Lallbacken
Abschlusserklärung, in der sie ihr Bedauern darüber äußern, dass sie seit ihrer letzten Zusammenkunft vor fünfeinhalb Jahren nichts geleistet haben und dass sie beim Kampf gegen den Welthunger positiv in die Zukunft sehen. Dann tagen sie noch ein bisschen weiter, damit sich alle Teilnehmer noch einen Nachschlag vom Nachtisch holen können, und zum Schluss verabreden sie, in der nächsten Hauptstadt gemeinsam mal wieder richtig schön essen zu gehen.
Schlusssatz von Ludwig Börne: »Auf jeder Tafel findet der Mensch alles, was er braucht, um einst von den Würmern schmackhaft gefunden zu werden.«
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Verteidigungsministerium: Gewalt darf niemals ein Mittel der Politik des Gegners sein
Im Jahre 2008 machte das Bundesverfassungsgericht klar, dass die deutsche Bundeswehr ein »Parlamentsheer« sei. Bei künftigen Einsätzen war es also geboten, dass der komplette Bundestag mitflog, um vor Ort über eine erfolgversprechende Strategie abzustimmen und gegebenenfalls sofort persönlich die Schlacht zu gewinnen. Zahlreiche Abgeordnete erfuhren erst bei dieser Gelegenheit, dass sie in Afghanistan schießen ließen und dass deutsche Soldaten sogar gezwungen waren, hin und wieder auch Frauen und Kinder umzubringen, weil, wie es Exverteidigungsminister Peter Struck ganz klar formulierte, am Hindukusch deutsche Interessen verteidigt wurden. Welche das waren, hat er nicht gesagt. Aber es hätte nicht viel gefehlt, und Struck hätte alles ausgeplaudert und eindringlich auf die gemeinsame deutsch-pakistanische Grenze hingewiesen.
Im Verlauf der vergangenen Jahre waren die Ansprüche an Feldherren und ihre Kriege immer tiefer gesunken: Beweise brauchte man nicht, um einen Krieg anzufangen, Hinweise genügten vollkommen, und dann bombardierte man ein Volk, dem man nie den Krieg erklärt hatte, beschoss ein Land, das nach bisherigen Kenntnissen keinen einzigen Bürger hervorgebracht hatte, der an dem Attentat vom 11. September 2001 in New York beteiligt war, folterte und tötete jene, die angeblich »den internationalen Terrorismus beherbergt haben«, aber vermutlich kaum mehr zu ihm beitrugen als Hamburg-Harburg oder Bochum. Das, was in Afghanistan geschah, war auf keinen Fall ein Krieg, schon gar kein Völkermord, allenfalls eine Verbrecherjagd mit Streubomben, denn in einem unzivilisierten Land wie Afghanistan gab es ja gar keine richtige Zivilbevölkerung.
Verteidigungsminister Rudolf Scharping sah das schon sehr früh genauso. Er dozierte mit dem Temperament einer Wanderdüne: »In der Region, von der wir im Zusammenhang mit dem Terror reden, rund um das kaspische Meer und den Golf, befinden sich siebzig Prozent der Erdöl- und vierzig Prozent der Erdgasvorkommen der Erde. Weltweite Stabilität hat auch mit Weltwirtschaft und ihren Bedingungen zu tun.«
Und die Frankfurter Rundschau kommentierte das so: »Der Moment geopolitischer Dynamik ist eine großartige Chance – sie zu gestalten sollte nicht allein den USA überlassen bleiben. Schröder geht es um das existenzielle nationale Interesse.«
Aha – Kanzler Schröder wollte, dass die Deutschen in diesen wirtschaftlich wichtigen Gebieten präsent waren. Und das waren sie: Sie haben als erstes Wolldecken geschickt. Im Bundestag wurde über schweres Gerät und Bodentruppen abgestimmt. Der normale Bürger wusste ja nicht, dass so was mittlerweile Wolldecken hieß.
Nach etwa zehn Jahren Krieg haben dann sogar einige Militärs begriffen: Mit einer Kettensäge ließ sich keine Augenoperation durchführen, und der Einsatz von Raketen, Streubomben und Drohnen war zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus so gut geeignet wie der Einsatz von U-Booten gegen Kinderschänder. Die Frage: »Wie ist eigentlich das Zahlenverhältnis von gefassten oder getöteten Terroristen zu ermordeten Zivilisten?«, blieb unbeantwortet. Demokratische Politiker, deren Gehirne sich immer mehr dem Durchmesser von 9-Millimeter-Geschossen anglichen, hörten bei der Frage einfach weg.
Der 18. Juli 2002 war ein Tag voller Wehmut. Da ist Rudolf Scharping – Protagonist der Spaßgesellschaft, ein Kamikazekomiker sondergleichen, der so oft den Eindruck erweckte, er sei zu doof für Aus’m-Bus-Gucken, ein skurriles subversives Element, ein Undercover-Anarchist, stets bemüht, die öffentliche Moral und die Wehrbereitschaft zu unterminieren, ein verkrampfter Pfauenrüde, der durch die Gegend stolzierte und dafür Mäntel brauchte, die 3 700 D-Mark das Stück kosteten, vergleichbar nur einer
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