht auf der Strecke zum ersten
Bauernhof ein wenig das Tempo. Die Kornfelder, die ihn umgeben, riechen bereits
nach Staub. Der süßliche, ölige Frühsommerduft des Rapses ist schon vor langer Zeit
verflogen.
Als er den ersten Hof erreicht und
zwischen dem Wohnhaus mit Ziegelfassade und der Scheune hindurchläuft, hört er
ein dumpfes Knurren, gefolgt von aufgebrachtem Gebell. Er dreht den Kopf zur Seite
und entdeckt einen Schäferhund, groß wie ein Wölf, der mit gefletschten Zähnen
auf ihn zugerannt kommt.
Konrad bleibt stehen. Innerhalb des
Bruchteils einer Sekunde fühlt sich der Schweiß auf seinem Rücken eiskalt an, und
seine Nackenhaare sträuben sich. Der Hund kommt wie eine lebende Rakete auf ihn
zugeschossen. «Verdammt!» Er hebt instinktiv einen Arm schützend vors Gesicht, sieht,
wie die Augen der Bestie blutrünstig funkeln, und bereitet sich innerlich auf den
intensiven Schmerz vor, den er spüren wird, wenn die Kieferknochen seinen Arm umschließen
und sich die scharfen Zähne in sein Fleisch bohren.
Plötzlich wird der Flug des Hundes
jäh beendet. Es klickt, als die blaue Nylonschnur zu ihrer vollen Länge ausgefahren
ist. Mit einem Ruck wird die Attacke gestoppt. Der Schäferhund plumpst unvermittelt
zu Boden, weniger als einen Meter vor Konrad. Es ist ein Wunder, dass sich das Tier
nicht das Genick gebrochen hat.
Konrad macht einen Satz zurück. Er
starrt erschreckt auf das zerzauste Untier, das sich schnell wieder gefangen hat
und jetzt ausdauernd bellt.
«Platz, Bessie!»
Der Hund verstummt, legt sich gehorsam
hin und leckt sich ungeduldig die Nase. Er blickt enttäuscht drein. Konrad steht
nur minimal außerhalb seiner Reichweite.
Aus der Dunkelheit im Inneren der Scheune
löst sich ein Mann. Er nähert sich gemächlich dem an der Hauswand verankerten Eisenring,
an dem die Leine befestigt ist. Lässt er den Bluthund jetzt etwa los?
«Da hatten Sie aber ziemliches Glück.»
Es ist ein hagerer Kerl mit einem länglichen
Gesicht, das sich zum Teil unter einer Kappe verbirgt. Als er den Schirm ein wenig
hochschiebt, sodass die Augen nicht mehr im Schatten liegen, stellt Konrad fest,
dass der Mann jünger ist, als er auf den ersten Blick angenommen hat. Die Hosenbeine
seines schmutzigen Overalls verschwinden in riesigen Gummistiefeln.
«Normalerweise läuft Bessie frei herum»,
grinst er. «Als Wachhund. Man weiß ja nie, was für hergelaufenes Volk hier heutzutage
vorbeikommt.»
Konrad spürt, wie sich sein Schrecken
in Wut verwandelt. Die Leine des Schäferhundes ist lang genug, um quer
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