Laennaeus, Olle
aber sein Strafregister ist beeindruckend. Sigge hat unter anderem
dreimal wegen unerlaubten Waffenbesitzes eingesessen. Wenn irgendwer in der Unterwelt
von Malmö eine Pistole oder abgesägte Schrotflinte braucht, ruft er Sigge an. Waffen
kaufen und weiterverkaufen, das ist sein einträglichstes Geschäft.»
Konrad atmet tief durch. Sein Hirn
kommt langsam auf Touren.
Er wirft Gertrud einen raschen Blick
zu. Sie hat sich die Bettdecke bis über die Nase gezogen und schaut ihn neugierig
an.
«Das bedeutet also ...»
«Dass Fatima recht hatte. Ihr Bruder
war ein Gangster, aber kein Mörder. Er hat diese Luger, die sie im Brunnen gefunden
haben, mindestens zwei Tage nach dem Mord an Herman und Signe gekauft. Halleluja
und Friede sei mit ihm.»
«Dann muss es ...»
Palander unterbricht ihn erneut.
«Genau. Es muss jemand anderes gewesen
sein, der Ihre Pflegeeltern ermordet hat.»
«Dieser Möller ...?»
«Keine Ahnung. Meiner Quelle zufolge
ist er noch nie zuvor wegen Mordes verurteilt, nicht mal verdächtigt worden. Aber
die Polizei wird ihn natürlich zur Vernehmung einbestellen. Wenn sie es nicht schon
längst getan hat.»
«Halten Sie mich auf dem Laufenden?»
«Trust me, brother. Sie werden noch
vor allen treuen Lesern der Ystads Allehanda erfahren, was Sigge Möller der Polizei
zu sagen hat. Warten Sie . .. ahm ... morgen
... steht dasch allesch ... auf jeder Titelscheite ...»
Seine Stimme geht in einem undefinierbaren
Kaugeräusch unter.
«Essen Sie gerade?»
Konrad hört, wie der andere geräuschvoll
schluckt. «Nur einen Hamburger. Zu Mittag.»
«Mittag?»
Palander räuspert sich, und Konrad
vernimmt ein gluckerndes Geräusch, als offenbar irgendeine Flüssigkeit durch Palanders
Kehle rinnt. Dann klingt er wieder wie immer.
«Man kann sich natürlich vorstellen,
dass Sigge Möller nicht auf Anhieb redet», sagt er. «Ich meine, er kann es durchaus
gewesen sein, der Herman und Signe erschossen hat, aber ich halte es nicht für sehr
wahrscheinlich. Und in diesem Fall ist es immerhin der Name eines Mörders, den die
Polizei aus ihm herauspressen will.»
G ertrud steht
mit dem Rücken zu ihm am Fenster und schaut hinaus. Sie hat die Jalousie hochgezogen,
aber im Zimmer ist es dennoch nicht hell geworden. Van Goghs Sonnenblumen zeichnen
sich in dunkelgelben Tönen vor dem Hintergrund einer grauen Wand ab. Auf dem Boden
liegt Kleidung herum.
Konrad steht aus dem Bett auf, stellt
sich hinter sie und legt seine Hände auf ihren weichen Bauch. Ihr Haar kitzelt ihn
am Kinn.
«Siehst du die Wolken?», fragt sie
ihn. «Draußen ist es schwarz, als wäre es mitten in der Nacht.»
«Und schwül. Da ist bestimmt ein Gewitter
im Anzug.»
Die Straße vor dem Fenster liegt still
und verlassen da. Drei Autos stehen hintereinander geparkt. Eine leere Plastiktüte
weht über den Bürgersteig, fliegt dann in einem Salto mortale durch die Luft und
landet schließlich wieder auf dem Boden. Dann öffnet sich direkt gegenüber eine
Haustür. Ein Mann kommt heraus. In Trainingshosen, Pantoffeln und mit einer Kappe,
deren Schirm im Nacken hängt. Er wirft einen besorgten Blick zum Himmel, bevor er
sich in das vorderste Auto setzt und mit einem Kavalierstart davonrauscht. Hinter
einem Fenster auf der anderen Straßenseite wird Licht angemacht, und Konrad sieht
eine Frau dort stehen und hinausgucken.
«Es wäre herrlich, wenn es mal heftig
regnen würde, damit die Luft wieder frisch wird», sagt Gertrud nachdenklich.
Sie löst sich aus Konrads Umarmung
und zieht ihren Morgenmantel an.
«Ich wusste, dass Fatima die Wahrheit
gesagt hat», meint er.
«Wie konntest du dir da so sicher sein?»
Konrad zuckt mit den Schultern.
«Intuition vielleicht... es ist ja
immerhin mein Job, Menschen einzuschätzen.»
«Mm ...»
«Man sieht es den Leuten an den Augen
an. Glaubst du nicht?»
«Ich glaube, dass du möglicherweise
deine eigenen Fähigkeiten überschätzt. Fatima hat die Wahrheit gesagt, okay. Aber
wirst du es beim nächsten Mal auch durchschauen, wenn jemand lügt? Da wäre ich mir
nicht so sicher ...»
Konrad nimmt seine Jeans vom Fußboden
hoch und zieht sie an. Nach seinem Wahnsinnslauf fühlen sich seine Beine steif wie
Telefonmasten an. In einem Knie knackt es, und seine Achillessehnen ziehen wie angerissene
Saiten einer Geige. Er stöhnt und verflucht innerlich seine Dummheit. Draußen in
der Küche hantiert Gertrud mit einer Blechdose.
«Mist! Kein Kaffee mehr da.»
«Macht nichts, ich glaub, bei
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