Lallbacken
den Bildungsanstalten der DDR, zumal unter der Führung von Margot Honecker, ging’s anders und besser zu. Da lernte man noch was. Die bildungspolitische Lage war so verzweifelt, dass Annette Schavan, die damalige Bundesbildungsministerin, die Unterbringung extrem aggressiver Schüler in eigens angelegten Internaten forderte. Sie vertrat also die sogenannte Guantánamo-Pädagogik.
Fortschrittliche Kräfte haben dann aber erkannt: Schulprobleme werden nicht dadurch gelöst, dass man Schüler ausgrenzt oder abschiebt, wenn sie nicht parieren, denn: Die Hauptschüler waren ja schon abgeschoben, und zwar an eine Schule, die ihnen keine Perspektiven bot und sie aus der Gesellschaft ausschloss. Die damalige Hauptschule war nur noch eine Restschule der Übriggebliebenen, und der Hauptschulabschluss war praktisch nichts wert.
Wir mussten handeln. Wir haben nachgedacht. Wir haben verstanden: Die Gesamtleistung eines Systems wird eben nicht durch Selektion, sondern durch Mischung der Kompetenzen erhöht. Lernen ist ein sozialer Prozess, er wird gesteuert und optimiert durch Kommunikation, durch Imitation und nicht zuletzt durch Einhaltung von Regeln fairen Umgangs. Was haben wir also gemacht? Wir haben die Hauptschulen abgeschafft.
Die Schülerinnen und Schüler wurden an Realschulen überwiesen. Das war eine Schule neuen Typs, die in ihrem Niveau unsere ehemaligen Hauptschüler nicht überforderte. Wir wollten die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Also wurde von Anfang an hart durchgegriffen. Wiedereinführung der Prügelstrafe und heftiges und nachhaltiges Nachsitzen. Die Schule als Strafvollzug stellte die Ordnung vorübergehend wieder her.
Dem US-amerikanischen Vorbild folgend, mussten alle Schülerinnen und Schüler morgens eine halbe Stunde früher aufstehen, um rechtzeitig bei allen Alkohol- und Drogentests anwesend zu sein und wegen möglichen Waffenbesitzes an Metalldetektoren vorbeizudefilieren.
Die Ausgabe von Schusswaffen an das Lehrpersonal hingegen sorgte dafür, dass die Zahl der Schlägereien während des Unterrichts und in den Pausen drastisch reduziert wurde. Der finale Rettungsschuss für die Hofaufsicht stieß bei Eltern und Hausmeistern auf breite Akzeptanz.
Damals setzte sich die Erkenntnis durch, dass neben den Grundrechenarten Angst der wichtigste Lerninhalt war. Die Angst vor allem hat aus Menschen Deutsche gemacht.
In den Folgejahren gab es allerdings auch Probleme an diesen Realschulen, speziell durch die Einführung des Faches Verbraucherwissen, in dem die Schülerinnen und Schüler alles über ihre Rechte im Alltag lernten. Konsequenterweise wandten sie ihr Wissen nun gegen das Lehrpersonal an: Im Fach Benimmkunde zum Beispiel, das die jungen Menschen auch im Umgang mit Messer und Gabel unterweisen sollte, pochten sie auf ihr Verbraucherrecht, Unterrichtsstoff bei Nichtgefallen umzutauschen.
Wir haben die Realschule dann auch recht bald wieder abgeschafft und die Einheitsoberschule eingeführt. Ziel war es, dass mindestens 95 Prozent aller Schülerinnen und Schüler die Schulzeit mit dem Abitur abschlossen. Selbstverständlich handelte es sich dabei um ein von jeglichem Bildungsballast befreites Abitur ganz neuen Typs, das aber leider auf massive Akzeptanzprobleme in der Wirtschaft stieß: Es war praktisch unmöglich, mit einem solchen Abitur den Anforderungen eines Praktikums zu genügen, geschweige denn einer Lehrstelle.
Einen Ausweg bot schließlich die Vereinigung von Einheitsoberschule und Universität zu einer Gesamtbildungsstätte, was es uns ermöglichte, hundert Prozent eines Jahrgangs zum Hochschulabschluss zu führen – und das bereits mit knapp zwanzig Jahren. Leider war es auch um die Berufschancen dieser Universitätsabsolventen nicht sehr gut bestellt, zudem wurden alsbald Klagen laut über Gewalt an den Hochschulen, hilflose Professoren und fehlende Deutschkenntnisse.
Heute nun stehen wir endlich an der Pforte der Lösung. Und wir begrüßen die Abschaffung des deutschen Bildungssystems insgesamt und die Übernahme sämtlicher Bildungseinrichtungen durch das kubanische Schulministerium. Das ist nicht nur ein Beitrag zur globalen Integration, sondern wird auch das Analphabetentum in unserem Land deutlich mindern.«
Die kompetenteste Prognose gab auf jeden Fall der Nobelpreisträger für Medizin 2010 ab, der brasilianische Onkologe Drauzio Varella:
»In der heutigen Welt wird fünfmal mehr in Medikamente für die männliche Potenz und Silikon für Frauen
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