Land der guten Hoffnung
obskures Heimatmuseum eingedrungen.
Im Zwielicht wirkte die Ausstattung noch unwirklicher. Die Augen brauchten nicht lange, um sich an die Lichtverhältnisse im Haus zu gewöhnen, denn es war nicht wirklich dunkel. Dafür waren die Vorhänge zu nachlässig zugezogen und zu viele der Fensterläden defekt. Selbst im Flur war die Orientierung nicht schwer, denn die Küchentür stand weit offen, und durch die Küchenfenster fiel genug Mondlicht. Neben der Tür zum Hof hing ein altmodischer Bartschlüssel an einem Haken. Vermutlich der Zweitschlüssel. Ich steckte ihn ins Schloss. Er passte.
Wieder auf dem Hof, öffnete ich das Scheunentor. Ich parkte meinen Wagen neben dem Unfall-Kombi, nahm unsere persönlichen Sachen, die Tüte mit Proviant und die Stablampe an mich und schob das Tor wieder zu. Auf dem Rückweg ins Haus musterte ich noch einmal den Nachthimmel, doch es war weit und breit kein Hubschrauber zu sehen oder zu hören. Trotzdem war es sinnvoll, sparsam mit Licht umzugehen. Da der Generator nicht in Betrieb war, sollte uns das nicht allzu schwer fallen. Ich stellte die Verpflegung in der Küche ab, und Rena holte uns zwei Flaschen Bier aus dem Keller.
„Willst du noch ein Sandwich essen?“ fragte ich sie. Ich selbst hatte keinen Hunger.
„Nein danke. Ich bin müde.“ Sie öffnete die Kronkorken mit den Zähnen.
Ich konnte kaum hinsehen. „Wo hast du das denn gelernt?“
„Da staunst du, was?“ Sie stieß mit mir an.
„Bring es bitte nicht deiner Tochter bei.“
Wir tranken durstig.
„Wenn ich die Flasche leer habe, schlafe ich sowieso sofort ein.“ Sie kicherte. „Am besten richten wir uns gleich oben ein. In diesem Panoptikum halte ich es auf keinen Fall aus.“
Auch ich verspürte keine Lust, die Nacht inmitten der unsäglichen Jagdtrophäen zu verbringen. Trotzdem bot ich Rena an: „Mach du es dir oben im Schlafzimmer bequem. Ich kann hier unten auf dem Sofa schlafen.“
„Blödsinn!“ Sie nahm unsere Sachen und stieg die Treppe hoch.
Ich folgte ihr.
Im oberen Flur checkte Rena das Badezimmer und meldete: „Dem Himmel sei Dank. Der Spülungskasten der Toilette ist voll und der Reserveeimer auch. Ich sah mich schon wie eine Afrikanerin mit dem Eimer zum Brunnen ziehen.“
Wir betraten den großen Raum, in dem die wuchtige Schlafstelle im dunklen Schattenriss aufragte. Bett und Moskitonetz sahen im Mondlicht aus wie eine Insel, auf dem ein Wigwam stand.
Rena legte unsere Sachen ab, platzierte die Bierflasche neben dem Bett und zog sich bis auf Slip und T-Shirt aus. „Eine warme Dusche wäre jetzt trotzdem nicht zu verachten. Aber was nicht ist, ist nicht.“ Sie schlüpfte unter das Moskitonetz.
„Ich könnte die Handpumpe am Brunnen für dich betätigen, während du nackt im Mondlicht badest.“ Ich zog mein Hemd aus und öffnete den Gürtel.
„Und mir dabei meinen süßen Arsch abfriere. Nein Danke.“ Sie hob die Decke an. „Jetzt komm endlich ins Bett!“
„Ich hoffe, es ist frisch bezogen.“
Der Gazekegel über uns filterte das Mondlicht. Schweigend lagen wir nebeneinander und tranken unser Bier.
„Bevor ich ganz betrunken bin, solltest du mir noch etwas genauer erzählen, was du vorhast“, sagte Rena.
„Du nimmst morgen früh mein Handy, rufst ihn an und bestellst ihn her.“
„Meinst du das ernst?“ Ihre Stimme zitterte. „Wozu?“
„Um zu verhandeln.“
„Worüber?“
„Freies Geleit für dich.“
„Er wird mich nicht gehen lassen. Und er wird Conny verlangen.“
„Er hat keine legale Chance, das Mädchen in seine Hände zu bekommen. Und wohl auch kaum eine illegale. Er weiß nicht einmal mehr, wo deine Tochter ist. Aber allein das wird ihn herlocken, und er wird zuhören, denn er hat seinen Stolz. Ich glaube, er hat eine ganze Menge davon. Wenn wir Glück haben, zu seinem Nachteil.“
„Wenn wir Glück haben.?“ Rena machte keinen Hehl aus ihrer Empörung. „Du benutzt Conny und mich als Köder, um ihn endlich zu kriegen, nichts weiter.“
„Du bist also trotz allem noch auf seiner Seite?“
„Nein!“
„Bist du ganz sicher?“
Sie schwieg.
„Bist du wirklich fertig mit ihm? Ich kann es nur mit deiner Hilfe schaffen. Bist du dazu bereit?“ Ich sah sie an.
Im Schutz des Halbdunkels rang sie sich ein kraftloses Nicken ab.
Konnte ich ihr glauben? Konnte ich mich auf Rena verlassen? Natürlich nicht! Nur wenn ich Glück hatte, wurde sie nicht erneut rückfällig. Mir blieb keine andere Wahl. Ich musste sie motivieren. Mit ihren
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