Land der guten Hoffnung
weit mehr zu bieten gehabt, als mir bislang klar gewesen war?
„Etwas versöhnt mich allerdings mit den Spielregeln der Kommission“, stellte Wishbone zufrieden fest. „Es besteht zwar die einmalige Chance zu beichten und milde davonzukommen, nimmt man sie jedoch nicht wahr, setzt man sich dem Risiko einer Strafverfolgung nach herkömmlicher Gesetzgebung aus. Und wenn es zu einer Anklage kommt, gibt es einen ordentlichen Prozess - und eine angemessene Strafe.“ Wishbone war zutiefst befriedigt über diese Rechtslage. Er vibrierte förmlich vor Genugtuung, stand auf und streckte sich.
„Die Götter mögen Tim freundlich gesinnt sein - denn er hat mir kurz vor seinem Tod noch den entscheidenden Hinweis geben können.“
Er deutete auf die Scheune.
„Wenn ich seinen Tipp richtig interpretiere, dann befinden wir uns direkt neben einem Massengrab!“
Nachdem Wishbone das gesagt hatte, schwiegen wir eine ganze Weile.
Der Ort war nicht mehr derselbe. Nicht, dass die Farm mich bislang bezaubert hätte, aber auf ihre bizarre Art war sie mir durchaus faszinierend erschienen. Nun wirkte sie bedrückend wie ein Mahnmal auf mich.
Rena war fassungslos. Sie starrte Wishbone an, als hoffe sie inständig, er möge sich irren. Er blieb ungerührt. Sie sah mich an. Auch ich konnte ihr keinen Mut machen.
Wishbone setzte sich wieder. „Drüben im Haus wurden die Opfer verhört, gequält und gefoltert. Verhört und gequält wurde so gut wie in jedem Raum. Die größeren waren in Büros unterteilt. Richtig gefoltert wurde im Keller. Diejenigen, die dabei draufgegangen sind, haben sie gleich hier verscharrt. Und Marius Bertrand war der Chef!“
„Nein“, flüsterte Rena.
„Doch!“ widersprach Wishbone unerbittlich. „Ich fürchte, Sie werden es früher oder später akzeptieren müssen.“
Rena presste die Lippen fest zusammen und schaute wie hypnotisiert zu den Bergen hinüber, als erwarte sie Bertrand und seine Männer ein zweites Mal. Doch die Ebene war leer. Weit und breit waren keine Reiter zu sehen. Und da die Luft noch nicht vor Hitze flirrte, war eine optische Täuschung ausgeschlossen.
„Was passiert, wenn doch etwas zu Marius durchsickert?“ fragte sie. „Wenn er erfährt, wo wir sind und was hier vorgeht? Was geschieht, wenn er es darauf ankommen lässt?“
„Das wird er bleiben lassen!“
Wishbone war die Ruhe in Person.
„Sobald er von den aktuellen Vorgängen auf seiner Farm erfährt, weiß Bertrand genau, worum es dabei geht. Er kann dann nur noch in eine Richtung marschieren. Vermutlich wird er alles abstreiten und so tun, als habe er damit nichts zu schaffen. Er wird alles tun, um es der Anklage so schwer wie möglich zu machen und versuchen, erneut Zeugen einzuschüchtern. Er wird sich die besten Anwälte kaufen. Kein Zweifel, er muss aktiv werden, aber hier vor Ort wird er sich bestimmt nicht blicken lassen.“
Rena schwieg, war nicht überzeugt.
„Jeder Versuch einzugreifen, wäre ein Eingeständnis seiner Schuld. Diese Blöße kann einer wie er sich nicht geben. Glauben Sie mir! Er wird nicht zurück, sondern nach vorne schauen und so laut und eindrucksvoll wie möglich behaupten: Ich bin unschuldig! Und dabei insgeheim hoffen, uns möge doch noch ein Fehler bei der Beweisführung unterlaufen.“
Er ließ von Rena, die unter den Argumenten in sich zusammengesunken war, ab und sah mich an.
„Aber mir wird kein Fehler unterlaufen. Seien Sie unbesorgt!“
Die Verbissenheit, mit der Wishbone sich die Verantwortung auf die Schultern lud, hatte etwas vom einsamen Rächer. Das Gesetz bin ich!
„Und wer hilft Ihnen dabei?“ fragte ich.
Er sah sich ertappt und lächelte müde. „Lynda ist ganz offiziell in Amt und Würden. Sie hat das Team zusammengetrommelt. Ermittelnde Polizeibeamte und Zuständige der Staatsanwaltschaft. Spezialisten wie Anthropologen und Pathologen, dazu uniformierte Hilfskräfte der Polizei. Von den Dingen, die im Augenblick wichtig sind, habe ich persönlich die wenigste Ahnung. Das ist Sache der Ausgrabungsexperten und Gerichtsmediziner. Und das kann dauern, denn die arbeiten nicht mit Presslufthämmern, sondern eher wie Archäologen - mit Schäufelchen und Bürsten und Pinseln. Ich bin zwar der Spürhund, der den Ort gefunden hat, an dem der Knochen vergraben ist, aber ich darf ihn nicht selber ausbuddeln.“
„Wer sind die vier weißen Männer?“
„Einer gehört zu unserem Anthropologenteam, die andern drei sind neutrale Beobachter aus Europa - in Sachen
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