LaNague 03 - Der Staatsfeind
schwiegen, und endlich hatte Haworth ihre Aufmerksamkeit.
»Aber er gibt es doch zu!«
Haworth lächelte. »Schön: Ich gebe es auch zu, aber deshalb bin ich noch lange nicht Robin Hood. Jeder der sogenannten Geächteten Robin Hoods könnte sich freiwillig für ihn ausgeliefert haben. Denkt doch daran, wir haben nichts, wonach wir Robin Hood identifizieren könnten. Ich bin bereit, eine Wette darauf einzugehen, daß dieser Peter LaNague nicht Robin Hood ist. Und ich bin ebenfalls bereit, darauf zu wetten, daß uns dieser Mann nur zu Dummköpfen machen soll, daß die anderen uns dazu bringen wollen, ihn in der Öffentlichkeit zu verurteilen; und dann, kurz vor Ende der Verhandlung wird er mit irgendwelchen Beweisen kommen, die bestätigen, daß er zur Zeit der Überfälle noch nicht einmal auf Throne gewesen ist. Vergeßt nicht, daß wir keine Beweise für seine Identität haben. Wir können nicht einmal beweisen, daß er jemand mit Namen Peter LaNague ist, geschweige denn Robin Hood!«
Er beobachtete die Männer, die über seine Worte nachdachten. Er hatte seine Worte ruhig und mit Bedacht gewählt und versucht, seine innere Spannung zu verbergen. Er glaubte nicht ein Wort von dem, was er ihnen gesagt hatte, aber er wußte, daß es ihm irgendwie gelingen mußte, die öffentliche Verhandlung zu stoppen. Deshalb warf er den Ratsmitgliedern jeden Verdacht vor die Füße, der ihm gerade in den Kopf kam, alles, das dazu beitragen konnte, das Wasser zu trüben und die Ratsmitglieder zu verwirren. Er persönlich glaubte, daß der Mann, der sich Peter LaNague nannte, tatsächlich Robin Hood war, und genau aus diesem Grund wollte er ihn von der Öffentlichkeit fernhalten.
»Aber wir brauchen ihn als Robin Hood!« beharrte Metep in das Schweigen hinein. »Er muß einfach Robin Hood sein! Nur so können wir noch etwas retten!« Seine Stimme wurde wehleidig. »Durch die Verhandlung können wir die Aufmerksamkeit von uns ablenken. Die Unzufriedenheit wird sich auf die Erde und auf ihn richten. Das gibt uns Zeit -«
»Keine Verhandlung«, schüttelte Haworth den Kopf. »Verhört ihn im stillen, richtet ihn dann im geheimen hin und erklärt in der Öffentlichkeit, daß er aufgrund widersprüchlicher Beweismittel freigelassen wurde und die Suche nach Robin Hood weitergeht. Auch eine öffentliche Gerichtsverhandlung wird uns nicht vor Konsequenzen retten können.«
»Dann wären wir ja immer noch keinen Schritt weiter!« begehrte Metep mit zitternden Lippen auf. »Verstehst du denn nicht? Da draußen wird alles für eine Neuwahl vorbereitet, und wenn ich hinausgeworfen werde, dann geht ihr alle mit!«
»Du kannst aufgrund der Wirtschaftskrise den Ausnahmezustand verhängen«, schlug Haworth Metep vor, der hysterisch zu werden drohte. »Dann müssen sie die Neuwahlen zurückstellen.«
»Aber ich möchte nicht als der einzige Metep bekannt werden, der sich nur mit Hilfe seiner Soldaten auf seinem Posten halten konnte! Wenn mir kein anderer Ausweg bleibt, werde ich es natürlich tun. Aber die Verhandlung -«
»Die Verhandlung ist eine Falle!« Haworth war aufgesprungen und schleuderte den Anwesenden die Worte entgegen. Es erleichterte den Druck, der sich in ihm seit Meteps Anruf heute morgen aufgestaut hatte. Es war aber auch gleichzeitig seine letzte Zuflucht. »Geht es denn nicht in eure verdammten Schädel hinein, daß wir es hier mit einem Genie zu tun haben? Ich weiß mit Sicherheit, daß Robin Hood – wer immer es auch sein mag – für all das verantwortlich ist, was in letzter Zeit über uns hereingebrochen ist. Ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, ich weiß nicht, warum er es getan hat, und ich weiß auch nicht, welchen nächsten Schritt er plant, aber ich bin davon überzeugt, daß eine öffentliche Verhandlung genau das ist, was er von uns erwartet. Macht sie rückgängig! Überlaßt ihn ein paar Tage mir zum Verhör. Mit den richtigen Drogen werden wir ihn schon zum Sprechen bringen können, und dann werden wir alles wissen – vielleicht sogar, wer Robin Hood wirklich ist.«
Er legte eine Pause ein, um Atem zu holen, und beobachtete ihre unbewegten Mienen. »Seht mal … ich bin zu einem Kompromiß bereit: Wenn ich fertig bin mit ihm, dann könnt ihr euer Schauspiel mit ihm veranstalten, wenn ihr es bis dahin immer noch wollt. Aber überlaßt ihn zuerst mir!«
»Es muß gleich sein. Heute noch.« Aus Meteps Ton konnte Haworth schließen, daß sich der andere nicht überzeugen lassen wollte und würde.
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