LaNague 01 - Der Heiler
betraten.
Webst lächelte. »Das ist komisch … ich habe auch einen älteren Mann erwartet. Die Abhandlung, die Sie im vergangenen Jahr über das Dasein II Fieber und seine verschiedenen Krankheitserreger veröffentlicht haben, war eine exzellente Arbeit; sie war irgendwie von einer Aura des Alters und der Erfahrung umgeben.«
»Beschäftigen Sie sich mit infektiösen Krankheiten?« fragte Dalt schnell, bemüht, das Thema zu wechseln.
»Nein, mein Spezialgebiet ist die Psyche.«
»Wirklich? Ich habe auf meiner Reise von Derby hierher Ellen Lettre kennengelernt. Kennen Sie sie?«
»Sicher. Unsere Abteilung setzt große Erwartungen in Dr. Lettre – sie ist eine außergewöhnlich intelligente Frau.« Er blieb neben seinem Schreibtisch stehen und ließ in schneller Folge Notizen über seinen Videoschirm laufen. »Bevor ich es vergesse, ich habe von der Personalabteilung eine Mitteilung bezüglich Ihrer Formulare bekommen. Sie haben sie zum größten Teil nur unvollständig ausgefüllt, und Sie möchten doch heute noch kurz dort vorbeischauen.«
Dalt nickte. »In Ordnung. Ich werde versuchen, heute nachmittag hinzugehen.« Das war oft ein Problem – seine eigene Vorgeschichte. Er hatte seinen Namen schon ein paarmal geändert, aber er zog seinen eigenen Namen vor. Wenn er seinen Tätigkeitsbereich wechselte, hatte sein neues Arbeitsgebiet gewöhnlich nichts mit dem vorherigen zu tun, und Referenzen erübrigten sich dann; er fing wieder ganz unten an, und mit Part als Unterstützung dauerte es nie lange, bis die ›hohen Tiere‹ erkannten, daß da ein junges Genie unter ihnen war. Oder er machte etwas Riskanteres, wie Chispenfischerei auf Gelc, wo man, um eingestellt zu werden, nichts als den Mut mitbringen mußte, sich mit den Netzen hinauszuwagen … und wo keine Fragen gestellt wurden.
Um die IMC Personalabteilung zufriedenzustellen, hatte er auf Derby einem Registerbeamten ein hohes Bestechungsgeld gegeben, damit dieser einige Papiere so ausstellte, daß es den Anschein hatte, als sei Dalt auf dem Planeten geboren. Er hatte die IMC Bewerbungsformulare absichtlich ungenau und nachlässig ausgefüllt, um allen Fragen aus dem Weg zu gehen, bis er seine Papiere von Derby bekam. Im Augenblick konnte er nur hoffen.
»Ich habe eine Frage«, wandte sich Dalt an Dr. Webst, der aufsah. »Warum werde ich hier von einem Psychiater empfangen und nicht von jemandem aus der mikrobiologischen Abteilung?«
»Das ist vermutlich eine Protokollfrage. Dr. Hyne ist der Leiter der Mikroabteilung, aber er ist im Urlaub. Es ist bei uns üblich, daß ein wichtiger neuer Mann – und Sie fallen in diese Kategorie – von einem Abteilungsleiter begrüßt wird. Und ich bin Leiter der psychologischen Abteilung.«
»Ich verstehe«, nickte Dalt. »Aber wann werde ich …«
Websts Telefon summte. »Ja?« Mit diesen Worten wurde der Bildschirm aktiviert, und das Gesicht eines Technikers erschien.
»Vertrauliche Mitteilung, Doktor.«
Webst nahm den Hörer und drehte den Schirm von Dalt weg. »Was gibt’s?« Er lauschte, nickte, meinte dann, »ich komme sofort«, und hängte ein.
»Haben Sie schon gefrühstückt?« fragte er Dalt, dessen Kopfschütteln kaum Zweifel am derzeitigen Zustand seines Magens zuließ. »Machen Sie es sich doch am Tisch hinter Ihnen gemütlich und geben Sie eine Bestellung auf. Ich muß einige Geräte überprüfen – es dürfte nur ein paar Minuten dauern. Entspannen Sie sich und genießen Sie das Frühstück; wir werden hier ausgezeichnet verpflegt, und die Hühner legen vorzügliche Eier.« Er winkte kurz und war schon verschwunden.
(»Möge der Gott der leeren Mägen ihn segnen und ihn uns erhalten!«) bemerkte Part, als Dalt seine Bestellung eingab. (»Gestern kein Abendessen und heute morgen kein Frühstück – sehr nachlässig.«)
Dalt wartete hungrig. Ich konnte es nicht ändern.
(»Webst gefällt mir«), gab Part zu verstehen, als ein Tablett mit dem Frühstück in einer Öffnung in der Wand erschien. (»Er kommt mir ziemlich bescheiden vor, und für einen Mann in seiner Position ist das sicher nicht die Regel.«)
Ist mir nicht aufgefallen. Dalt begann, mit Genuß zu essen.
(»Das finde ich an ihm so sympathisch – seine Bescheidenheit ist keine Verstellung. Für ihn schien es selbstverständlich zu sein, daß er dich aus dem Vorzimmer selbst in sein Büro bat, meinst du nicht? Überleg doch mal: Die meisten Abteilungsleiter würden die Tür von einer Sekretärin öffnen lassen und dich dann
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