Lallbacken
Grundüberzeugungen bestehen: (1) Die Integrität der Person ist mit der Befolgung des utilitaristischen Prinzips unvereinbar, weil sie langfristige Bindungen an Projekte und Personen nicht erlaubt. (2) Individuelle Rechte lassen sich utilitaristisch nur unzureichend rechtfertigen. (3) Die zentrale Rolle der Kooperation, die Einhaltung von Regeln und Verfahren, ist auf der Grundlage utilitaristischer Prinzipien nicht gewährleistet.‹«
Aber dieser Text kam zu spät. Er konnte das Aussterben der Deutschen auch nicht mehr verhindern.
Mehr ist von Lallbacke Bulmahn nicht zur berichten. Viel ist das nicht. Aber viel mehr hat ihre Nachfolgerin Annette Schavan auch nicht zu bieten. Die erzählte dem Hamburger Abendblatt , sie halte Studiengebühren für gerecht. Schließlich müssten auch Handwerker für einen Meistertitel viel Geld ausgeben. Und sie stellte die rhetorische Frage: »Warum sollten Akademiker die einzigen sein, die bis zum Tag des Examens nichts zahlen?« Sie verteidigte also die Ungerechtigkeit der Studiengebühren mit der Ungerechtigkeit der teuren Meistertitel, statt daran zu arbeiten, beide Ungerechtigkeiten zu beseitigen. Lallbacke Schavan ist der lebende Beweis: Der Begriff Bildungsminister ist ein Widerspruch in sich, eine Contradictio.
Bei Thomas Goppel, dem einstigen bayerischen Wissenschaftsminister, reicht es nicht mal dazu. Der ist der Ansicht, monatliche Studiengebühren von hundert Euro könnten locker von jedem Studierenden gezahlt werden: Zwei Stunden Nachhilfe geben – und schon ist der Betrag erwirtschaftet, sagte er. Also, Goppel zahlt einem Studenten, der ihm stundenweise auf die Sprünge hilft, fünfzig Euro pro Stunde. Demnach kann man davon ausgehen, dass der zweifellos gewaltige Nachhilfebedarf aller bayerischen Minister ausreicht, jedem bayerischen Studenten die Zahlung der Studiengebühren zu refinanzieren. Das Problem wäre damit vom Tisch.
Annette Schavan war, bevor sie Bundesbildungsministerin wurde, schon in Baden-Württemberg Ministerin für Kultus, Jugend und Sport. Ihre sportliche Qualifikation und ihre turnerischen Ambitionen sorgten für recht wenig Gesprächsstoff, aber im Kultus kannte sie sich als Führungskraft im Zentralkomitee der deutschen Katholiken bestens aus: In Baden-Württemberg wird einer islamischen Frau mit Kopftuch der Eintritt in den Schuldienst verweigert, weil das Tragen des Tuchs eine unzulässige Religionsausübung sei – auch wenn die Frau beteuert, auf dem Kopf trage sie nur ein Tuch, ihren Glauben hingegen im Kopf.
In Bayern allerdings verpassten Polizisten zwei Frauen aus dem Iran mit Gewalt Kopftücher, weil der Iran, in den die Frauen abgeschoben werden sollten, bei Frauen nur Passbilder mit Kopftuch akzeptiert – obwohl die Frauen beteuerten, sie trügen kein Tuch auf dem Kopf, weil sie im Kopf keinen Glauben hätten. Selbstredend dürfen als Pinguine verkleidete katholische Nonnen Unterricht erteilen, egal was sie im oder auf dem Kopf haben.
Zum Schaden der Jugend setzte Frau Schavan in Baden-Württemberg das Abitur nach zwölf Jahren durch. Angesichts des immer schneller und massiver anschwellenden Wissens der Menschheit sind Schulzeitverkürzung und Turboabitur genau das Gegenteil von dem, was die Jugend braucht, nämlich eine Schulzeitverlängerung. Wie kann man Zeit besser verbringen als mit Lernen? Genügend Arbeitsplätze nach der Schulzeit gibt es doch sowieso nicht. Also lernen – aber nicht unter dem Druck einer Arbeitsmoral, sondern in der Geborgenheit einer noch zu entwickelnden Freizeitethik. Die Menschheit macht etwas falsch, wenn sie ihre Kinder in Schulen schickt, die nur Fachidioten produzieren mit starrem Blick auf die Nutzanwendung in einem profitablen Beruf. Bildung, vor allem die Geisteswissenschaften, Literatur: Das ist doch ein Gewinn, ein Genuss. Aber da Menschen unterschiedlich schnell lernen, müssen die Lehrmethoden endlich auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Lernenden Rücksicht nehmen. Es ist eine sinnlose Schinderei, dass jedes Kind zu einer bestimmten Zeit ein Ziel erreicht haben muss. Der schulische Gleichschritt macht die Schule bei vielen Kindern und Jugendlichen so verhasst. Langsam lernende Kinder müssen geduldig an die Inhalte herangeführt werden, und schnell lernende Kinder darf man nicht langweilen. Jedes Kind sollte in seiner Geschwindigkeit lernen. Lernen im Gleichschritt gelingt nicht.
Das zu realisieren verlangt neue Lehrer. Die Lehrer unserer Kinder müssen an der Spitze der
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