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LaNague 03 - Der Staatsfeind

LaNague 03 - Der Staatsfeind

Titel: LaNague 03 - Der Staatsfeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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vorausschauend gehandelt hatte, tat Salli nun etwas Kurzsichtiges. Statt die zehntausend Mark, die sie aufgenommen hatte, auszugeben, wie es die Robin-Hood-Nachrichten geraten hatten, hatte sie gezögert und nur die Hälfte ausgegeben. Den Rest versteckte sie in ihrem Apartment.
    Jetzt sah sie ihren Fehler ein – in den vergangenen Wochen waren sämtliche Preise um 1000 bis 2000 Prozent gestiegen. Lebensmittel und andere Produkte, die sie damals für fünf Mark hätte kaufen können – ein Preis, der ihr unverschämt hoch vorgekommen war –, kosteten inzwischen fünfzig oder sechzig Mark, und es gab genügend dankbare Abnehmer. Es war verrückt! Mit den viertausend Mark, die sie in ihrem Apartment versteckt hatte, hätte sie Waren im Wert von fünfzigtausend Mark ihres jetzigen Preises kaufen können. Sie verwünschte sich dafür, daß sie nicht den Rat von Robin Hood befolgt hatte. Jeder in Primus wußte jetzt aus eigener Erfahrung, daß er recht gehabt hatte. Niemand sparte noch Geld; man gab es aus, sobald man es in die Hand bekam. Das einzige, was noch weniger wert war als Geld, waren die Lebensmittelmarken … die Händler begannen zu lachen, wenn man sie ihnen anbot.
    Salli hatte Angst. Was würde geschehen, wenn ihr das Geld ausging? Sie hatte beim Projekt Perseus angerufen, aber dort hatte man ihr nur gesagt, daß man Vins andere fünfzehntausend nicht eher auszahlen könnte, bis er zurückgekehrt war. Sie zuckte mit den Schultern. Was waren heute noch fünfzehntausend Mark! Nichts!
    »Wollen Sie jetzt kaufen oder nicht?« fragte der Mann, dessen Blick ständig die Straße auf und ab schweifte. Er saß rittlings auf einer großen Geldkiste und taxierte jeden, der vorüberging.
    »Nehmen Sie auch etwas anderes?«
    Er runzelte die Stirn. »Gold, Silber, Platin, was Sie an Edelmetallen besitzen. Sie können es auf dem Markt gegen Geld eintauschen, oder Sie geben es mir, und ich gebe Ihnen eine entsprechende Summe dafür. Es kommt ganz darauf an, was Sie haben.«
    »Das – das habe ich nicht.« Sie wußte nicht, warum sie gefragt hatte. Im Grunde wollte sie kein Brot. Solches Brot wurde auf abgelegenen Farmen im Hinterland produziert, und es wurden keine Konservierungsmittel verwendet, weil man keine besaß. Solches Brot verdarb so schnell, daß es ganz sicher keine fünfzig Mark wert war.
    Er sah an ihr hoch, und sein Blick schien durch ihre Kleider zu dringen. »Machen Sie sich erst gar nicht die Mühe, mir etwas anderes anzubieten«, grinste er hämisch. »Solche Angebote bekomme ich jeden Tag mehr, als ich in meinem ganzen Leben schaffen könnte.«
    Salli fühlte, wie sie errötete und Tränen in ihre Augen stiegen. »Das habe ich nicht gemeint!«
    »Warum haben Sie dann gefragt?«
    Salli konnte nicht antworten. Sie hatte an ihre Zukunft gedacht – an die nahe Zukunft, wenn ihr das Geld ausgehen würde. Was sollte sie dann tun? Ihr Arbeitgeber hatte ihr gesagt, daß er ihr keine Lohnerhöhung geben konnte, weil sein Geschäft jetzt so schlecht ging, daß er genauso gut schließen und nach Hause gehen könnte.
    Als sie sich abwandte, rief ihr der Verkäufer etwas nach. »Hey, sehen Sie, ich muß auch eine Familie ernähren. Ich muß selbst aufs Land fliegen und das Brot dort abholen. Die Transportgewerkschaften arbeiten nicht, solange sie nicht mehr Geld bekommen, das wissen Sie doch auch.«
    Sicher, Salli wußte es. Man konnte es ja jeden Tag auf dem Videoschirm sehen – die Nachrichten waren voll von schlechten und noch schlechteren Neuigkeiten. Die Arbeitgeber waren nicht in der Lage, die Löhne schnell genug zu erhöhen, um den Angestellten ein Existenzminimum zu zahlen. Als Salli zurückschaute, mußte sie feststellen, daß der Brotverkäufer sie schon vergessen hatte und jetzt mit einem Mann verhandelte, der ihm frisches Gemüse anbot.
    Was sollte sie tun? Das Leben hatte sie nicht für eine solche Situation vorbereitet, und allmählich kam ihr zum Bewußtsein, daß sie nur für eine Rolle als Ehefrau und Mutter geeignet war. In dem Teilzeitjob, den sie im Moment hatte und den sie jeden Augenblick verlieren konnte, waren nur Grundkenntnisse in Mathematik erforderlich. Ihre ganze Kindheit hatte sie gelehrt, von Männern abhängig zu sein – von ihrem Vater, ihren Brüdern und dann von Vin. Das war auch alles schön und gut gewesen, jedenfalls bis jetzt, wo alles auseinanderfiel, und ihr Vater und ihre Brüder unerreichbar auf der anderen Seite des Planeten waren. Plötzlich war sie ganz auf sich

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