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Lallbacken

Lallbacken

Titel: Lallbacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Venske
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Dobermanntunte nach dem ersten Schlaganfall, wenn er mit irrlichternden Froschaugen und fast versagender Stimme einen selbst erfundenen Hufeisenplan als Beweis für die Völkermordabsichten der Serben präsentierte, wie man das so machte als Prototyp des perfekten Berufspolitikers, dessen politische Identität so hohl war wie seine persönliche, als einer, der zum Scheitern geboren war, sowohl als Kanzlerkandidat wie auch als Parteichef, als Fraktionschef und als Verteidigungsminister ein Vakuum, das immer nur sich selbst verteidigte, was auch gut war, denn man wusste zwar, dass sich bei ihm IQ und Schuhgröße die Waage hielten, aber niemand konnte sagen, was schlimmer war: von den Taliban angegriffen oder von Rudi verteidigt zu werden, diesem adlige Fräuleins erotisierenden Planschkobold, der wie keiner die Emanzipation des Redens vom Denken betrieb – am 18. Juli 2002 ist Rudolf Scharping zurück ins private Glied getreten.
    Lallbacke Scharping erfand das Unwort von der »humanitären Katastrophe«, er predigte mit Nato-Tremolo in der Stimme sogenannte friedenschaffende Maßnahmen. Bombenwerfen war für ihn kein Krieg, denn er hatte vom amerikanischen Präsidenten gelernt: Schwanzlutschen war ja auch kein Sex. Scharping war ein traditionell geprägter Kriegsminister: hart und unerbittlich. Ein ganzer Mann, der einen homosexuellen Ausbilder bei der Luftwaffe in die Schreibstube zwangsversetzte, weil »offene Homosexualität eines Vorgesetzten dessen Autorität erschüttern kann«. Durch die Intrigen des Stern , der eine Sockenrechnung des Verteidigungsministers publizierte, war Rudolf Scharping aus dem Amt geekelt worden: Er hatte sich von einem Freund mit schicken Socken ausstaffieren lassen. Wegen seines ausgeprägten Schönheitssinnes also wurde der Mann in die Arbeitslosigkeit gestürzt, dabei war das Volk froh, wenn er sich friedlich bei einem Herrenausstatter aufhielt und nicht mit großem Feldgeschrei durch die Weltgeschichte tobte.
    Rudolf Scharping wird der Nation in Erinnerung bleiben als der Mann, der zahlreiche Feldzüge gegen sich selbst führte, sei es, dass er vom Fahrrad fiel, sei es, dass er sich von einer Schranke im Pentagon auf die Glocke hauen ließ, sei es, dass er im Schwimmbad um seine Würde und gegen seine rutschende Badehose kämpfte. Mach’s gut, Rudi, du hast alles versucht, um als lächerliche Figur in die Geschichte einzugehen, und du hast es geschafft.
    Nachfolger von Lallbacke Scharping zu sein, das war nicht leicht, doch Peter Struck schaffte das. Der hatte schon als SPD-Fraktionsvorsitzender seine Genossinnen und Genossen aufgefordert, energisch gegen die Genossinnen und Genossen der Linksfraktion vorzugehen: »Setzt euch vor Ort mit diesen Rattenfängern auseinander«, sagte er. Dass er die Linken, darunter zahlreiche Ex-SPDler, Ratten nannte, das war Strucks Art von Volkstümlichkeit. Leider fand sich niemand bereit, ihm die Geschichte noch mal genau vorzulesen, es widerstrebte ihm wohl auch, sich die historischen Ereignisse in Hameln von einem Fachmann genau erklären zu lassen, So weiß Lallbacke Struck also bis heute nicht: Es war der Rattenfänger, der die Plage beendete. Aber immerhin beeindruckte dieser Verteidigungsminister das Volk durch die Art, wie er seine Pfeife hielt, wenn er rauchte: lässig und ganz ohne fremde Hilfe. Und so saß er auch, wenn er nicht gerade ministerte, auf seinem Motorrad.
    In der Ära Struck waren die Aufgaben der deutschen Bundeswehr klar umrissen: Zuerst lernte der Rekrut zu schießen, zu trinken, Sitze in der Eisenbahn aufzuschlitzen und dann bei Überschwemmungen Sandsäcke aufzustapeln. Danach ging es zum Friedensichern nach Zentralasien. Zwar gab es Bestrebungen, das Militär zu zivilisieren – etwa Panzer mit Kindersitzen und Gäste-WC auszurüsten, ferner alte Kommissköppe zu teamorientierten, kostenbewussten Eventmanagern umzuschulen und »Stillgestanden!« durch »entschuldigen Sie bitte, darf ich mal kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten« zu ersetzen. Aber das funktionierte nur in der Theorie. Auch die Forderung, der Soldat möge doch bitte eine Eigenbeteiligung an seiner Munition bezahlen, fand keine Mehrheit.
    Von Minister Struck wird außer seiner legendären Hindukusch-Äußerung nur wenig im verteidigungspolitischen Gedächtnis haften bleiben. Das aber sollte man rühmend erwähnen: Als der hessische Bembelfaschist Martin Hohmann die Juden als »Tätervolk« bezeichnete – das hieß, er hatte Opfer und Täter, Ursache und

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