Lallbacken
wiederfinden.« Logisch, sie ist ja darin eingewickelt worden. Bundesumweltminister Jürgen Trittin stellte klar: »Die Alternative wäre ein rechtswidriges Verhalten gewesen, und auch eine grüne Alleinregierung hätte das nicht anders entscheiden können.« Das konnten die Grünen vor der Wahl natürlich nicht wissen. Allmählich setzte sich dann die Überzeugung durch, es wäre wohl am besten, sowohl in der Regierung wie auch der Opposition mitzuarbeiten, weil das am ehesten die Glaubwürdigkeit erhöhe. Als Volkspartei hatten sich die Grünen damit als nachhaltige Motivation für die Gründung einer Roten Armee Fraktion empfohlen.
Das war mal anders. Bevor es die Partei »Die Grünen« gab. Aus den alternativen Szenen heraus hatte 1974 die Anti-AKW-Bewegung im badischen Wyhl ihren Anfang genommen. Großdemonstrationen und Protestmärsche quer durch die Republik folgten, Auseinandersetzungen an den Bauzäunen in Brokdorf und Grohnde, die Anti-Atom-Bewegung verhinderte die Wiederaufarbeitung in Wackersdorf, ebenso die Fertigstellung des schnellen Brüters in Kalkar. Den Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop mussten die Betreiber ebenfalls aufgeben, es gab den siegreichen Widerstand in Wackersdorf und in Gorleben, wo der niedersächsische Ministerpräsident feststellen musste, dass eine Wiederaufarbeitungsanlage politisch nicht durchsetzbar war.
Seitdem finden dort alljährlich rund ums Zwischenlager die Castorfestspiele statt. Diese Transporte mit deutschem Atommüll aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben waren laut Trittin rechtlich unabweisbar und nicht zu vermeiden, er halte Protestaktionen für falsch, friedliche Proteste gehörten aber zum selbstverständlichen Recht jedes Bürgers, und auch die Polizei müsse Eskalationen vermeiden helfen. Dass sich ein Polizist daran gehalten hat, wurde nicht bekannt.
Die Protagonisten der Atomlobby, der sogenannte politisch-industrielle Komplex, sprach von Hysterie und Panikmache und reklamierte für sich die alleinseligmachende Vernunft. Nur alle 100 000 Jahre, so behauptete man, könne ein GAU vorkommen, wenn überhaupt.
1979 kam es im Atomkraftwerk Three Miles Island im US-Bundesstaat Pennsylvania zu einer partiellen Kernschmelze.
1986 explodierte der Atomreaktor in Tschernobyl.
2011 ereignete sich das Desaster von Fukushima.
Die Anti-AKW-Bewegung hatte diese Ereignisse für möglich gehalten und recht bekommen. Die Beschwichtigungen der Atomenergiebefürworter haben sich als haltlose Propaganda und verantwortungslose Lügen erwiesen.
1981 wurde die Partei »Die Grünen« gegründet. Dadurch wurde die Anti-AKW-Bewegung und ihr antiautoritärer, selbstbestimmter, alternativer, bunter, anarchischer Widerstand allmählich in parlamentarisch-bürgerliche Bahnen kanalisiert, bis es eines Tages so weit kam, dass eine Exbundessprecherin der Grünen im Management der Gelsenwasser AG anheuerte. Gelsenwasser gehört zum E.ON-Konzern, der seine Geschäfte auch mit Atomenergie betreibt. Der Job war wohl eine Belohnung dafür, dass sie mitgeholfen hatte, den sogenannten Atomkonsens durchzusetzen. Für manche Grüne waren mittlerweile Ausstieg und Ausbau identisch. Vermutlich glaubten sie auch, wenn der Dachboden im Keller liegt, dunkelt er von allein nach.
1998 wurde der grüne Jürgen Trittin Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Trittin war ein recht umtriebiger Minister. Zunächst als »Wachtelkönig« belächelt, stieg er bald auf zum beliebtesten Dosenpfandminister aller Zeiten: Wer eine gute Rendite wollte, investierte in Bier. Jeden Tag eine Palette Dosenbier. Die Sorte war egal, Hauptsache, man kriegte zu jedem Bier eine Dose dazu, gratis. Leidenschaftliche Bierdosensammler hatten nicht selten 20 000 Stück im Keller. Wenn sie die zur nächsten Annahmestelle brachten, wurden aus 20 000 Dosen 10 000 Mark. Saufen lohnte sich dank Trittin also wieder. Und je mehr man soff, desto weniger macht es einem aus, wenn man dafür die Grünen wählen musste.
Außerdem kümmerte sich Trittin um die von Menschen verursachten Emissionen von Treibhausgasen, also Gasen, die zu einer Erwärmung der Erdatmosphäre beitrugen. Die sollten weltweit reduziert werden, um eine Klimakatastrophe abzuwenden. Zwölf Milliarden Tonnen CO 2 – so viel menschliche Treibhausgasemissionen können Biosphäre und Ozeane jährlich ohne Folgeschäden aufnehmen. Das macht bei gerechter Verteilung für jeden Erdenbürger pro Jahr zwei Tonnen. Aber
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