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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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außen stehenden Pferdes und entriß dem Wallach einen schmerzerfüllten Schrei. Ihr Wohnwagen rumpelte gefährlich schwankend und schaukelnd vor-bei. Ein schlimmer Brechreiz erfüllte gallebitter ihren Mund; Aley-tys schwang sich auf den Sitz hinauf. „Fahr zu, Keon, fahr zu. Loahn, du bleibst außer Sicht. Bleib drinnen, oder setz dich in die Hintertür. Ganz wie du willst.”
    Er grinste sie an, ein Teil seiner gewohnten Selbstbeherrschung kehrte zurück. Aleytys blickte ihn schrecklich finster an. „Los, Schlingel. Sogar die Staubwolke verschwindet schon.” Stavver lachte in sich hinein und schlug die Zügel auf die Rücken der Pferde, um sie in einen lebhaften Trab zu bringen. Mit einem lachenden Ausruf, der eine Bestätigung der sich hebenden Laune bei allen dreien war, rannte Loahn um den Wohnwagen herum, während dieser Fahrt aufnahm, dann schwang er sich hinauf und verschwand im Inneren.
    Aleytys lehnte sich zurück, spürte die plötzliche Leichtigkeit in sich, und ihre Laune schwebte empor wie eine Luftblase im Wasser. „Miks, hast du ihr Gesicht gesehen? Ahhh …” Sie kicherte und streckte sich und zappelte auf dem harten Brett des Sitzes herum.
    Er streckte die Hand aus und schnippte eine vereinzelte Haarsträhne aus ihrem Gesicht. „Sie hätte nie gedacht, daß eine barbarische Landschlampe sie derart behandeln könnte.”
    „Nun, sie hatte recht, oder?” Sie kräuselte ihre Nase und starrte auf ihre Hände hinunter. „Es war nicht ich, die sie geführt hat.”
    Miks wurde ernst. „Einerseits ist es zu schade, daß wir diese Trumpfkarte nicht für die Zukunft im Ärmel behalten konnten. Maissa ist eine Schlange, Lee. Sie weiß jetzt, daß sie dich nicht von vorn pakken kann. Achte auf deinen Rücken.”
    „Ich verstehe nicht.” Sie kratzte an ihrem Knie herum, zupfte an einem Hautfetzen. „Du erzählst mir immer wieder, wie böse und grausam sie ist. In Ordnung. Sie mißhandelt Tiere. Verliert leicht ihre Beherrschung. Versuchte, Loahn umzubringen. Nichts davon ist süß und sanft, aber sie hat uns noch nie etwas getan.”
    „Momentan braucht sie uns.”
    Am hellen Vormittag bogen sie vom Hauptweg auf einen schmaleren Fahrweg ab, der ebenso tief gefurcht, jedoch nicht so kahl war. Zähe Unkrautbüschel, trocken und staubig wie kleine alte Männer, duckten sich zwischen den weißlichen Radspuren. Der Wind hatte gedreht und kam nun aus Norden statt Westen, der Atem des Seenlandes anstelle der heißen, trockenen Ausdünstung der Steinlande. Während sie unablässig nach Norden vordrangen, wurde die Luft zunehmend feuchter, das feste, dünnhalmige Gras wich einer anderen Art, die noch saftiger war als Kraut, bis das Land eine doppelte Handspanne hoch von einem knirschenden grünen Teppich bedeckt war. In unregelmäßigen Abständen bezeichneten dunklere, grüne Linien links oder rechts einen der hundert Seen, die diesem Teil von Lamarchos seinen Namen gaben. Zweimal, nachdem sie an abzweigenden Wegen vorbeigekommen waren, erhaschte Aleytys ein paar Blicke auf schlanke, karmesinrote Türme, deren Spitzen zu tulpenförmigen Glocken anschwollen, die zum Himmel hin geöffnet schienen. Sie nahm an, daß diese Türme kleine Städtchen oder Dörfer markierten.
    Zu beiden Seiten der Straße führten Lattenzäune ab, von Zeit und Wetter zu einem samtigen Grau gealtert; sie schlossen Weideland ein, wobei in den einzelnen Koppeln der Reihe nach Zuchtstuten, Einjährige, dann Pihayos, wieder Stuten, Hengste, Wallache, Pihayos grasten; dieses Muster wiederholte sich ständig. Eine Ranke mit herzförmigen Blättern und Trompetenblüten wand sich um die Querlatten der Zäune, Blätterkaskaden fielen in unregelmäßigen, grünen Vorhängen herunter, die nickenden, faustgroßen Blüten setzten eine Flut schwerer, süßer Düfte frei. Stunde um Stunde zogen sich diese Ranken neben ihnen her. Stunde um Stunde ekelerregend süßer Düfte, die sich in die von Feuchtigkeit immer schwerere Luft mischten, so daß der von den Pferdehufen und den eisengefaßten Rädern aufgewirbelte Staub wie Juckpulver auf der bloßen Haut klebte.
    Gelegentlich trotteten ein oder zwei Pferde an den Zaun heran und blickten ihnen nach, die großen, dunklen Augen strahlend vor Neugier, Nüstern bebten und schnieften und schnaubten in nervöser Erregung.
    Einmal scheuchte irgend etwas eine kleine Herde Zweijähriger auf, ausnahmslos Rotbraune mit geflammter Kopfzeichnung; sie schwenkten herum, galoppierten davon, den Schweif erhoben, die

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