LaNague 01 - Der Heiler
in der sie jahrelang gelebt hat, aber vollkommen harmlos – bringen wir sie zurück in die Realität.«)
Aha, und was verstehst du unter Realität?
(»Ich bitte dich, Steve. Ich habe keine Zeit, über eine solche sophistische Frage zu diskutieren. Mach nur mit, und laß uns einfach sagen, daß Realität das ist, was dich zu Fall bringt, wenn du mit geschlossenen Augen umhergehst. Aber Schluß mit großen Worten … nun folgt der schwierige Teil. Bisher haben wir das gesehen, was sie sieht; unsere Aufgabe ist nun, die Situation umzudrehen. Los geht’s.«)
Und sie waren wieder zurück in Sallys Geist, und offensichtlich hatte das von Part neugeformte friedliche Bild standgehalten – und war noch verbessert worden; die Mauer war nicht mehr da, und eine glatte Rasenfläche erstreckte sich bis zum Horizont. Part errichtete eine nackte grüne Holzwand zur Linken; dann erschienen drei weitere Wände und schlossen sie ein … den Schluß bildete eine beleuchtete Decke. Ein seltsames Gerät aus Metall hing über ihnen, und dort, direkt vor ihnen, saß ein Mann mit einer goldenen Hand und einem Flammstein um seinen Hals; oben auf seinem Kopf inmitten seines dunklen Haars war eine silberne Strähne zu sehen.
Das Bild verschwamm plötzlich, und sie schauten wieder auf Sally. Nur daß sie diesmal zurückschaute – und lächelte. Langsam liefen Tränen ihre Wangen hinunter, und das Lächeln verschwand, als sie ohnmächtig zusammenbrach.
IX
»Sie haben etwas erreicht«, sagte Dr. Webst später im Büro, nachdem man Sally untersucht hatte und sie zurück in ihr Bett gebracht worden war, »etwas, das ihr geholfen hat. Ich bin noch nicht ganz sicher, aber ich spüre es! Haben Sie gesehen, wie sie Sie angelächelt hat? Sie hat noch nie vorher gelächelt. Noch niemals!«
Webst Begeisterung hatte keinerlei Wirkung auf Dalt. Er war müde, so müde, wie er noch nie zuvor gewesen war. Zudem hatte er das vage Gefühl, von seinem Bewußtsein losgelöst zu sein; er hatte in den Geist eines anderen Menschen gesehen und hatte bei seiner Rückkehr festgestellt; daß er aufgrund der vorangegangenen Ereignisse irgendwie verändert war.
»Nun, ich hoffe jedenfalls, daß ich das alles nicht umsonst durchgemacht habe.«
»Mit Sicherheit nicht«, sagte eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich um und sah El, die auf ihn zukam. »Sie schläft jetzt«, fuhr sie fort und setzte sich in einen Sessel, »und zwar ohne Hypnose. Sie haben mit ihr Kontakt bekommen, da besteht kein Zweifel.«
Webst beugte sich über seinen Schreibtisch vor. »Aber was haben Sie nur getan?« fragte er eindringlich. »Was haben sie da drinnen gesehen?«
Dalt öffnete den Mund, um zu protestieren, um alle Erklärungen und Beschreibungen auf den folgenden Tag zu verschieben, aber Part schnitt ihm das Wort ab.
(»Erzähle ihnen etwas. Sie hungern nach Informationen.«)
Wie kann ich denn all das beschreiben?
(»Versuche es. Du brauchst die Einzelheiten ja nur anzudeuten.«)
Dalt gab stockend eine Zusammenfassung von dem, was sie gesehen und getan hatten und meinte dann:
»Kurz, meiner Ansicht nach war die Krankheit des Mädchens nicht organisch, sondern geistig bedingt. Ihr Realitätsbewußtsein war völlig anomal, aber was der Anlaß für ihre Krankheit war, kann ich Ihnen nicht sagen.« Er zögerte, und El hatte den Eindruck, daß er ganz leicht zitterte. »Einen Augenblick lang hatte ich das Gefühl, daß ich gegen etwas arbeitete … etwas Dunkles und vollkommen Fremdes, direkt über dem Horizont. An einem Punkt dachte ich, daß ich es tatsächlich berührte, oder es wollte mich berühren, oder …« Er schüttelte sich. »Ich weiß es nicht. Vielleicht war es nur ein Teil ihres Phantasiegebildes. Was es auch war, jedenfalls war sie ein sehr krankes Mädchen, und ich habe ihr, glaube ich, geholfen.«
»Wir können also annehmen«, folgerte Webst, »daß diese akuten, bisher unheilbaren, chemonegativen Fälle von Schizophrenie im Grunde auf Bewußtseinsstörungen zurückzuführen sind. Okay, das glaube ich Ihnen. Aber warum sind diese Menschen gestört?«
Dalt mußte an das schwarze Etwas denken, daß er in Sallys Geist wahrgenommen hatte, und unwillkürlich kam ihm das Wort »aufgezwungen« in den Sinn, aber er schob den Gedanken schnell wieder beiseite. »Da kann ich Ihnen noch nicht weiterhelfen. Aber sehen wir erst mal zu, daß sie wieder auf die Beine kommt; über die Frage, warum es passiert ist, können wir uns später noch lange genug Gedanken
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