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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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das denn her?»
    Konrad zuckte mit den Schultern. Er
starrte auf die rostige Fahrradkette hinunter und schwieg.
    Von Sven, natürlich. Sven sagte ständig
solche Sachen. Und wenn sie aus seinem Mund kamen, klangen sie so selbstverständlich
wie ein wissenschaftliches Faktum, das genauso belegt war wie der Satz des Pythagoras:
«Tic Tacs sind was für Schnapsdrosseln, die sich 'nen Schluck aus dem Flachmann
im Putzschrank genehmigt haben und dann Schiss kriegen, von ihrem Kerl verprügelt
zu werden.»
    Vielleicht stützte sich Sven auf empirische
Studien im Myrberg'schen Ameisenhaufen. Mit solchen Studien konnte Konrad hingegen
nicht aufwarten. Also murmelte er nur: «Das weiß doch jeder ...»
    «Du denkst also, ich bin 'ne Schnapsdrossel?»
    Janet machte ein paar Schritte auf
ihn zu. Stellte sich breitbeinig und mit vorgeschobenen Hüften vor ihm auf. Ausnahmsweise
trug sie an diesem Tag abgeschnittene Jeans und eine enganliegende Baumwollbluse.
    Konrad traute sich kaum hinzusehen.
Zu seinem Fahrrad gewandt wurde er rot, während er den Duft von Pfefferminz und
Maiglöckchen einatmete.
    «Wenn du unbedingt willst, dann nehm
ich eben eins ...»
    Schnell drehte er sich zu ihrem perlweißen
Lachen um und nahm sich ein Dragee aus der Dose, die sie ihm hinhielt.
    Er riskierte ein freundliches Grinsen.
«Danke.»
    «Wie heißt du eigentlich?»
    «Konrad ... und du?»
    Konrad wusste nur allzu gut, wie sie
hieß. Janet hatte einen Ruf wie so viele andere Mädchen, deren Aussehen Neid weckte.
Und Janet hatte schon das eine oder andere erlebt, das wussten alle. Selbst diejenigen,
die sich nicht mal trauten, sie anzusprechen, weil sie genau wussten, dass sie nie
eine Chance bei ihr haben würden. In den Diskotheken Tingvalla und Gislövs stjärna
galt sie als begehrte Beute.
    «Ich heiße Janet...»
    Genau in dem Moment knallte die Haustür
zu, und Klas kam mit einer vollgestopften Tasche über der Schulter die Außentreppe
herunter. Gunnar und Benga drückten ihre Zigaretten aus und machten Anstalten, in
den Amazon zu steigen.
    «Okay, wir hauen ab!»
    Auf halbem Weg zum Wagen hielt Klas
an und starrte seine Freundin missvergnügt an. Janet lächelte ungerührt. «Süß, dein
kleiner Bruder.»
    Klas' Gesichtsausdruck verdunkelte
sich. Für einen kurzen Augenblick begegnete Konrad dem Zorn in seinem Blick, bis
er sich schnell umdrehte und die Ölkanne zur Hand nahm.
    Die Stimme hinter seinem Rücken klang
wie ein Donnerschlag.
    «Er ist nicht mein Bruder.»
     
    In derselben Nacht wurde Konrad von
tierischen Geräuschen geweckt.
    Hellwach setzte er sich im Bett auf
und blinzelte ins Mondlicht, das in sein Zimmer schien. Das Rollo hatte er vergessen
herunterzuziehen. Es schien, als hinge der weiße Ball unmittelbar vor seinem Fenster.
Die mystischen Meere, auf denen Armstrong und sein Kollege ein paar Sommer zuvor
umhergewandert waren, traten wie dunkle Schatten hervor, ähnlich deutlich wie auf
dem Poster von Texaco.
    Doch die Geräusche, die ihn aus dem
Schlaf gerissen hatten, kamen nicht vom Mond. Sie hatten eine gewisse Ähnlichkeit
mit dem Heulen einer Wölfin in der Nacht. Die Geräuschquelle lag bedeutend näher.
    Der Krach kam von der anderen Seite
der Wand. Aus Klas' Zimmer, hinter der Tür mit dem bedrohlichen Totenkopf, der
allen, die nicht der weißen Rasse angehörten, den Zutritt verwehrte.
    Da war es wieder, das Geräusch.
    Diesmal glich es allerdings nicht einem
Wolfsgeheul, sondern eher dem Brüllen einer Kuh, die lange nicht gemolken wurde.
Ein langgezogenes Stöhnen dröhnte in die Nacht hinaus, in dem Schmerz lag, aber
auch Genuss. Das muss doch im ganzen Haus zu hören sein, dachte Konrad. Im gesamten
verdammten Tomelilla.
    Allmählich begriff er, was es war.
Denn Sven Myrberg war auch auf diesem Gebiet ziemlich beschlagen. Zumindest theoretisch.
Und er pflegte sein Wissen bereitwillig mitzuteilen.
    Doch Svens Erzählungen hatten immer
etwas Verlockendes an sich. Sie verursachten ein Kribbeln im Unterleib. Weiche,
sich vorwölbende Haut. Runde überwältigende Formen. Der Geruch nach Salz und süßen
Früchten.
    Mit den Geräuschen aus Klas' Zimmer
war es jedoch anders. Sie klangen eher bedrohlich. Aufdringlich.
    Es knarrte und quietschte. Polterte
gegen die Wand, als würde eine ganze Herde brünstiger Kreaturen auf der anderen
Seite herumtoben.
    Konrad zog die Decke über den Kopf,
um nichts mehr mitzukriegen.
     
    A ls er aufwacht,
ist es bereits später Vormittag. Grelle Sonnenstrahlen schicken ihre

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