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Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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kommandierte mich an das Büro für Zivile Zusammenarbeit ab. Die internationale Ächtung und der dadurch bedingte Mangel an Botschaften zwang die damaligen Machthaber, sich etwas anderes einfallen zu lassen, um ihre Geheimdienstler strategisch zu platzieren: Verlage, Handelshäuser, alles was dazu geeignet war. Mit meinem Stammbaum aus Windhoek gab ich auch in Europa weiter brav meine sorgfältig aufgebaute Rolle als S WAPO Verbindungsmann und suchte und fand auch dort die Nähe zum ANC.“
    „Sie waren also so etwas wie ein Doppelagent.“
    „Na ja, wenn man so will. Aber viel haben die auf der anderen Seite nicht von mir gehabt. Jedenfalls kam Timmy dabei ins Spiel. Der ANC hatte ihn schon früh rekrutiert. Wir saßen in den achtziger Jahren in Hamburg wie die Maden im Speck, gingen auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein und aus. Vierundachtzig feierten wir gemeinsam mit besoffenen Deutschen den Friedensnobelpreis für Erzbischof Desmond Tutu. Wir schöpften beide erneut Hoffnung. Timmy wegen der internationalen Ohrfeige für Präsident Bothas Politik. Ich weil das Regime in Pretoria als Antwort darauf hier zu Lande noch mal die Daumenschrauben anzog und die staatlichen Repressionen verstärkte.“
    Dezent unterdrückte er ein Rülpsen.
    „Wie dem auch sei - Timmy und ich waren jedenfalls bescheiden und an unserer politischen Sache orientiert. Obwohl der gute Timmy damals noch nicht ahnte, dass die meine eine andere war. Damals habe ich übrigens auch Doktor Stamm kennen gelernt, der viel von Ihnen zu halten scheint.“
    Warum ich in diesem Augenblick ausgerechnet den Warzenschweinhauer anstarrte, weiß ich nicht. Rein akustisch nahm ich Bertrands letzten Satz vollständig wahr. Was die Bedeutung anging - ganz besonders des Wortes Doktor -benötigte ich einige Sekunden, bevor mir klar wurde: Mein Gegenüber sprach ganz offensichtlich nicht von seinem Hausarzt. Ein Blick in Bertrands Gesicht nahm mir auch den letzten Rest Hoffnung, ich könne mich verhört haben. Er hatte mir mit einem einzigen Hieb das Ruder aus der Hand geschlagen, und ich kam mir auf einmal wie jener greise Freizeitkapitän im Havelparadies vor, der die Kontrolle über seine Motorjacht verlor und Poller und Steg rammte. Das Kläffen des Pekinesen und Stamms Worte gellten mir ins Ohr.
    Außerdem trinken Sie doch gerne Wein. Da ist ihr Einsatzgebiet doch nahezu ein Urlaubziel! Helm!
    Die Frage, die Stamms eher beiläufige Anmerkung schon in Nieder Neuendorf für mich aufgeworfen hatte, war ganz richtig gewesen.
    Woher kannte der Mann meine Trinkgewohnheiten?
    Und auch der Schluss, den man mangels Antwort daraus ziehen konnte, war korrekt.
    Vorsicht war geboten!
    Jetzt hatte ich meine Antworten. Und vorsichtig genug war ich wohl nicht gewesen. Falls Marius Bertrand besonderen Gefallen daran fand, mich getroffen zu sehen, so ließ er es sich nicht anmerken. Er verabreichte mir lediglich eine wichtige Information unter vielen - nicht mehr, nicht weniger.
    „Jedenfalls hatte ich während der Zeit in Hamburg genügend Muße, lohnende Ziele auszuspähen“, fuhr er fort. „Und als mir nach dem Machtwechsel in Südafrika klar wurde, dass das Geld auch hier zu Lande nicht auf den Bäumen wächst - vor allem nicht für Zwecke, die politisch nicht korrekt sind, wie man es heutzutage heuchlerisch auszudrücken pflegt - kamen mir meine deutschen Erfahrungen ganz gelegen. Ich machte einen Plan und brauchte nur noch ein paar gute Männer. Das war nicht schwer. Auch nach dem Wechsel von Weiß auf Schwarz gab und gibt es genug Unzufriedene auf beiden Seiten. Nicht nur die Gruppierungen, die andauernd durch die Weltpresse gehen und sich schon mit den jetzigen Machthabern arrangiert haben.“ Er gönnte sich ein abfälliges Lachen, als sage dies mehr als jeder politische Exkurs.
    Ich betrachtete die Schilde und Speere, die die Feuerstelle flankierten. Die Zulus der konservativen Inkatha waren nicht die einzigen, die den ANC nicht sonderlich liebten.
    „Tim und einige seiner Genossen wollten das Geld aus der Geiselnahme für ihren erneuten Widerstand verwenden. Diesmal gegen die neuen schwarzen Kapitalisten, wie sie sich gerne ausdrückten. Ich ließ sie im Glauben, mich würden ähnliche Motive treiben, und habe ihnen einen nicht unbeträchtlichen Anteil an der Beute überlassen. Als kleine Spende für ihre Utopien. Was ich mit meinem Geld vorhatte, ging keinen was an.“
    „Und was hatten Sie vor?“
    „Timmy und seine Leute haben mir später unterstellt,

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