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LaNague 01 - Der Heiler

LaNague 01 - Der Heiler

Titel: LaNague 01 - Der Heiler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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in Grüppchen, die sich unterhielten oder einfach die Sonne genossen.
    »Dies sind unsere ambulanten Patienten«, erklärte er auf Dalts fragenden Blick hin. »Wir lassen ihnen soviel Freiheit wie nur möglich, aber wir versuchen auch, sie davon abzuhalten herumzuirren. Sie sind alle harmlos und sind ohne Ausnahme freiwillig hier.« Er räusperte sich. »Aber wo war ich stehengeblieben? Ach ja. So läuft es letztendlich auf ein empfindliches Gleichgewicht zwischen Chemie, Verstand und Umwelt hinaus. Wenn der Einzelne gelernt hat, mit seinen seelischen Spannungen fertig zu werden, kann er oft die psychotischen Auswirkungen eines größeren Bruchs in den Enzymketten auf ein Mindestmaß reduzieren. Wenn nicht, kann schon ein kleinerer Bruch am Ende einer Kette seinen Geist in ewige Dunkelheit stürzen.«
    Er lachte kurz auf. »Aber wir wissen bis heute nicht genau, was wir eigentlich meinen, wenn wir von Geist sprechen. Wir können seine Funktionsfähigkeit und sein Realitätsverständnis mit unseren Medikamenten und Lehrmethoden verbessern, aber er bleibt ein Gebilde, daß sich nicht quantitativ analysieren läßt.«
    Er brachte das Fahrzeug neben einem großen blauen Gebäude zum Stehen und stieg aus. »Und dann gibt es natürlich die chemonegativen Psychosekranken – ihre Enzymketten sind offensichtlich intakt, aber sie sind der Wirklichkeit völlig entfremdet. Die Opfer des sogenannten ›Schreckens‹. Mit ihnen beschäftigen wir uns hier in Big Blue, wo unsere schwierigeren Patienten untergebracht sind«, erzählte Webst, als er mit der Hand über eine Metallplatte im Türrahmen fuhr. Geräuschlos glitt die erste der beiden Doppeltüren auf, und sie traten ein, und erst als sich die erste Tür wieder völlig geschlossen hatte, öffnete sich die zweite.
    »Sind diese Patienten hier gefährlich?« fragte Dalt mit leichtem Unbehagen.
    »Nur sich selbst gegenüber. Sie sind gänzlich von der Realität abgeschnitten, und wenn wir sie freiließen, könnte ihnen alles Mögliche zustoßen.«
    »Aber was stimmt denn nicht mit ihnen? Ich sah, wie ein Mann in der Raumstation einen solchen Anfall bekam.« Webst verzog den Mund. »Leider handelt es sich hier nicht um ›Anfälle‹, die kommen und gehen. Das Opfer wird von etwas befallen, was immer es auch ist, beginnt hysterisch zu schreien und verbringt den Rest seines Lebens – jedenfalls nehmen wir das an, obwohl der erste bekannte Fall erst zehn Jahre zurückliegt – von der Umwelt abgeschnitten. Auf jedem Planeten innerhalb der Förderation tauchen solche Fälle auf. Es gehen sogar Gerüchte um, daß selbst die Tarks davon betroffen sind. Wir brauchen endlich einen Durchbruch.«
    Webst machte eine Pause und fuhr dann fort: »Sehen wir mal hier herein.« Er öffnete eine mit 12 gekennzeichnete Tür und ließ Dalt vorgehen. Sie betraten einen hübsch eingerichteten Raum mit einem Bett, zwei Stühlen und indirekter Beleuchtung. Das Zimmer war leer, oder zumindest glaubte Dalt das, bis Webst seine Aufmerksamkeit auf eine Ecke hinter einem der Stühle lenkte.
    Dort saß zusammengekauert ein höchstens achtzehn Jahre altes Mädchen, daß vor entsetzlichem Schrecken am ganzen Körper zitterte.
    »Ihr Vorname ist Sally«, erklärte Webst. »Wir haben ihr diesen Namen gegeben. Ihr Nachname ist Ragna – so heißt der Planet, auf dem sie gefunden wurde. Ein typischer Fall des ›Schreckens‹: Sie ist seit anderthalb Standardjahren hier, und wir haben noch nicht einmal einen Riß in diese Mauer des Grauens schlagen können.«
    Webst ging zu einer Platte in der Wand nahe der Tür und schwenkte die Hand vor ihr her. »Hier spricht Dr. Webst. Ich bin in Raum 12 mit Mister Dalt.«
    »Danke, Doktor«, sagte eine männliche Stimme. »Könnten Sie bitte für einen Augenblick in die Halle hinunterkommen?«
    »Sofort«, unterbrach er und wandte sich an Dalt. »Bleiben Sie doch so lange hier und versuchen Sie, sich mit Sally zu unterhalten, während ich mal nachsehe, was man von mir will. Sie ist völlig harmlos, sie würde – könnte – niemanden und nichts verletzen, und darin liegt in ihrem Fall gerade das Problem. Wir haben ihre Enzyme normalisiert und alle bekannten psychotropischen Mittel eingesetzt, um die Mauer, die sie umgibt, niederzureißen, jedoch ohne Erfolg. Wir haben sie sogar mit den alten Methoden der Elektrokonvulsivtherapie und der Insulinschocks behandelt.« Er seufzte. »Nichts hat geholfen. Vielleicht versuchen Sie, mit ihr zu sprechen, dann werden Sie verstehen

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