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Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Obergeschoss zurückzog. Er legte das Walkie-Talkie auf dem Tresen ab. Was ich vom Sprechverkehr mitbekam, hörte sich wie Polizeifunk auf Afrikaans an.
    „Wie Marius schon angedeutet hat.“, kam Wishbone seinem Auftrag nach, „.war die Farm mal ein wichtiger Stützpunkt für uns, so eine Art Widerstandsnest. Doch die Zeiten haben sich geändert, und wir halten uns nur noch selten hier auf.“
    „Widerstand gegen was?“ Ich hörte einige der Männer im Flur und auf der Kellertreppe. Sie holten sich wohl Getränke.
    „Möchten Sie auch noch was zu trinken? Ein Bier?“ „Danke. Im Moment nicht.“
    Wishbone akzeptierte und besann sich auf meine Frage.
Kapitel 20
    Bertrand und seine Leute - und das waren nicht nur diejenigen, die ihn im Augenblick umgaben, und es handelte sich zudem nicht nur um Männer - hatten eine gemeinsame Vergangenheit.
    Alle waren bereits vor dem Ende der Apartheid militant tätig gewesen. Die einen für die alte Regierung, die anderen für die neue. Handwerklich war damit kein großer Unterschied verbunden gewesen, und deshalb hatten sie alle, auf die eine oder andere Weise ihre Leichen im Keller. Wishbone drückte es zwar nicht so aus, aber es war mir klar genug. Sie hatten alleine oder in Gruppen gegen den politischen Gegner operiert. Desinformationskampagnen. Waffenschmuggel. Politischer Mord. Beide Lager hatten dafür ihre verdeckten Propagandaeinheiten, ihre im Verborgenen tätigen Kolonnen für die Drecksarbeit und ihre Auftragskiller im Untergrund.
    Die von der einen Seite waren für die Befreiungsbewegungen tätig gewesen, also für den ANC, den African National Congress oder für die SWAPO, die South West African Peoples’ Organisation. Stan Wishbone hatte Umkhonto we Sizwe, auch kurz MK genannt, dem militärischen Arm des ANC, angehört. Er hatte auf das richtige Pferd gesetzt. Nelson Mandelas Partei war als politischer Sieger aus dem Machtkampf hervorgegangen und an der Regierung.
    Die der anderen Seite hatten es für das rassistische Regime getan, meist für das berüchtigte 32 Buffalo Battalion der Spezialkräfte oder für das CCB, das Civil Cooperation Bureau, den zivilen Arm des militärischen Geheimdienstes, für den auch Marius Bertrand gearbeitet hatte. Damit hatte er auf das falsche Pferd gesetzt. Ob er dadurch auch zu den Verlierern gehörte, war eine ganz andere Frage.
    Vieles von dem, was Wishbone mir erzählte, war mir nicht neu. Die Arbeitsergebnisse der Truth and Reconciliation Commission, auch kurz TRC genannt, die Nelson Mandela nach dem Machtwechsel ins Leben gerufen hatte, waren weltweit bekannt. Was die Kommission für Wahrheit und Aussöhnung ans Licht gebracht hatte, sprach für sich. Natürlich hatte ich von einem Mann wie Wouter Basson, dem legendären „Doctor Death“, gehört, dem Mengele der Apartheid, und den perversen Erfindungen, mit denen die Agenten der weißen Herren auf Widersacher losgegangen waren. Auch die Gräueltaten im Namen des ANC waren mir keinesfalls unbekannt. Sie sahen sich alle und immer als die guten Feuerwehrmänner, egal auf welcher Seite sie standen. Ich war nie in ihre Aktivitäten verwickelt gewesen, noch hatte ich deren Folgen am eigenen Leib gespürt. Doch so, wie die Dinge im Moment lagen, war es damit wohl vorbei.
    Wishbone schaute auf die Uhr. „Die beiden haben wohl einiges nachzuholen“, sagte er mit einem genervten Blick zur Decke.
    Es war nicht das Doppelbett, das die Geräusche verursachte. Ich sah es noch genau vor mir, aus Eisenbahnschwellen gezimmert, schwer und bewegungslos. Es war Rena, die diese Laute von sich gab. Es waren sehr prägnante Töne. Lustvoll, hemmungslos, echt.
    Wishbone hatte Mühe, die Hintergrundgeräusche auszublenden und sich auf sein Thema zu konzentrieren. Er sah mich an, als habe er den Faden verloren und überlege, ob er ihn unter diesen Umständen überhaupt wieder aufnehmen wolle. Auch mir ging die Wiedersehensorgie mit jeder Minute mehr auf die Nerven. Die Liebesarie aus dem oberen
    Stockwerk, das perverse Großwildjäger-Ambiente und die Hitze, die durch die geöffneten Fenster kroch und schwer im Raum hing, brachten mich zum Schwitzen. Ich betrachtete die perverse Lampe mit dem Häkeldeckchenschirm und dem Elefantenrüssel und hatte Visionen von nackten Körpern, die sich in goldfarbenen Satinlaken wälzten.
    Verlor ich den Überblick?
    „Kommen Sie.“ Wishbone nahm das Sprechfunkgerät und eilte voraus.
    Ich folgte ihm zur Kellertreppe. Im Flur war das Geschehen im

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