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LaNague 05 - Der Tery

LaNague 05 - Der Tery

Titel: LaNague 05 - Der Tery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Loch eingesperrt ist, dann fängt man schon an, ein wenig verrückt auszusehen, und«, er senkte für einen Moment die Stimme, als ob er zu sich selbst spräche, »vielleicht fühlt man sich manchmal sogar etwas verrückt, aber«, und hier hob sich seine Stimme wieder, »ich versichere dir, ich bin es nicht! Und ich versichere dir außerdem, daß du genauso menschlich bist, wie ich selbst.«
    Der Tery schnaubte verächtlich. »Treibe nicht dein Spiel mit mir. Ich mag kein Mensch sein, aber ich bin auch kein Narr.«
    »Aber du bist ein Mensch!«
    »Ich weiß genau, was ich bin: Ich bin ein Tery, ein Produkt der Großen Krankheit.«
    »Und ich bin ein Ketzer, weil ich weiß, daß das nicht stimmt!« rief Rab, dann mäßigte er seinen Ton. »Setz dich hier hin und laß mich dir erzählen, was ich herausgefunden habe. Es wird dir schwerfallen, mir zu glauben, weil es allem widerspricht, was man dir seit deiner Geburt beigebracht hat. Aber ich kann es beweisen – das heißt, ich könnte es, wenn ich meine Bücher hätte. Setz dich. Wir haben viel Zeit.«
    Zögernd folgte der Tery und ließ sich auf dem feuchten, strohbedeckten Boden nieder. Er hatte versucht, die Tür zu öffnen und erkannt, daß sie sogar seinen Kräften widerstand. Die Unterhaltung zwischen Dennel und dem Hauptmann, die er mit angehört hatte, hatte seine Befürchtungen, daß Adriel in unmittelbarer Lebensgefahr schwebe, beschwichtigt … und vielleicht konnte ihm dieses verwirrte menschliche Wesen sogar helfen, wenn er ihm gut zuredete.
    »Es fängt damit an«, begann Rab, »daß ich seit meiner frühen Jugend den Verdacht hatte, der Tery sei gar nicht das durch Mutation zum Tier degenerierte Geschöpf, als das unsere Überlieferung ihn hinstellte. Das heißt, ich vermutete es nicht nur, ich wußte es!«
    »Wie konntest du das ›wissen‹?«
    »Lassen wir das. Für den Augenblick mag dir mein Wort genügen. Ich wurde als Gelehrter am Hofe Oberlord Mekks erzogen und hatte das erforderliche Wissen und genug Zeit, um die Vergangenheit zu durchforschen. Ich fand sehr alte Manuskripte aus der Epoche der Großen Krankheit. Unsere Sprache hat sich seit jenen Zeiten sehr verändert, aber es gelang mir, die alten Schriften zu entziffern. Ich fand in ihnen zahlreiche Hinweise auf eine Gruppe von Menschen, welche ›die Gestalter‹ genannt wurden. Wer sie genau waren, und was sie taten, ist nirgends erklärt. Offenbar wurde es als selbstverständlich vorausgesetzt, daß der Leser Bescheid wußte.
    All das stachelte meine Neugierde an, und so suchte ich weiter tief in den Höhlen und verfallenen Gemäuern, die Mekks Festung umgeben. In einem von ihnen stieß ich durch Zufall auf einige uralte Bücher. Sie sahen anders aus als alle, die ich zuvor gesehen hatte … noch wunderbar erhalten … die Schriftzeichen in hauchdünne Metalltäfelchen eingeritzt … fünf Bände …«
    Seine Stimme verlor sich, als er in der Erinnerung noch einmal sein Finderglück durchlebte; die Ekstase des Gelehrten ließ für einen Moment sein von schmutzigem, verfilztem Haar bedecktes Gesicht aufleuchten. Dann kehrte er zur Gegenwart zurück und nahm den Faden wieder auf.
    »Ja … fünf Bände. Vor ein paar Monaten hatte ich die Übersetzung der ersten vier abgeschlossen und war so aufgeregt über das, was darinstand, daß ich zu Mekk höchstpersönlich lief, um es ihm zu erzählen.«
    Er hielt einen Moment inne und lächelte grimmig. »Das war so dumm von mir, daß ich es allein deswegen verdiene, wenn man mich den ›Verrückten Rab‹ nennt. Natürlich drang ich gar nicht bis zu Mekk vor. Seitdem die Priester der Wahren Gestalt seine Berater geworden sind, bekommt keiner mehr den Oberlord zu sehen. Ich wurde an einen der Oberpriester verwiesen und hätte spätestens da Verstand genug haben sollen, meinen Mund zu halten. Aber nein! Der Verrückte Rab mußte unbedingt seine gesamte Übersetzung vorlegen! Ich war so überwältigt von meinen Entdeckungen, daß ich keinen Augenblick überlegte, welche Bedrohung sie für den Kult der Wahren Gestalt und seine politische Machtposition bedeuten mußten.
    Ja, ich habe einige unglaubliche Dinge aus diesen Büchern gelernt. Ich erfuhr zum Beispiel, daß wir nur eine winzige Kolonie einer größeren Rasse sind, daß unsere Vorfahren aus dem Himmel kamen und daß es auf der anderen Seite des Himmels Hunderte von Ansiedlungen anderer menschlicher Lebewesen gibt. Es klingt völlig verrückt, ich weiß, aber diese Bücher existieren, und sie sind

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