Land der guten Hoffnung
ab und ich hörte, wie sie in ihrer Tasche herumkramte.
„Hier. Habe ich uns in Paarl besorgt.“
Sie tauchte wieder neben meiner Schulter auf und hielt mir eine Musikkassette hin. Ich nahm sie und warf einen flüchtigen Blick auf das Cover. Aaron Neville lächelte mir entgegen, das große Muttermal über der rechten Augenbraue.
„Wie kommst du denn auf den?“
„Das farbige Kontrastprogramm zu deinem bleichen Freund. Du magst doch Männer mit hohen Stimmen.“
„Hört sich ja an, als hätte ich es mit Kastraten.“
„Leg auf!“
Gleich das erste Stück war typisch für Aarons Gesangstechnik. Was er aus Louisiana 1927 von Randy Newman herausholte, war hörenswert, und Newmans Text passte nirgendwo besser hin, als in das Land, durch das wir fuhren.
What has happened down here is the winds have changed ...
„Du überraschst mich immer wieder, Rena.“ Ich musterte sie im Innenspiegel.
„Deswegen kommen wir auch so gut miteinander aus.“
Wir hörten dem Song zu.
Clouds roll in from the north and it starts to rain ...
Ein Schild kündigte Heidelberg an.
Kapitel 40
Nachdem ich den Wagen betankt und Rena die Rechnung beglichen hatte, saßen wir eine Weile bei geöffneten Seitenfenstern nebeneinander und teilten uns ein Sandwich und eine kalte Dose Coca Cola.
Die Mittagshitze hing sengend über dem Land und hatte die angenehme Kühle im Wageninneren schon mit dem ersten erdrückenden Schwall zunichte gemacht. Die Luft war hier feuchter als im Weinland. Am Horizont hing eine dunkle Gewitterfront - ganz wie Wetterfrosch Aaron Neville es vorausgesehen hatte. Zwar regnete es noch nicht, aber es war absehbar.
„Lass uns Freunde bleiben“, sagte Rena und legte mir die Hand auf den Oberschenkel.
Auf halber Strecke unserer gemeinsamen Reise saßen wir in der brütenden Hitze und sahen dem Unwetter entgegen. Über dem Horizont zuckte ein Blitz, wenig später gefolgt von einem fernen Grummeln. Ich nahm noch einen Schluck und gab Rena die beschlagene Dose zurück. Sie trank. Wie hypnotisiert stierten wir durch die Windschutzscheibe. Es wurde noch einen Tick dunkler, und eine Neonreklame flackerte auf.
REST IN A DREAM MOTEL
Rosarot vor schwarzen Regenwolken.
Renas Hand versengte meinen Oberschenkel.
„Wir brauchen noch was zu trinken für unterwegs“, sagte ich, stieg aus und eilte zum Kassenhäuschen.
Während ich zwei Flaschen Mineralwasser bezahlte, fiel mein Blick auf den kleinen Fernseher, der den Tankwart unterhielt. Über den Bildschirm lief eine Nachrichtensendung in Afrikaans.
Bertrand.
Er schaute siegesgewiss in die Kamera, befand sich offensichtlich auf freiem Fuß. Noch immer? Oder schon wieder? War er bereits verhaftet gewesen und inzwischen gegen Kaution freigelassen worden? Ich verstand kein Wort. Und es war mir auch gleichgültig. Was auch bei der Sache herauskommen mochte, es hatte nichts mehr mit meinem Auftrag zu tun - der war abgeschlossen.
Zurück am Wagen, warf ich die Wasserflaschen auf den Rücksitz und setzte mich wieder hinters Steuer.
„Willst du wirklich in diesem Wolkenbruch weiterfahren?“ fragte Rena.
„Noch ist er nicht da.“
„Aber er kommt mit Sicherheit.“
Das war richtig. Blitz und Donner folgten rascher aufeinander und kamen unaufhaltsam näher. Ich wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht, startete den Motor. Die Kassette sprang an, und zu den ersten Regentropfen, die von den Scheibenwischern weggeputzt wurden, erklang It Feels Like Rain.
Das Unwetter kostete uns eine Menge Zeit.
Auch Riversdale und Mossel Bay passierten wir noch bei bedecktem Himmel und mussten den einen oder anderen Schauer über uns ergehen lassen. Doch dann klarte es langsam auf.
Schon auf dem Weg nach Mossel Bay hatte sich die N2 allmählich der Küste angenähert, doch erst hinter George fand der jetzt dichter befahrene Highway Kontakt zum Indischen Ozean. Die graue Wolkendecke riss auf und überließ der Spätnachmittagssonne nach und nach das Kommando. Die Luft war klar und sauber. Ich schaltete die Klimaanlage ab, und wir öffneten die Seitenfenster.
„Fahr bitte etwas langsamer, damit wir die Stelle nicht verpassen“, bat Rena eine Viertelstunde nachdem wir Knysna hinter uns gelassen hatten.
Ich nahm das Gas zurück.
„Da vorne ist es.“ Sie deutet auf die Mündung einer schmalen Piste, die rechterhand in den dichten Wald abbog, also in Richtung Ozean. „Wir befinden uns hier ganz in der Nähe von Hakerville.“
Ich hatte kein Schild entdecken können und musste
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