Land der guten Hoffnung
war typisch für ihn, von Aufwand zu sprechen - und nicht von persönlichem Risiko.
„Und nun muss ich wohl bald wieder an den Schreibtisch, ganz egal, ob ich in dieser Sache nun endlich erfolgreich bin oder nicht, denn meine Tarnung ist mit der heutigen Aktion endgültig aufgeflogen.“
„Sie sind Polizeibeamter?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Das musste man nicht sein, um Ermittler für die ANC zu werden.“
Im künstlichen Licht waren die feinen Tätowierungen auf seinen Wangen besonders gut zu erkennen. War er Rechtsanwalt - wie Stamm, der dem Musiker und Oberkellner voll auf den Leim gegangen war? Ganz zu schweigen vom düpierten Bertrand. Wie gerne hätte ich ihre Gesichter in jenem nicht allzu fernen Moment gesehen, in dem ihnen endgültig klar werden würde, wie perfekt Wishbone sie an der Nase herumgeführt hatte.
Kapitel 33
Der Tag ging zur Neige, und das Team hatte jeden Quadratzentimeter der Scheune umgegraben, ohne fündig zu werden.
Wishbones angestauter Frust eskalierte in der Drohung, er werde das ganze Farmgelände umackern und absuchen lassen - auch wenn es Tage dauerte. „Sie müssen hier irgendwo sein!“ bekräftigte er stur und trommelte mit Lynda das Team zur Lagebesprechung bei den Lastern zusammen. Ich nutzte die Gelegenheit, ging ins Haus und sah nach Rena. Sie stand am Schlafzimmerfenster und beobachtete das Geschehen im Hof.
„Was geht da unten vor?“ fragte sie. „Sie haben nichts gefunden.“
„Ich wusste gleich, dass es eine Lüge ist!“ Ich ließ ihr den Glauben. Wenn sie sich zum wiederholten Mal etwas zu Bertrand einreden wollte, war das ihre Privatsache. So lange Wishbones Beweise ausblieben, konnte sie sich noch an ihre Sicht der Dinge klammern. Es war ein unsicherer Halt. Aber wie hieß es so schön? Im Zweifel für den Angeklagten - also auch für Marius Bertrand! „Wie lange will man uns noch gefangen halten?“
„Keine Ahnung.“ Ich fühlte mich nicht als Gefangener. Was konnte mir besseres passieren, als am Brennpunkt des Geschehens dabei zu sein? „Wie lange willst du dich noch hier oben verkriechen, Rena?“
„Bis sie endlich Beweise vorlegen oder mich freilassen!“ Ihre Tonlage war mir inzwischen nur zu vertraut. Es war sinnlos zu argumentieren, also verzog ich mich wieder nach unten.
Wishbone kam ins Haus und verschwand hastig auf der Toilette. Ich ging in die Küche und nahm mir eine Tafel Schokolade aus unserem Verpflegungsbeutel. Als Wishbone zurück in den Hof eilte, stand ich in der Küchentür und brach mir einen Riegel ab. Stans Blick streifte mich nur flüchtig. Der Mann machte einen äußerst angespannten Eindruck auf mich. Noch waren die Würfel offenbar nicht gefallen. Wahrscheinlich hatte das Team wenig Lust, ziellos weiter zu graben, und er musste harte Überzeugungsarbeit leisten, um alle bei der Stange zu halten.
„Was ist, wenn die Leichenreste ohne Tims Wissen an einen anderen Ort gebracht worden sind?“ rief ich ihm nach und steckte mir ein Stück Schokolade in den Mund. Er blieb in der Tür zum Hof stehen und drehte sich langsam zu mir um. „Glauben Sie im Ernst, Bertrand hat hier alles ausgebuddelt und es durch die Landschaft gekarrt, um es woanders wieder zu vergraben? Das wäre viel zu riskant für ihn gewesen.“ Er wandte sich ab, wollte zurück zu seinen Leuten.
„Was ist, wenn er es hier vor Ort nur besser versteckt hat?“
Diesmal musterte er mich wie einen Nachhilfeschüler.
„Von nichts anderem versuche ich die Leute da draußen zu überzeugen.“ Er lächelte müde. „Aber vielleicht haben Sie ja einen Vorschlag, wo genau hier auf dem Gelände wir suchen sollen, Helm.“ Er wartete meine Antwort nicht ab und ging in den Hof.
Ich lutschte das Stück Schokolade klein und starrte dabei wie abwesend auf die Kellertreppe. Wie hatte ich meine Erkenntnisse über die Militanten beider Lager gedanklich zusammengefasst, als Wishbone mich in Bertrands Auftrag gebrieft hatte?
Sie hatten alle, auf die eine oder andere Weise, ihre Leichen im Keller!
Wie ein Schlafwandler bewegte ich mich abwärts, bis ich wieder im Kühlen stand, direkt vor den Getränkekästen. Minutenlang musterte ich die Tasten des Safeschlosses neben der Stahltür. Dann war ich mir sicher über die Gewinnzahl. Ich eilte wieder nach oben und in den Hof.
Es sah ganz danach aus, als gäbe das Team auf und bereite bereits den Rückzug vor. Lynda machte ein betrübtes Gesicht und zuckte resigniert die Schulter, und Wishbone fluchte lauthals,
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