Lallbacken
herrschte, durfte man doch eigentlich keine Menschen aufnehmen, oder? Um die Situation wenigstens einigermaßen zu beherrschen, wurden Asylbewerber während des Verfahrens vielfach wie politische Gefangene gehalten, obwohl es sich nicht um Kriminelle handelte. Sie durften ihre Nahrungsmittel nicht selbst einkaufen, sie durften den ihnen zugeteilten Bezirk nicht verlassen, sie wurden, wie bei Gefängnissen üblich, außerhalb der Sichtweite von Stadtbewohnern in »Sammelunterkünften« gehalten, sie durften nicht arbeiten und hatten keinen Anspruch auf Integrationskurse.
Gott sei Lob und Dank, hatte Bayern diese gesegnete Frau Christine Haderthauer. Die beklagte unablässig »massenhaften Asylmissbrauch« und rief bei jeder Gelegenheit aus, »wem es nicht gefällt, soll zurückkehren«, und dies alles tat sie nur zum Schutz der einheimischen bayerischen Bevölkerung, denn sie war schließlich Sozialministerin, und zwar eine christliche.
Auch im CDU-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern gibt es Christen. Die unterbreiteten in einem Schreiben an den Schweriner Flüchtlingsrat zur Heimunterbringung von Flüchtlingen Vorschläge, wie mit Asylbewerbern zu verfahren sei: »Die Mehrheit der Asylbewerber hat Defizite hinsichtlich allgemeiner Regeln des Zusammenlebens. Viele zeigen Verhaltensauffälligkeiten (wie) mangelnde Konfliktfähigkeit, niedrige Toleranzgrenze, ›Ellenbogenmentalität‹ und Defizite in den sozialen Kompetenzen (beim) Verhalten gegenüber Mitmenschen, insbesondere Frauen und Kindern. (…) Durch die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und die damit einhergehende Betreuung werden soziale Kompetenzen erworben.«
Warum man eine Heimunterbringung favorisiert, kann man einer Stellungnahme des brandenburgischen Landkreises Oberspreewald-Lausitz entnehmen: Zweck der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften sei unter anderem, Asylbewerber und potentielle Nachahmer abzuschrecken. Mancherorts haben sich die Vorschriften zu artgerechtem Halten von Untermenschen prächtig konserviert.
Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann, ein dynamischer Politiker, der am liebsten jeden Tag ein langes weißes amerikanisches Nachthemd anziehen würde mit hoher spitzer Kapuze und zwei Augenlöchern drin, wollte potentielle islamistische Gewalttäter mittels einer elektronischen Fußfessel überwachen lassen. Das war ein ausgezeichneter Gedanke. Zwar war ein potentieller Gewalttäter kein Gewalttäter, denn ein potentieller Vergewaltiger konnte ja auch nicht angekettet werden. Ganz egal, wie verlockend er es fand, seine Vorstellungen zu verwirklichen: Solange er – der Terrorist oder der Vergewaltiger – »es« nicht tat und auch niemanden dazu veranlasste, blieb er unbehelligt – aber Lallbacke Schünemanns Vorschlag diente der Verbrechensbekämpfung auf raffinierteste, nämlich auf vorbeugende Weise: Durch die Fußfesseln wären die potentiellen islamistischen Gewalttäter bestens vor Entführungen durch die CIA geschützt.
Etwas sensiblere Menschen waren in diesen Zusammenhängen peinlich berührt, als sie einer winzigen Zeitungsnotiz entnehmen mussten: Deutschland belegt auf der Beliebtheitsskala bei den Einwanderungsländern, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, den vorletzten Platz bei der Zuwanderung in den OECD-Staaten. Nur in Japan ist der Anteil an Einwanderern noch geringer. Aber wenn man dort in 100 000 Jahren die Fukushima-Folgen überwunden hat, kann sich das schnell umdrehen.
Verblüffenderweise hat der türkische Ministerpräsident Erdogan seine in Deutschland lebenden Landsleute trotzdem zur Integration aufgefordert: »Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie sollen erst gut Türkisch lernen.« Daraufhin hat CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt Erdogan vorgeworfen, seine Landsleute aufzuwiegeln, und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte, Erdogan schaffe neue Gräben.
Historisch betrachtet, ist ein beachtlicher Intelligenzverfall an der politischen Spitze zu beklagen, denn: Der Große Kurfürst, der den calvinistischen »Réfugiés« aus Frankreich in Berlin Tor und Tür geöffnet hatte, so dass sie zeitweise zwanzig Prozent der Stadtbevölkerung ausmachten, forderte, dass deren Kinder in der Schule vor allem Französisch lernen müssten. Seine Begründung: Nur wer die eigene Sprache und Kultur kenne und liebe, könne eine andere wertschätzen und annehmen.
»Multikulti ist gescheitert, absolut gescheitert« – das behauptete Frau Merkel in aller Entschiedenheit. Mal
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