Lallbacken
Wohl der Atomindustrie mehren und schützen wollte, hat sie durchgesetzt, lieber die Verstrahlung vor der Bevölkerung zu beschützen. Auf die zweifelhafte Sicherheit der Castorbehälter angesprochen, meinte Frau Merkel, auch beim Backen könnten mal, vom Rezept abweichend, ein paar Krümel danebenfallen und der Kuchen schmecke dann trotzdem.
»Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger … wir müssen eine überzeugende Konsolidierungspolitik betreiben, das verlangt Augenmaß und Geduld … Unser Ziel heißt klar und deutlich: über geordnete Finanzen zu einem geordneten Staat. Unterstützen Sie uns bei dem Bemühen, die Krise zu meistern und neue Zuversicht und Hoffnung zu wecken! In dieser Stunde hat unser Volk ein Recht auf Wahrheit, die Wahrheit über das, was getan worden ist, und die Wahrheit über das, was getan werden muss.«
Diese Sätze – und noch einige mehr – sagte die regierende Lallbacke in einer Regierungserklärung. Ob Schröder oder Merkel, ist unerheblich. Es war in jedem Fall Kohl.
2
Außenministerium: Man muss nichts können, man muss nur wollen
Joseph Martin Fischer, dem Schröder sein Ratzinger und deutscher Außenminister, jederzeit in der Lage, über alles nichts zu sagen und dabei auszusehen wie eine alte Kunstlederimitat-Handtasche, in der er alle seine Entschuldigungen für Gewaltakte aufbewahrte, zum Beispiel bei den albanischen Kindern, die auch seinetwegen im uranverseuchten Dreck spielen mussten, dieser Fischer teilte auf einer ganzen Seite der Frankfurter Rundschau mit, man könne Politik nicht machen gegen die Finanzmärkte, und wenn nicht SPD und Grüne, sondern Union und FDP die sozialen Reformen betreiben würden, dann würden die um einiges unsozialer ausfallen. Dank gebührt Joseph Martin Fischer für diese ewige Wahrheit: Demokratie hat nur so viel Spielraum, wie das Kapital zulässt, und infolgedessen musste Joseph Martin Fischer immer eine unsoziale Politik machen. Allerdings darf man daraus schließen: Wenn demokratische Politiker nur ausführende Organe des Finanzmarktes sind, kann die Vorstandsetage der Allianz das bisschen Regieren doch gleich mit übernehmen.
Joseph Martin Fischer hat die Grünen nicht gegründet. Er ist später eingetreten, hat dann aber kraftvoll daran mitgewirkt, alle, die seinem Anpassungskurs kritisch gegenüberstanden, rauszuekeln, bis sich die Grünen in Form eines industriell gefertigten Gelbbauchunkenvereins präsentierten. Fischer war der einzige Grüne, der niemals grüne Überzeugungen verriet – er hatte diese Überzeugungen schließlich auch nie geteilt. Medizinisch betrachtet, litt Joseph Martin Fischer an einer unangenehmen Form von Gesinnungsepilepsie, so dass er sich sogar von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bestätigen lassen musste: »Fischer hat maßgeblich dazu beigetragen, einen Teil der militanten Linken, ja seine Generation, aus feindseliger Isolation herauszuführen und mit dem Rechtsstaat auszusöhnen.«
Welt- und Außenlallbacke Joseph Martin Fischer war wie kein anderer jederzeit in der Lage, seinen jeweiligen Sinneswandel plausibel zu begründen. In den Achtzigern hat er seinen politischen Gegnern knallhart entgegnet: »Wir leben nicht mehr in den Siebzigern.« In den Neunzigern argumentierte er glasklar: »Wir leben nicht mehr in den Achtzigern.«
Im neuen Jahrtausend formulierte er sein Credo noch überzeugender: »Wir leben nicht mehr im vorigen Jahrhundert.«
In Joseph Martin Fischers Biographie gibt es keine Brüche: Ob als schlagfertiger Putztruppenkomparse oder als einflussreiches Mitglied einer gewaltbereiten Außenministerkonferenz – Fischer trat bei Insubordination stets für sein Recht auf körperliche Züchtigung von Andersdenkenden ein. Allerdings: Fischer hat niemals einen Molotowcocktail geworfen – das hätten ihm seine Kameraden auch nicht erlaubt aus Angst, dass er die eigenen Leute trifft.
Joseph Martin Fischer brachte es zeitweise bis zum beliebtesten deutschen Politiker, vermutlich, weil er der erste deutsche Außenminister seit Ribbentrop war, dessen Politik geradewegs in einen Krieg mündete, und zwar in einen siegreichen, was ja in der deutschen Geschichte auch nicht selbstverständlich ist. Es war gut, dass Deutschland mit Herrn Fischer einen hatte, der Gewalterfahrung besaß und das Geschäft kannte: zuschlagen, wegrennen und anschließend behaupten, dass Gewalt Scheiße ist.
Aber Joseph Martin Fischer war, auch wenn man ihm das übel nachgeredet hat, nicht der Autor des Satzes:
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