Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
LaNague 05 - Der Tery

LaNague 05 - Der Tery

Titel: LaNague 05 - Der Tery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
kam allein um die Biegung und trat in das Licht der qualmenden Fackel, die an der Wand befestigt war. Es war Dennel.
    Als der Jüngling am Fenster vorbeiging, sprang der Tery aus der Nische und kam hinter ihm mit einem ganz leisen Geräusch auf die Füße. Dennel wirbelte überrascht und voller Angst herum, dann erkannte er den Tery. Er starrte in die Finsternis, die sich jenseits des Fackellichts ausbreitete, und hielt Ausschau nach einem Wachposten oder einem Aufseher. Aber da war niemand.
    Er näherte sich dem Tery ganz langsam und vorsichtig – nicht, weil er Angst vor ihm gehabt hätte, sondern weil er das Tier nicht verjagen wollte.
    »Na, mein Junge, wie bist du denn entwischt?« sagte er mit einschmeichelnder Stimme. »Keine Sorge, ich will dir nichts antun. Ich bringe dich zu deiner Freundin.« Er kam immer näher und redete dabei beständig mit sanfter, beruhigender Stimme auf den Tery ein. »Du willst zu Adriel – sie ist es, die du suchst, stimmt’s? Sie ist da oben am Ende der Treppe, und du wirst sicher morgen zu ihr gelassen, wenn ich -«
    Die rechte Hand des Tery schoß vor und legte sich um Dennels Kehle, dann stellte er sich auf seine Hinterbeine und hob Dennel in die Luft.
    »Verräter!« krächzte er mit seiner rauhen Stimme. »Um dich zu retten, hast du deine Stammesgenossen verraten!« Er schüttelte ihn wie eine schlaffe Puppe.
    Dennel war unfähig, einen Laut auszustoßen. Selbst wenn ihm die riesige Hand des Tery nicht den Kehlkopf halb zerquetscht hätte, wäre er dennoch sprachlos vor Verblüffung über die zusammenhängende Rede, die von den Lippen eines Geschöpfes kam, das er für ein stumpfes Tier gehalten hatte, und aus Furcht vor der nackten Wut, die in den Augen dieses Tiers glomm.
    »Halte ihn nur ruhig«, sagte Rab und trat in den Lichtkreis. »Er ist ein Talent, und ich werde mich daher telepathisch mit ihm verständigen, um Zeit zu sparen.«
    Dennel starrte Rab mit flehentlichem Augenausdruck an, offensichtlich verzweifelt nach einer Möglichkeit suchend, sich aus dem Griff des Tery zu befreien. Aber Rabs Miene blieb steinern, bis er Antwort auf alle seine Fragen erhalten hatte.
    »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Laß ihn los, er wird uns zu dem Finder bringen.«
    Der Tery tat wie geheißen und beugte sich dann ungeduldig über Dennel, der nach Luft schnappend an der Wand lehnte und sich die Kehle massierte. Rab stieß ihn vorwärts.
    »Los jetzt! Es wird bald hell.«
    Dennel stieg zwei Stufen hoch, dann schlug er einen Haken und wollte die Treppen hinunterrennen. Der Tery erwischte einen Zipfel seines Umhangs und schwang ihn daran wieder in die Luft. Er wollte ihn eben auf die Steinstufen schmettern, als Rab seinen Arm festhielt und ihm mit dringlichem Geflüster Einhalt gebot.
    »Nicht! Laß ihn runter!« Er sah in Dennels vor Entsetzen geweitete Augen. »Er wird es nicht noch einmal versuchen, nicht wahr?«
    Dennel schüttelte den Kopf; er war jetzt voll und ganz überzeugt, daß er nicht schnell genug war, um dem Tery zu entkommen.
    Rab blickte den Tery forschend an, als dieser Dennel wieder auf die Füße stellte. »Du machst mir Angst, mein Freund.«
    »Du hast nichts von mir zu fürchten«, brachte der Tery in einem rauhen Geflüster vor. »Nur der Hauptmann Genthren und alle, die Adriel etwas antun, müssen mich fürchten.« Er stieß Dennel in ihre Mitte und deutete nach oben. »Führe uns.«
    Rab hielt einen Moment inne, bevor er weiterstieg, und sagte: »Ich glaube, ich wüßte jetzt, daß du ein Mensch bist, selbst wenn ich jene alten Bücher nicht gefunden hätte. Seitdem wir diesen Turm betreten haben, hast du Geschicklichkeit, List, Treue und Empörung über Verrat gezeigt. Was auch geschehen mag, mein Freund, du bist genauso menschlich wie ich …«
    Der Tery sann schweigend über diese Worte nach, während sie ein gründlich eingeschüchterter Dennel die Treppe nach oben führte. Der Tery folgte ihm geistesabwesend und versuchte, die wild durcheinanderschießenden Gedanken in seinem Kopf zu ordnen. War es möglich, daß Rab recht hatte? War er am Ende doch ein richtiger Mensch? War diese Annahme wirklich so absurd? Als er an sein Leben bei den Psi-Leuten zurückdachte, wurde ihm klar, daß er ihre Gesellschaft wie selbstverständlich und mit Behagen akzeptiert hatte, obwohl er nie zuvor engen Kontakt zu Menschen gehabt hatte. Er hatte sich nicht nur bei ihnen heimisch gefühlt, er fühlte sich nach der ersten Trennung sogar wieder zu ihnen

Weitere Kostenlose Bücher