LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
weiß, daß es sie gibt, aber solange sie sich nicht blicken lassen, braucht niemand sich mit ihnen zu beschäftigen.
Dann gibt es da auch noch die andere Möglichkeit, die andere Betrachtungsweise: Jemand hebt den Teppich hoch und sagt: He, was hat denn dieser Mist dort zu suchen?
Das muß aufhören!
Nun, sicher, klar. Jetzt, wo ich ernsthaft darüber nachdachte, ja, es sollte wirklich damit Schluß sein. Aber wer sollte damit anfangen? Nicht unbedingt ein harmloser Durchschnittskerl wie ich. Und ganz sicher nicht ein geflüchteter Klon wie Jean Harlow.
Das muß aufhören war mir nie in den Sinn gekommen, weil ich wußte, daß es niemals aufhören würde.
Und was man nicht ändern kann, das akzeptiert man.
Wenigstens hatte mir diese Strategie immer geholfen.
»Jetzt verursachen Sie nur ja keine unnütze Unruhe«, riet ich ihr. »Sie könnten dabei etwas abbekommen.«
Sie hob die Schultern. »Das Risiko gehe ich ein.«
Ich wies auf die Kinder, die in einiger Entfernung standen und uns anstarrten.
»Sie könnten etwas abbekommen.«
»Ich weiß.« Sie richtete diese großen Augen auf mich. »Helfen Sie mir?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Bitte, Sig.«
Sie hatte mich noch nie mit meinem Vornamen angesprochen.
»Mit all Ihren Kontakten und Beziehungen könnten Sie mir doch helfen, einen Weg zu finden, wie ich die Kinder von hier wegschaffen kann.«
Ich schüttelte erneut den Kopf. Ich wußte ganz genau, wenn ich mich in diese Sache hineinziehen ließe, dann könnte man mich langsam aber sicher für verrückt erklären.
»Nein, und nochmals nein. Wechseln wir das Thema.«
Sie betrachtete mich mit einem bedauernden Ausdruck. »Ich nehme an, Sie wollen die restliche Bezahlung dafür, daß Sie uns von diesen Kidnappern von NeuroNex befreit haben?«
»Wir sind quitt«, sagte ich. »Betrachten Sie es als einen Gefallen, den ich einem Freund getan habe.«
Sie lächelte. »Demnach bin ich ein Freund? Wie nett von Ihnen, das zu sagen.«
Das verblüffte mich. Der Freund, den ich gemeint hatte, war B.B., aber ich berichtigte sie nicht.
»Ich sollte lieber wieder zurückgehen«, sagte ich. »Gibt es von hier aus eine Abkürzung?«
»Nur wenn Sie B.B.s Größe haben.«
»Aber früher muß es doch viel mehr Eingänge und Ausgänge gegeben haben?«
»Natürlich, aber seitdem sind sie längst verschlossen und teilweise sogar zugebaut worden. Der nächste Eingang für Erwachsene ist der, den Sie benutzt haben, um herzukommen.«
»Bringen Sie mich raus?«
»Das wird B.B. tun. Leben Sie wohl, Mr. Dreyer.«
Sie wandte sich um und ging.
5
Seltsamerweise saß ich eine Woche später in meinem Büro, hatte die Beine auf den Tisch gelegt und dachte an Jean, fragte mich, was sie wohl mit all den Kindern anfangen würde, als B.B. hereingerannt kam. Seine Augen quollen ihm fast aus dem aschfahlen Gesicht.
»Haben sie! Wendy!«
Meine Innereien wurden nach links, dann nach rechts geschleudert, als ich meine Füße auf den Fußboden stellte und aufsprang.
»Wann? Wer hat sie?«
Was für ein kompletter Idiot war ich doch gewesen, nicht daran gedacht zu haben, was Spinner mir erzählt hatte, nämlich, daß er jeden meiner Schritte überwachen würde.
»Gelbe!«
Das stoppte mich abrupt.
»Du meinst M.-A.-Typen?«
Er nickte heftig. »Vier.«
Was fiel der Polizei der Megalops Authority ein, Jean zu verhaften?
»Wohin haben sie sie gebracht?«
»Weiß nicht!« B.B.s Gesicht verzerrte sich, und er fing wieder an zu plappern.
»He, kleiner Mann. Beruhige dich.«
Ihn zusammenbrechen zu sehen zerrte an meinen Nerven. Ich winkte ihn zu meinem Sessel und legte ihm einen Arm um die Schulter. Er sank gegen mich und schluchzte.
Ich sagte: »Ich werde herausfinden, was hier los ist. Wenn die Gelbjacken sie mitgenommen haben, dann wird sie wohl unten in der Pyramide sein. Wahrscheinlich ist alles ein großer Irrtum.«
Er schien durch diese Bemerkung Mut zu gewinnen. »Du denkst?«
»Sicher.«
Die dickste Lüge meines Lebens.
»Du holst Wendy raus, ja, Sig?«
»Ich tue mein Bestes.«
»Kannst es schaffen, Sig.«
»Ja.«
6
DIE VOLKSPYRAMIDE
JEDERZEIT FÜR JEDERMANN GEÖFFNET
Megalops Central ist tatsächlich eine Pyramide – keine Holo-Hülle. Sie ist echt und steht mitten auf einem großen Platz. Innen hohl, beherbergt sie sämtliche Büros der Regierung in den Außenflächen. Angeblich eine Sehenswürdigkeit, doch in Wirklichkeit eine kolossale Raumverschwendung. Ein goldenes
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