Land der guten Hoffnung
geben.“
„Wenn Sie unbedingt eine Freundin in Südafrika suchen, dann besuchen Sie lieber noch mal Betty. Die hat das Herz auf dem rechten Fleck. Und da sie Tim nun los ist, kann es nur noch aufwärts mit ihr gehen.“
„Betty.?“ Wollte Wishbone mich auf den Arm nehmen? „Ich denke, sie ist aus dem Fenster geworfen worden.“ „Haben Sie was darüber in der Zeitung gelesen?“
„Nein“, gab ich zu.
„Es gab weder einen Unfall noch einen Mord. Ich habe das vor Marius und Tim auf meine Kappe genommen. Tot war sie in Sicherheit.“
„Was ist mit Jabu?“
„Der ist leider tatsächlich nicht mehr am leben. Wir konnten Bertrand nicht immer zuvorkommen. Aber von nun an bin ich ihm immer einen Schritt voraus.“
Entfernter Lärm kündigte den Hubschrauber an.
„Ich glaube, wir fahren doch lieber mit dem Auto zurück“, sagte ich.
„Immer auf den persönlichen Spielraum bedacht!“ Er lachte trocken. „Ist es nicht so, Helm? Aber ganz wie Sie wollen.“ Er gab mir eine Visitenkarte.
Auf der Karte stand nur eine Telefonnummer.
„Für alle Fälle. Ich melde mich aber, sobald ich in Kapstadt das Dringendste auf die Schiene gesetzt habe - sagen wir morgen Abend bei Desmond.“ Wishbone lächelte. „Er wird sowieso bald erfahren, was ich in der Zwischenzeit getrieben habe.“
Der Hubschrauber setzte zur Landung an. Er hatte nichts Bedrohliches mehr.
Kapitel 34
Auf der Rückfahrt durch die Nacht drehten sich meine Gedanken wie in einer Endlosschleife um Lebende und Leichen.
Stan Wishbone und Marius Bertrand. Jeder auf seine Weise ein Herr über Leben und Tod. Jabu war schon beerdigt. Und Betty war nie gestorben. Die Erinnerung an sie holte mich wieder ein. Ich schob die Roy Orbison-Kassette in den Recorder und spulte vor, bis ich die ersten Basstakte des Songs hörte, den ich auf meiner Fahrt von Kapstadt in Richtung Paarl gehört hatte.
I feel so bad -1 got a worried mind.
Die erste Textzeile, die Orbison düster anstimmte, erinnerte eher an das Ableben. Doch nach verhaltener Einleitung steigerte er sich mit seinem hohen, modulationssicheren Tenor zu einer emotionsgeladenen Wiederauferstehung.
Im going back some day - come what may - to Blue Bayou...
Der Meister des spektakulären Finales fand nach Verzicht und Enttäuschung immer wieder zur Hoffnung. Das hätte auch dem alten Jabu gefallen. Und vielleicht war ja auch Bettys Stützpunkt Green Point in Kapstadt trotz des antarktischen Benguela-Stroms so etwas wie ein Blue Bayou.
Bevor meine Gedanken weiter davon treiben konnten, meldete sich Rena zu Wort.
„Kannst du nicht mal diese nervige Musik ausmachen!“
Ich drehte die Lautstärke zurück.
„Glaubst du, Marius hat das wirklich getan?“
Ich schwieg vorerst und konzentrierte mich auf den Mittelstreifen, der den Kurs über Villiersdorp nach
Franschhoek und Paarl vorgab. Die Rückfahrt forderte mir trotz erneuter Dunkelheit weit weniger Aufmerksamkeit ab, als die Anfahrt ins Unbekannte. Keine vermuteten Verfolger. Keine Ungewissheit. Trotzdem war die Lage nicht einfacher geworden, wie Renas Frage zeigte. Bevor ich mir eine passende Antwort zurechtlegen konnte, überflog uns der Hubschrauber. Seine Positionslampen wanderten wie bunte Sterne über den Nachthimmel, und ich konnte mir Wishbone nur zu gut vorstellen. Er saß zufrieden neben dem Piloten und freute sich darauf, seine Bahn brechenden Informationen gezielt zu verabreichen, wie ein Arzt, der das entscheidende Gegengift injiziert.
Rena starrte mit zusammengepressten Lippen in die Nacht und wartete auf die Beantwortung ihrer Frage.
„Ich fürchte, es spricht mehr dafür als dagegen.“
Es war nicht das, was sie von mir hören wollte. Ihre Ablehnung war spürbar, und ich unternahm keine weiteren Anstrengungen, sie zu überzeugen, widmete meine ganze Aufmerksamkeit der Fahrbahn und drehte die Musik wieder lauter.
Kaum hatte Roy Orbison sich richtig in A Love So Beautiful hineingesteigert, drückte Rena die Stopp-Taste und brachte die Musik ganz zum Verstummen. Es war wohl nicht das richtige Thema, um endgültige Klarheit über ihre Gefühle für Marius Bertrand zu finden.
Villiersdorp.
Ich bog von der R43 nach links ab, und wenig später führte mich die R45 am Ufer des Stausees entlang. Diesmal lagen die Fluten linkerhand. Der Himmel war klar, und die Sterne spiegelten sich nahezu regungslos im stillen Wasser wider. Es wurde kühler, und ich schaltete das Gebläse aus. Wieder waren wir so gut wie alleine unterwegs. Nur
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