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Land der Erinnerung

Land der Erinnerung

Titel: Land der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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ausübt, entspringt aus der geglückten Verschmelzung von innerer und äußerer Landschaft. Die Aura des Wunderbaren, die es umgibt und ihm seinen Reiz und seine Strenge verleiht, erwächst der Verbindung von Traum und Wirklichkeit. Die Gegend der Sologne, in der der Autor geboren wurde und die besten Jahre seiner Jugend verbrachte, ist der Schauplatz, durch den er uns wie im Traume führt. Die Gegend ist bekannt für ihren milden, ausgewogenen und unaufdringlichen Charakter; es ist eine Gegend, die «jahrhundertelang humanisiert» wurde, wie es ein französischer Schriftsteller ausdrückt. Wie überaus geeignet daher, Traum und Sehnsucht zu wecken!
    Seit dem Tage seines Erscheinens vielerorts begrüßt, fand dieser kleine Klassiker hier in Amerika nur ein bescheidenes Echo. Und doch ist das Buch genau von der Art, die unter Amerikanern verbreitet werden sollte. Es ist durch und durch französisch, jedoch auf eine Weise, die Fremde oft nicht schätzen. In einem Brief an seinen Freund Jacques Rivière, geschrieben 1906, spricht der Autor über das ästhetische Problem, mit dem er damals rang und dessen Lösung er beim Schreiben von ‹Der Große Kamerad› auf so bewundernswerte Weise gefunden hat. «Mon credo en art et en littérature est l'enfance. Arriver à la rendre sans aucune puérilité, avec sa profondeur qui touche les mystères. Mon livre futur sera peut-être un perpétuel va-et-vient insensible du rêve à la réalité: ‹rêve› entendu comme l’immense et imprécise vie enfantine planant au-dessus de l'autre et sans cesse mise en rumeur par les échos de Vautre.»
    Alain-Fournier ist zwar keiner der großen französischen Schriftsteller, aber er ist einer, der, wenn auch die Zeit sich geändert hat, dem französischen Herzen immer lieber wird. Er ist, wie Peguy auch, einer von denen, die uns erkennen lassen, was wirklich französisch ist. Aus ihm spricht die Stimme Frankreichs stark und klar. Es ist noch einmal «la douce France» , das milde, weise, duldsame Frankreich, das sich nur denen offenbart, denen es vergönnt ist, mit ihm auf vertrautem Fuß zu leben.
    Es ist eine verbreitete Redensart, daß in Frankreich die Kinder alt geboren werden. Das Ungestüm und die Ausgelassenheit der Jugend ist kurzlebig. Verantwortungen werden auf die Schultern geladen, noch ehe man die Flegeljahre hinter sich gebracht hat. Die Folge ist die Kultivierung des Spieltriebs. Das Kind wird geliebt, der Weise geachtet, die Toten werden geehrt. Die Kunst aber durchdringt alle Lebensbereiche, vom Heiligtum bis zur Küche. Um den Geist Frankreichs zu ergründen, muß man seine Kunst studieren; dort zeigt er sich unverhüllt.
    Kaum war der Krieg beendet und die Verbindung wiederhergestellt, da hörten wir von der mutigen Beharrlichkeit der Künstler. Beinahe das erste, was Frankreich von der Außenwelt verlangte, waren Bücher - Bücher und Druckpapier. Während des ganzen Krieges hatten seine großen Maler ihre Arbeit fortgesetzt. Die älteren zeigten eine geradlinige Entwicklung und eine erstaunliche Entfaltung, bedenkt man ihre Isolierung. Die Schrecken des Krieges hatten den Geist der Künstler nicht aufgerieben, sondern vertieft. Sowohl jene, die geflohen, als auch die, die zurückgeblieben waren, hatten etwas Neues und Kraftvolles aus den Jahren der Niederlage und Demütigung vorzuweisen. Ist das nicht das Zeichen eines unbesiegbaren Geistes? Die Feinde Frankreichs hätten es zweifellos lieber gesehen, wenn seine Künstler bis zum letzten Mann gestorben wären. Für sie riecht dieses Bild einer stillen, beharrlichen Hingabe an die Kunst nach Feigheit und Resignation. Wie kann ein Mensch weiterhin Blumen oder Ungeheuer malen, wenn der Absatz des Eroberers seinem Land im Nacken steht, so fragen sie. Die Frage beantwortet sich selbst. Sie haben keine «Blumen oder Ungeheuer» gemalt! Sie malten die Erfahrungen, die ihre Seele aufgezeichnet hatte. Sie formten Schmerz und Brutalität in Symbole der Schönheit und Weisheit um. Sie überlieferten oder restaurierten, wenn man will, das getreue Abbild des Lebens, das von den Sinnlosigkeiten und Schrecken des Krieges verdunkelt wurde. Während sich die Maginotlinie als eine illusorische Verteidigung gegen den Eindringling erwies, enthüllte der Geist der französischen Künstler etwas weit Dauerhafteres. Die Besessenheit von der Schönheit, der Ordnung, der Klarheit - und warum sollte ich nicht hinzufügen ‹der Mildtätigkeit›? -, das ist es, was dem Geist der Schöpfung,

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