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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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kam und ging, wann er wollte.
    Am Rückspiegel seines getunten dunkelblauen
Amazon, dessen Motor wie ein Donnergrollen dröhnte, baumelten zwei Würfel aus flauschigem
Teddystoff. «Hunter» stand auf dem rosafarbenen Wunderbaum, der wie ein nackter
Frauenkörper geformt war. Über der verschlissenen Rückbank hatte Klas eine große,
blau-weiß-rote Texasflagge drapiert.
    Im Kofferraum des Wagens lagen immer
einige Pullen Wodka. Es war allgemein bekannt, dass Klas sich gerne einen Zehner
extra verdiente, indem er Schnaps an Minderjährige vertickte. Aber Konrad traute
sich nicht, danach zu fragen, nicht einmal, als er schon älter war.
    Unter einer Wolldecke im Kofferraum
lagen auch eine Schrotflinte der Marke Remington und ein paar Schachteln mit Patronen.
Das hatte Konrad zufällig gesehen, als der Kofferraum aus Versehen eine Weile offen
stand.
    Manchmal geschah es, dass Klas nach
Hause kam und einen blutigen Hasen vor Signe auf die Spüle warf. Wo er ihn geschossen
hatte, war unklar; soweit seine Eltern wussten, besaß er keinen Jagdschein. Aber
sie fragten nicht nach. Signe zog den Hasen das Fell ab, schabte die Haut sauber
und hängte sie zum Trocknen vor den Geräteschuppen. Dann füllte sie ihre glänzenden
Leiber mit Äpfeln, Zwetschgen und Petersilie aus dem Garten und schmorte sie im
Backofen. Konrad fand, dass sie wie kleine nackte Kinder aussahen. Signe wurde
zur bösen Hexe, und die Hasen verwandelten sich in Hansel und Gretel. Allein schon
bei ihrem Anblick drehte sich ihm der Magen um. Wenn das Essen dann auf dem Tisch
stand, konnte er meist nur ein paar Kartoffeln essen.
    Klas hingegen schlang alles schweigend
hinunter. Nahm sich kaum Zeit, die Soße und Hermans selbst eingekochtes Traubengelee
vom Teller zu kratzen, bevor er wieder nach draußen verschwand.
     
    S eine Freundin
hieß Janet, und ihren Namen sprach man genauso aus, wie er buchstabiert wurde. Oder
besser gesagt: «Jaunet», mit schonischem Diphthong, der ihn völlig anders klingen
ließ als den des amerikanischen Filmstars, der ihre Eltern eines Tages inspiriert
haben musste.
    Sie wurde ziemlich oft in Klas' dunkelblauem
Amazon gesehen, und Konrad konnte ganz und gar nicht verstehen, was sie daran fand.
    Janet war einige Jahre jünger als Klas.
Sie war süß wie eine blühende Rose, hatte strahlende Augen und goldglänzende Locken,
die sie immer mit einem roten Seidenband im Nacken zusammenhielt. In Konrads Erinnerung
trug sie ausschließlich helle Sommerkleider aus rosafarbenem oder mintgrünem Stoff,
die wie Blütenblätter um ihre braungebrannten Waden flatterten. Wenn sie lachte,
entblößte sie eine kleine Lücke zwischen ihren blendend weißen Schneidezähnen.
Das machte sie unwiderstehlich.
    Wie konnte sich dieses phantastische
Wesen nur von so einem Idioten wie Klas erobern lassen?
    Hermans und Signes leiblicher Sohn
hatte zu diesem Zeitpunkt bereits im Schlachthof angefangen, genau wie sein Vater.
Massiv wie ein Zementblock, war er wie geschaffen für diesen Job.
    «Er hantiert mit den Schweinen, als
wären es Katzenjunge», gluckste Herman begeistert.
    Klas war außerdem ein geachteter Außenverteidiger
und für seine brutalen Rempler gefürchtet, die die Angriffslust so mancher Stürmer
in der gegnerischen Mannschaft dämpften. Er hatte bereits mehrere Spiele in der
A-Jugend absolviert. Möglicherweise imponierte das den Mädchen mehr als seine Geschicklichkeit
im Umgang mit Schlachtermessern und Fleischerhaken.
    Manchmal unterhielt Janet sich mit
Konrad.
    Es waren immer nur kurze Gespräche.
Klas hatte seinen Amazon auf der Straße geparkt und war unterwegs, um noch etwas
aus seinem verschlossenen, geheimnisvollen Zimmer zu holen. Gunnar und Benga, seine
ständigen Begleiter, hingen am Auto herum, rauchend und grinsend. Janet gähnte,
streckte sich gelangweilt über die Motorhaube und sagte so etwas wie: «Wann zum
Teufel kommt er denn wieder?» oder «Oh Mann, ist mir heiß!»
    Einmal, als sie gerade eine Dose Halspastillen
aus ihrer Handtasche gekramt und sich ein paar in den Mund gesteckt hatte, erblickte
sie Konrad, der sein Fahrrad kopfüber auf den Rasen gestellt hatte, um die Kette
zu ölen.
    «Möchtest du 'n Tic Tac?»
    «Nee.»
    «Nimm eins, die sind gut!»
    «Nee, die sind nur was für Schnapsdrosseln.»
    «Wie bitte?»
    Janets amüsiertes Lächeln war in aufrichtiges
Erstaunen übergegangen. Es krachte, als sie ein Dragee zwischen den Zähnen zerkleinerte.
    «Schnapsdrosseln! Leute, die saufen.»
    «Wo hast du

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