LaNague 02 - Mein Vater starb auf Jebinos
zur Verabschiedung des Gleichberechtigungsgesetzes für die Vanek zu bekommen, gerade das Gesetz, das sich durch seine Bemühungen als überflüssig erwiesen hatte.
VII
Jo
Für die Reise nach Dil brauchten sie zwei Sprünge und sechs Standardtage, und physisch machte es Jo nichts aus. Emotional jedoch belastete sie die Reise sehr. Old Pete war ihr einziger Begleiter, und Jo hielt es für unmöglich, irgendein Gefühl der Sympathie für diesen Mann zu empfinden. Sie hatte alles versucht, sich um den Flug zu drücken – hatte sogar eine Zeitlang die Hoffnung gehegt, daß Haas sich weigern würde, sie zu sehen. Aber solches Glück sollte sie nicht haben. Haas war sehr erfreut gewesen, sie zu empfangen.
Die Zeit an Bord des Schiffes gab ihr allerdings die Gelegenheit, ihren alten Feind zu studieren, und er verwirrte sie noch mehr als früher. Er versuchte, sie in etwas hineinzumanövrieren. Er gab vor, ihr die Führung zu überlassen, aber in Wirklichkeit hatte er die Zügel in der Hand. Was aber hatte er letztendlich vor?
Und was gab es für ihn dabei zu gewinnen? Er war nicht mehr in der Gesellschaft, und seine Uhr lief langsam ab. Warum war er mit ihr jetzt hier draußen zwischen den Sternen?
Es wollte ihr nicht gelingen, die Teile zu einem Bild zusammenzusetzen, das ihr sinnvoll erschien. Alles, was Old Pete getan hatte, war zu ihrem Nutzen gewesen. Warum hatte sie dann das Gefühl, daß sie ihm nicht trauen konnte? Warum kam es ihr immer so vor, als verstecke er etwas vor ihr? Und es stimmte. Obwohl er unzählige Male das Gegenteil behauptet hatte, wußte sie, daß er etwas vor ihr verbarg.
Der Autopsiebericht ihres Vaters war ein anderer Punkt, der sie beschäftigte: ein ganzer Abschnitt war unbeschrieben. Nichts, was zur Sache gehörte, fehlte – die Todesursache, eine tödliche Verletzung, hervorgerufen durch einen Ritualdolch der Vanek, war unbestreitbar –, aber dieser unbeschriebene Abschnitt wollte ihr keine Ruhe lassen. Old Pete hatte den Bericht erhalten, konnte sich aber die fehlende Passage nicht erklären. Früher oder später würde Jo schon den Grund dafür herausfinden. Es war nicht ihre Art, die Dinge einfach auf sich beruhen zu lassen. Genauso wie sie nicht die Hände in den Schoß legen und auf die Jahreszahlung aus dem Anteil ihres Vaters an IBA warten konnte.
Jo konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, wann sie beschlossen hatte, daß wieder ein Finch in IBA vertreten sein mußte – sie war damals wohl um die Fünfzehn gewesen –, aber mit der Zeit hatte sich der Gedanke zu einer Zwangsvorstellung entwickelt. Sie hatte die Geschichte der Gesellschaft studiert, ihre soliden Erfolge, ihre allgemein bekannten, oft riskanten Unternehmungen. Mit der Zeit wurde sie vertraut mit der Arbeitsweise der Gesellschaft, mit ihren Taktiken und Strategien. Nachdem sie alle geschriebenen und ungeschriebenen Geschichten über Joe Finchs Erfolge auf der Erde und auf anderen Planeten aufgespürt hatte, war Jo sinnlos vernarrt in ihren Großvater. Sie war erst sieben gewesen, als sein Gleiter abstürzte, und sie konnte sich nur vage an ihn als einen großen Mann erinnern, der immer ein Geschenk für sie gehabt hatte. Und je mehr sie über ihn erfuhr, desto größer wurde er für sie. Als sie dann in IBA eintrat, war er in ihrer Vorstellung so groß wie ein Riese.
Old Pete hingegen stand auf einem anderen Blatt. Sie wußte, daß IBA seine Theorien als Ausgangspunkt verwendet hatte und ohne ihn wahrscheinlich überhaupt nicht existiert hätte. Er war ein Bestandteil der Geschichte ihrer Gesellschaft. Und dafür bewunderte sie ihn, aber selbst die größte Bewunderung konnte nichts daran ändern, daß sie ihm die Schuld für die Abwesenheit ihres Vaters gab. Sie brauchte allerdings seine Hilfe, wenn sie ihre Pläne, IBA wieder unter die Aufsicht eines Finchs zu stellen, verwirklichen wollte.
Überraschenderweise war Old Pete mit ihr einverstanden gewesen. Nach einer langen Unterhaltung, während der er sie über die theoretischen und praktischen Aspekte der Arbeitsweise IBAs ausgefragt hatte und schließlich ziemlich beeindruckt von ihrem Wissen war, hatte er ihr nicht nur den Anteil ihres Vaters übergeben, sondern ihr auch die einstweilige Verfügungsgewalt über seinen Teil erteilt, als sie dann dem Direktorium gegenüberstand. Old Petes Verhaltensweise war ihr damals genauso befremdlich erschienen wie heute, aber sie hatte sich nicht mit ihm streiten wollen.
Das Direktorium – sieben
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