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Lamento

Titel: Lamento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Stiefvater
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vermeiden.«
    »Wie wäre es, wenn du etwas aufschreibst?«
    »Das würde auch weh tun. Sehr weh.«
    »Das heißt, mir zu erzählen, wer dich am Reden hindert, würde dich definitiv in Schwierigkeiten bringen.«
    »Wenn ich nur daran denke, wie ich es dir sagen könnte, werden meine Mandeln ganz kalt«, sagte Luke, und ich hörte das Lächeln in seiner Stimme. »Können wir uns heute sehen?«
    Ich überlegte, wie schwerwiegend diese Dummheit wäre. Dann fiel es mir wieder ein. »Luke, Granna liegt im Krankenhaus. Meine Mom ist gerade mit Delia hingefahren. Sie haben gesagt, sie wäre gestürzt oder so. Aber …«
    »Granna stürzt nicht einfach«, beendete Luke den Satz.
    Ich zögerte. »Glaubst du, das könnten …«
    »Möglich. Soll ich sie besuchen? Ich würde es merken.«
    »Sie hasst dich.«
    »Da ist sie nicht die Einzige. Was ist mit uns? Kann ich dich wiedersehen? Du kannst auch nein sagen. Du würdest all meine Hoffnungen und Träume zerstören, aber das steht dir natürlich frei.«
    Ich zog mir die Schuhe an, während ich darüber nachdachte. Wahrscheinlich konnte ich die Hormone für all das verantwortlich machen. Für meinen vollständigen Mangel an Moral. Er hatte einen Haufen Leichen hinterlassen, verdammt noch mal, trotzdem erlaubte ich mir köstliche Schauer bei der Vorstellung, ihn wiederzusehen. O Mann. Und wenn er mich wieder küsste, würde ich vermutlich explodieren.
Erde an Deirdre. Das reicht jetzt. Wir reden hier von einem Killer, schon vergessen?
Aber vielleicht gab es tatsächlich einen Grund für all die Leichen. Oder ich machte mir hier nur lächerliche Hoffnungen. Wie erbärmlich! »Es
könnte
also etwas geben, das dem etwas entgegensetzt, was ich in deinem Kopf gesehen habe?«, fragte ich.
    »Ich glaube, das darf ich mit einem entschiedenen Vielleicht beantworten.«
    »Und du wirst mich nicht umbringen.«
    Das Lächeln schwand aus seiner Stimme. »Das verspreche ich dir. Wenn ich dir auch sonst nicht viel sagen kann, eines weiß ich: Ich werde dir niemals etwas tun.«
    Ich fragte mich, wie es wohl sein mochte, eine ganz normale Beziehung zu haben, in der man solche Fragen nicht zu stellen brauchte. Würde ich genauso für ihn empfinden, wenn er ein ganz normales Leben mit einer ganz normalen Vergangenheit hätte? Ich traf meine Entscheidung. »Dann sehen wir uns nachher.«
    »Du hast mir soeben den Tag gerettet, hübsches Mädchen. Ich gehe jetzt deine Großmutter besuchen. Behalte mein Geheimnis bei dir.« Die Verbindung brach ab.
     
    Bei Dave’s Ice herrschte tote Hose. Am dunstigen blaugrauen Himmel waren mittlerweile dicke Gewitterwolken aufgezogen, so dass niemandem nach Eiscreme zumute war. Ich lehnte mich an den Tresen und starrte durch die Panoramafenster auf die dräuenden Wolken, während ich an dem eisernen Schlüssel herumspielte. Ich schob ihn an der Kette hin und her und konnte mir tausend Orte vorstellen, wo ich gerade lieber gewesen wäre.
    Ich wollte nicht auf die Uhr schauen, weil mich das nur daran erinnern würde, wie lange ich noch hierbleiben musste. Ich wollte auch nicht die alten SMS von James lesen, weil mich das nur daran erinnern würde, dass noch niemand angerufen hatte, um mir zu sagen, wie es Granna ging.
    »Er hat dir die Kette geschenkt, stimmt’s?«, durchbrach Saras Stimme meine Langeweile. Sie lehnte am anderen Ende der Theke und enthüllte dabei noch mehr von ihrem Dekolleté, alsich je hätte sehen wollen. Sie trug zwar dieselbe züchtige Eisdielenschürze wie ich, aber mit einem Top, das den Eindruck erweckte, als trüge sie
nichts
darunter.
    Ich blickte zu ihr auf. »Ja.«
    »Ich habe gesehen, wie ihr da draußen am Auto gesessen habt. Er ist wirklich süß.«
    »Ja.«
    Sara beugte sich vor und sagte verschwörerisch: »Und er ist
älter
. Er geht schon in die Zwölfte, hab ich recht?«
    »Ja.«
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte sie aus dem Fenster, als wollte sie herausfinden, was ich da draußen betrachtete. »Ich weiß, ich hab das schon mal gesagt, aber ich kann’s einfach nicht fassen. Ich meine, dass jemand wie du einen Kerl wie ihn abkriegt. Ist nicht böse gemeint, ehrlich.«
    Deirdres Leben
, was bisher geschah: In der letzten Folge unserer Serie wurde Deirdre von Sara mit einer abschätzigen Bemerkung niedergemacht. Und weil Deirdre sozial völlig gehemmt ist, ließ sie es sich ohne einen Mucks gefallen.
    Diese Woche in
Deirdres Leben
: Deirdre wehrt sich.
    Ich verdrehte die Augen und sah sie an. »Ich schätze, ältere Jungen

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