LaNague 02 - Mein Vater starb auf Jebinos
seinem Gewand hervor. In der Rechten hielt er eine gesprungene irdene Schüssel, in der linken eine wundervolle Schnitzerei, die einen Obstbaum in voller Blüte darstellte.
»Sie gehören dir«, sagte er mit zischender Stimme. Jo konnte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht genau lesen. Sie fand tiefen Respekt, aber auch eine Mischung aus Schmerz und Rachsucht.
Sie nahm die Geschenke und versuchte zu sprechen, brachte aber kein Wort heraus. Sie wußte, daß man diese Sachen ursprünglich ihrem Vater überreicht hatte, und sie in ihren Händen zu halten, brachte sie ihm plötzlich wieder sehr nahe.
»Der Böse ist nahe«, begann der Anführer. »Aber er wird dir nicht wieder Böses zufügen. Dafür werde ich sorgen.«
»Der Böse!« wiederholte Jo, die ihre Stimme wiedergefunden hatte. »Wer ist das? Wo kann ich ihn finden?«
»Räder in Rädern, Bendreth«, lautete die Antwort. Dann zogen sich die fünf Vanek ihre Kapuzen wieder über und verließen wortlos einer nach dem anderen das Zimmer. Von dem Zwischenfall völlig verwirrt stand Jo einfach mitten im Raum und sah zu, wie sie hinausgingen. Als schließlich die Tür ins Schloß fiel, schüttelte Jo ihre Benommenheit ab und eilte ihnen nach.
Die Halle war verlassen. Eine Krankenschwester bog um die Ecke, und Jo hielt sie an. »Wohin sind diese Vanek gegangen?« wollte sie wissen.
Die Schwester sah sie fragend an. »Vanek?«
»Ja. Gerade sind fünf von ihnen in Larry Easlys Zimmer gewesen.«
»Meine Liebe«, lachte sie, »ich arbeite schon ziemlich lange in diesem Krankenhaus, und mein Lebtag habe ich noch nicht einen Vanek in dieser Halle gesehen, geschweige denn fünf! Sie haben ihre eigene Medizin.« Sie runzelte einen Augenblick die Stirn. »Wo sie gerade davon sprechen, es sind vorhin tatsächlich eine ganze Reihe Vanek vor dem Krankenhaus gewesen. Vermutlich würde es ihnen gelingen, sich hereinzuschleichen, aber ich kann mir nicht vorstellen, warum sie das tun sollten.«
»Und was ist mit dem Zimmermonitor?« Jo hatte hoch an der Wand gegenüber dem Fußende ein Videogerät bemerkt. »Hat sie denn niemand auf dem Bildschirm gesehen?«
»Die Geräte sind nur auf das Bett des Patienten gerichtet«, erwiderte die Schwester unfreundlich. »Wenn Sie nichts dagegen haben, möchte ich jetzt wieder an meine Arbeit gehen.«
Jo nickte gedankenverloren und ging in Larrys Zimmer zurück. Sie stellte die Schüssel und die Schnitzerei auf den Nachttisch und zog einen Sessel neben das Bett. Sie hatte vor, hier die Nacht zu verbringen. Jo war müde, aber sie zweifelte daran, daß es ihr gelingen würde, einzuschlafen.
XV
DeBloise
Elson deBloise tippte Proskas Videophonnummer ein und wartete. Er rief aus einer öffentlichen Zelle an. In all den schrecklichen Jahren seiner Bekanntschaft mit Proska war dies erst das zweite Mal, daß er ihn anrief, und das folgende Gespräch wollte er nicht unbedingt über seinen Büroapparat führen. Nach den Ereignissen der letzten Tage konnte man nicht wissen, ob nicht vielleicht jemand das Gespräch abhörte.
Er wartete darauf, daß Proskas Gesicht erschien. Wie er dieses kleine Monster haßte und fürchtete! Wie sehr wünschte er sich, daß dieser Mann doch niemals in sein Büro gekommen wäre – war das wirklich schon siebzehn Jahre her? – und ihm angeboten hatte, Junior Finch ohne Anwendung von Gewalt oder Zwang aus dem Wege zu räumen. Hätte er doch nur nicht -
Auf dem Bildschirm erschienen jetzt Proskas grausame, verkniffene Züge.
»Sieh mal einer an!« Proska schien wirklich überrascht. »Wen haben wir denn hier? Einen bedeutenden Sektorenabgeordneten, der mich über mein armseliges Videophon anruft! Welch eine Ehre!«
»Hören Sie doch auf mit ihren lahmen Versuchen, den Humorvollen zu spielen. Es steht Ihnen nicht. Außerdem geht es mir im Augenblick um etwas Ernstes.«
»Ja?«
»Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen«, sagte deBloise und wartete aufmerksam auf Proskas Reaktion. Er würde jede Sekunde auskosten – nachdem er siebzehn Jahre lang jeden Hieb dieses Monsters wortlos hatte einstecken müssen, war jetzt endlich einmal er am Zuge.
Aber Proska verzog keine Miene. Nur sein Blick flackerte kaum merklich. Schweigend wartete er, bis deBloise gezwungen war, fortzufahren.
»Sie haben versagt. Die Kabine besaß eine Psi-Abschirmung, und von jemandem im Krankenhaus habe ich erfahren, daß der Detektiv, den Sie ausschalten sollten, noch vor morgen sein Bewußtsein wiedererlangen wird.«
»Detektiv? Sie
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