Land der guten Hoffnung
lange nach einem Billigticket zu suchen oder gar mit eurem Bus hinzufahren.“
Da Desmond bei unserem Eintreffen bereits geschäftlich unterwegs gewesen war, hatte Elizabeth Markham persönlich eines der wenigen Hotelzimmer für Rena abgezweigt.
Zwar hatte die alte Dame meine Begleitung wie eine streunende Katze gemustert, da jedoch alle Beteiligten die Form wahrten, war ihre anfängliche Strenge in Fürsorge umgeschlagen. Gewisse Parallelen zwischen Lady Markham und Doc waren nicht zu übersehen. Ob die gute Liz auch einen Spitznamen hatte? Wenn ja, dann hätte Countess gut gepasst.
Das nervende Warten war für Rena nicht leicht zu ertragen. Sie war von der Angst gezeichnet, Bertrand könne sich nicht an die Bedenkzeit halten, die er ihr eingeräumt hatte. Um uns abzulenken, fuhren wir in meinem Wagen nach Paarl hinunter und sahen uns die Stadt an. Die Hitze war enorm, doch der Tag war klar und trocken. Nach all den Weinfarmen, Restaurants und ländlichen Idyllen fielen mir besonders die Bankfilialen ins Auge, die Eerste Nasionale, die New Standard, die Volkskas und Boland. Seit Kapstadt hatte ich mich meist am Rande des Alltäglichen bewegt. Doch in diesen Straßen sprach man neben Afrikaans und Englisch auch Xhosa, Zulu und Shona oder irgendeine andere der offiziellen Landessprachen. Und dem Mann auf der Straße war eine Flasche Schnaps der Marke Golden Mustang vertrauter als der billigste Massenwein.
„Hast du deiner Tochter erzählt, warum du unterwegs bist?“ fragte ich Rena, als wir am späten Nachmittag von einem Abstecher zum nahe gelegenen Wellington zurückkamen.
„Nein. Natürlich nicht! Ich konnte doch nicht wissen, ob ich überhaupt erfolgreich bin“, antwortete sie leise.
Erfolgreich. Was für ein Wort in Anbetracht der Lage. Aber wenigstens das mit Conny hatte sie richtig gemacht. Ihr Instinkt als Mutter war besser, als der, den sie als Bertrands Geliebte an den Tag legte.
„Conny ist mein Leben. Wirklich! Auch wenn du es vielleicht nicht glaubst.“
Ich glaubte ihr.
„Sie ist ein Schatz. Und so hübsch.“ Rena lächelte mich an, als sei soeben die Sonne aufgegangen.
„Ganz die Mutter.“
„Und sie ist clever.“ Sie schwieg einen Augenblick. „Ich glaube allerdings, das hat sie eher von meinem Vater.“ Sie versuchte es mit einem Lachen.
Wir setzten uns in eine schattige Ecke hinter dem Haus und sahen den Frauen und Männern zu, die zwischen den Rebstöcken ihrem Tagewerk nachgingen. Lachen und Gesang klangen zu uns herüber.
„Wo wir gerade bei clever sind“, sagte ich, „.mir leuchtet nach wie vor nicht ganz ein, warum damals offenbar niemand eine Geburt, die neun Monate nach der Geiselnahme stattfand, in Zusammenhang mit der Tat brachte. Oder war eindeutig bewiesen, dass alle Mitglieder der Bande Schwarze waren?“ „Bewiesen war das nicht. Aber nachdem ich den Anführer zum Schwarzen erklärt hatte, hat man sich auch keine großen Gedanken mehr darüber gemacht, ob Weiße unter seinem Kommando agiert hatten. Außerdem musste ich mich gar nicht auf diese oder jene Schlussfolgerung verlassen.“
„Und wieso?“
„Conny war eine heikle Frühgeburt, und ich habe meinem Vater verkauft, schon vor der Entführung schwanger gewesen zu sein. Die Vermutung, der Stress der Geiselnahme habe die komplizierte Entbindung verursacht und das Leben seiner Tochter und seines Enkelkindes zusätzlich in Gefahr gebracht, steigerte den Zorn meines Vaters auf die Täter noch einmal beträchtlich.“ Sie stand auf. „Komm, lass uns noch ein Stück gehen. Das Licht ist jetzt so schön.“
Sie hatte Recht. Die Weinberge dämmerten in matten Pastellfarben dahin, und eine kühle Brise kündete den Abend an.
Kapitel 28
Am darauf folgenden Nachmittag meldete Doc sich aus Sacrow.
Conny spielte bereits mit den Kindern im Garten. Nur vor Lucy hatte sie noch einen Heidenrespekt. Ansonsten keine Komplikationen. Selbst der Nebel in London war Doc nicht in die Quere gekommen. Nur eine kleine Verspätung. Nicht der Rede wert. Übrigens recht ansehnlich dieses Kent. Tunbridge Wells war ganz nach ihrem Geschmack gewesen. Überall endlose Hecken entlang der Straßen. Und dann Emmy und Ted Symons. Nette Leute, die man womöglich mal im Urlaub besuchen konnte.
„Ich habe das Gefühl“, fuhr Doc fort, „das Mädchen war meistens unter Erwachsenen, und die waren nicht solche Freaks wie wir. Ich meine: Gänsehaus im Garten, ein sprechender Papagei und all der Schnickschnack. Aber Zirkus ist immer gut
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