Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
Scheinwerferlicht.
    „Ich will nicht noch eins verlieren.“
    Es hörte sich müde und resigniert an, und ich versuchte, mir ohne eine dumme Frage einen Reim darauf zu machen. Doch bevor ich spekulieren musste, redete sie weiter.
    „Ich habe mein erstes Kind abgetrieben.“
    „Warum?“
    „Ich war jung. Ich war überfordert. Was weiß ich.“
    „Was ist mit dem Vater?“
    „Er hat mich im Stich gelassen, ist einfach abgehauen.“
    Was sollte ich dazu sagen? Rena Carsten hatte offenbar kein gutes Händchen bei der Auswahl ihrer Männer. Ich warf ihr einen Blick zu. Doch sie hatte die Augen wieder geschlossen und suchte erneut den Schlaf. Als ich zurück auf die Straße schaute, bemerkte ich ein Licht, das schwach im Innenspiegel aufblitzte. Es war noch weit entfernt, und beim Blick in den Seitenspiegel verschwand es hinter einem Hügel. Wenig später war es wieder da, diesmal näher. Der fremde Wagen holte beständig auf, bis seine Scheinwerfer den Innenraum meines Wagens erhellten. So schnell, wie er mich eingeholt hatte, erwartete ich ein Überholmanöver, aber er hielt sich mit gleich bleibendem Abstand hinter mir.
    Hatte ich doch einen Verfolger, den ich bislang übersehen hatte? Es bereitete mir schon genug Mühe, die gesuchte Abfahrt in der öden Weite nicht zu übersehen. Verpasste ich die Stelle, wurde es schwierig. Ich nahm das Gas etwas zurück, konnte den Fahrer jedoch nicht animieren, vorbeizuziehen. Vielleicht war er auch nur vorsichtig. Die Landstraße war zwar gut ausgebaut, aber nicht sehr breit. Ich hielt mich näher am Seitenrand - ebenfalls ohne Erfolg. Auch das musste keine Bedeutung haben. Womöglich hörte er sich gerade etwas Interessantes im Autoradio an, oder er war froh, sich in meinem Windschatten weniger auf die nächtliche Fahrbahn konzentrieren zu müssen.
    Nach einer Viertelstunde nervöser Vermutungen über die Bedeutung des Ganzen, nutzte mein vermeintlicher Verfolger endlich eine lange Steigung, um mich zügig zu überholen und davonzuziehen, bis seine Rücklichter nicht mehr zu erkennen waren.
    Nur fünf Minuten später erreichte ich die gesuchte Staubpiste, die fast unmerklich vom Asphalt abzweigte.
    Ich schaltete die Scheinwerfer aus und öffnete die Seitenscheibe einen Spalt breit. Ich konnte nicht gleichzeitig die holprige Piste im Auge behalten und den Himmel nach Positionslichtern absuchen. Wenn eine Luftpatrouille unterwegs war, wollte ich sie rechtzeitig hören. Behutsam steuerte ich den Wagen durch die flachen Mulden des Geländes, bis sich vor mir die weitläufige Senke im Mondlicht auftat. Baumgruppe und Farmgebäude hoben sich scharf wie ein Scherenschnitt vom Nachthimmel ab, der hier draußen sehr viel heller wirkte.
    Wie ich vermutet hatte, war das Anwesen völlig verlassen und nur von den abweisenden Dornbüschen und den stacheligen Akazienbäumen bewacht. Ich fuhr zum Wirtschaftshof hinter dem Hauptgebäude, stellte den Motor ab und stieg aus. Rena blieb wie benommen auf dem Beifahrersitz hocken.
    War es auf der Passhöhe von Franschhoek noch eisig kalt gewesen, so herrschte hier im Farmland nur noch angenehme Kühle. Die allumfassende Ruhe, die über dem Land lag, beeindruckte mich zunehmend. Das Geräusch meiner Schritte war unnötiger Lärm, mit dem ich gegen den Kodex einer Welt verstieß, in der ich unerwünscht zu sein schien. Der sperrige Schrott von Dreschmaschine, Trecker, Pflug und Egge im Halbschatten zwischen Ställen und Scheune erinnerte an ein ausgebranntes Panzerwrack aus einem Bürgerkrieg.
    Ich rüttelte an der Tür zum Küchentrakt - nicht, weil ich erwartete, sie unverschlossen vorzufinden, sondern um ein Gefühl für den Aufwand zu bekommen, mit dem man sie aufbrechen musste. Sie war robust und saß fest in Schloss und Angeln. Ich musterte die Hausfront. Fenster und alle intakten Läden waren geschlossen. Ich ging um das Gebäude zum Haupteingang und suchte mir eines der Fenster zum Großwildjägerzimmer aus. Der Fensterladen hing bereits weit offen in den Scharnieren, und ein locker sitzender Ziegel aus dem Hofbelag half mir, die Scheibe einzuschlagen.
    Das laute Splittern des Glases lockte Rena an. Sie blieb neben mir stehen, umarmte sich fröstelnd und sah zu, wie ich die Zacken aus dem Rahmen entfernte, den Griff umdrehte und die Fensterflügel aufstieß. Mit einer auffordernden Geste verschränkte ich die Hände in Tritthöhe und half ihr beim Einstieg. Dann zog ich mich selber aufs Fensterbrett.
Kapitel 29
    Es war, als seien wir in ein

Weitere Kostenlose Bücher