Land der guten Hoffnung
für Kinder. Das Wetter spielt Gott sei Dank bei dem Wechsel keine große Rolle. In Kent so beschissen wie hier in Sacrow. Nur trübsinnige Novembersoße. Na ja, was sag ich dir da. Genieße die Sonne am Kap! Jetzt gib mir mal die Mutter. Die Kleine steht neben mir.“
Ich reichte den Hörer an Rena weiter, und während sie kurz mit Conny sprach, ging ich zu Nelson Mandela und zeigte ihm ein V für Victory. Ich hörte wie Rena sich bei Doc bedankte. „Ja, er steht noch hier“, sagte sie und hielt mir den Hörer wieder hin.
„Ja, Doc?“ „Ich halte jetzt erst mal hier die Stellung. Dürfte nicht allzu problematisch werden. Mit Kindern kenne ich mich aus. Aber gib Bescheid, sobald sich was tut!“
„Natürlich. Spätestens in einer Woche hörst du wieder von mir.“
„Wie war es übrigens in Mosambik?“
„Naja.“
Ich holte tief Luft, doch Doc kam mir entgegen.
„Lass mal! Das kannst du mir auch in Ruhe bei einem Grog am Kamin erzählen. Stell mich lieber mal zu Desmond oder Elizabeth durch, wo wir schon mal dabei sind. Man verliert ja sonst ganz den Kontakt zueinander.“
„Ich versuche es. Und noch mal danke, Doc!“
„Jetzt werde bitte nicht sentimental, Helm!“
Ich warf einen Blick auf der Liste mit den hausinternen Durchwahlnummern, die neben dem Telefonapparat lag, bekam beim ersten Versuch Liz an den Hörer, verband sie mit Doc und legte auf.
Nachdem sie ihre Tochter vorläufig in Sicherheit wusste, war Rena für den Moment glücklich und zufrieden.
„Ich hoffe, das Kind bekommt keinen Gehörschaden“, gab ich launig zum Besten.
„Wieso?“
„Doc wird Conny Hardrock beibringen. Du wirst ihr eine Elektrogitarre samt Verstärker kaufen müssen, wenn du wieder in Hamburg bist.“
Sobald es dunkel war, packte ich einige unserer persönlichen Sachen, eine Tüte mit Proviant und eine große Stablampe in meinen Wagen.
Wir meldeten uns bei unseren Gastgebern für einen mehrtägigen Ausflug ab und ließen Renas Wagen auf dem Parkplatz zurück. Nachdem ich eine Verhandlungsgrundlage hatte, stand die Konfrontation mit Bertrand an. Ich hatte nicht die Absicht, Desmond und Liz Probleme zu bereiten, also benötigte ich einen anderen Unterschlupf.
Rena stellte keine unnötigen Fragen, und ich fuhr zügig nach Paarl hinunter und dann Richtung Franschhoek. Auf den ersten Kilometern sah ich noch ab und zu in den Innenspiegel, aber ernsthaft rechnete ich nicht damit, verfolgt zu werden. Solange Bertrand und Stamm bei Bedarf Helikopter in der Luft hatten und die richtigen Leute für sie an den Flugschaltern und in der Passkontrolle saßen, durfte man sich unbehelligt in ihrem Freigehege bewegen.
Langsam durchquerten wir die verschlafene Hochburg der Hugenotten. Dunkel ragten die Berge vor einem schwarzblauen Himmel auf. Monument und Museum leuchteten hell in der Nacht, als ich zum Pass hinauffuhr. Vorsichtig folgte ich den Lichtbahnen meiner Scheinwerfer durch die engen Serpentinen, bis ich den Scheitelpunkt des Höhenzuges erreichte. Es wurde kalt. Ich schaltete die Heizung an. Rena rollte sich wie eine Katze auf dem Beifahrersitz zusammen und versuchte zu schlafen.
Die finstere Hochebene an der Talsperre ging nahezu nahtlos in den Nachthimmel über, und hätte nicht das Glitzern des gestauten Wassers die Uferlinie markiert, wäre die Vorstellung, in einer Raumkapsel durchs grenzenlose All zu gleiten, nicht falsch gewesen. Unendlich weit entfernt blitzten ein einziges Mal Autoscheinwerfer auf. Es musste ein vorausfahrendes Fahrzeug sein, denn bis Villiersdorp kam mir kein anderer Wagen entgegen.
Bis hierhin war die Orientierung leicht gewesen. Von nun an galt es, sich zu konzentrieren, um nicht in der Weite verloren zu gehen. Dem glatten Band der Landstraße zu folgen, war nicht schwierig, doch die richtige Abfahrt zu erwischen, forderte mir nicht nur Erinnerungsvermögen, sondern auch Instinkt ab. Was bei Tag ein übersichtliches Panorama war, stellte sich bei Nacht als Irrgarten dar. Die Wellen der hügeligen Felder summierten sich zu einer monotonen und unübersichtlichen Dünung, und die seltenen Gehöfte lagen düster am Wegrand - weit verstreut und als Orientierungsmarken völlig ungeeignet.
„Das Wichtigste ist, dass Conny nichts passiert!“
Renas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Das Kind ist in Sicherheit!“ Ich warf ihr einen kurzen Blick zu. Sie hatte ihre Haltung nicht verändert, starrte jedoch mit wachen Augen durch die Windschutzscheibe voraus auf die Fahrbahn im
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