Land der guten Hoffnung
Dutzend Bungalows unterschiedlichster Größe, die alle mit überdachten Gängen und Hallen verbunden waren. Dunkles Tropenholz fügte sich mit geweißten Lehmwänden zu einer Art subtropischem Fachwerk zusammen. Alle Dächer waren mit Naturfasern gedeckt. Aus der Ferne war nicht zu erkennen, ob es sich um Palmwedel, Ried oder einfaches Stroh handelte.
Noch während ich das Anwesen betrachtet hatte, war Rena ausgestiegen. Sie stand hoch über dem Strand, schaute auf den Ozean hinaus und hielt sich mit beiden Armen fest umschlungen - vermutlich, um sich vor dem Wind zu schützen. Für mich sah es aus, als stecke ihr Oberkörper in einer unsichtbaren Zwangsjacke. Hatte sie Angst vor der eigenen Courage bekommen? Wollte sie doch noch im allerletzten Moment umkehren? Oder genoss sie nur die letzten Minuten in Freiheit, bevor sie sich erneut in die Fänge Bertrands begab?
Minuten später stieg sie wieder ein. Ohne mich anzusehen sagte sie: „Jetzt haben wir es so gut wie geschafft!“
Kapitel 41
In der Zufahrt zum Hauptgebäude parkten drei weitere Kleinbusse der Produktionsfirma.
Die Dreharbeiten, die anscheinend auf dem Gelände stattgefunden hatten, waren wohl beendet, denn Gormanns Leute beschäftigten sich mit dem Abbau des Sets. Männer und Frauen des Filmteams luden ihre Gerätschaften für Ton, Licht und Kamera ein und rollten nicht wenige Meter Kabel zusammen. Der Mann mit dem silbernen Vollbart und dem pechschwarzen Haar überragte alle. Aber auch hier, als Fels in der Brandung, wirkte Gunter Gormann trotz seiner Körpergröße eher unauffällig. Mimik und Gestik, die seine Anweisungen an die Mitarbeiter begleiteten, entsprachen ganz dem verbindlichen Tonfall, den ich bereits kannte.
Ortskundig dirigierte Rena mich am Filmtross vorbei bis zu einer überdachten Parkbucht für Gäste, in der ich den Wagen abstellte. Schon im Vorbeifahren hatte Gormann mich erkannt. Die irritierte Miene, mit der er uns nachsah, war mir im Seitenspiegel nicht entgangen. Kaum waren wir ausgestiegen, kam er zu uns geeilt.
„So sieht man sich wieder“, begrüßte er mich.
Ich schüttelte ihm die Hand und stellte Rena vor, bevor sie sich entschuldigte und im Haus verschwand.
„Immer noch auf der Suche nach Tim?“
Wenn es noch eines Beweises für Wishbones diskreten Umgang mit dem Schicksal des Somali bedurfte, so war er mit dieser Frage erbracht.
„Wenn Sie so wollen.“ „Tut mir übrigens Leid wegen der nächtlichen Störung, als die Sache mit Jabu passierte. Ich hätte Ihnen nicht hinterher telefoniert, wenn ich mir nicht echt Sorgen gemacht hätte, Helm.“
„Ist schon gut. Mittlerweile wissen Sie ja, dass die Polizei nicht hinter mir her war.“
Er quälte sich durch etwas, das offenbar ein Lächeln werden sollte.
Es zog mich nicht ins Haus, und so wandte ich mich Gormanns Team zu. „Und welchen Streifen drehen Sie hier, Gunter?“ Langsam spazierte ich mit ihm zu den Bussen.
„Einen Dokumentarfilm über den Hausherrn.“
„Reales oder Doku-Soap?“
„Fakten! Eine Art persönliches Porträt. Ein bewegtes Leben, dessen abenteuerlicher Verlauf die Nation heutzutage mehr den je interessieren dürfte.“
Ich schwieg verblüfft.
„Na ja.“ Er kratzte sich am Kopf. „Auch Sie haben sicher die Zeitungen gelesen oder sich sogar die Nachrichten im Fernsehen angeschaut.“
„War ja nicht zu übersehen.“
Wir verharrten außerhalb des Aktionsradius des Teams und sahen zu, wie die Beleuchter Reflektionsschirme verluden, die mit Alufolie beschichtet waren.
„Er hat das Projekt selbst angeregt.“
Gormann nannte den Mann, um den sich unser Gespräch drehte, nie beim Namen. Was immer das auch bedeuten mochte - fest stand: Bertrand ging in die Vollen. Wishbone hatte ihn wie geplant den Medien zum Fraß vorgeworfen und ihm damit mehr Öffentlichkeit verschafft, als ihm lieb sein konnte. Doch da man ihn nun einmal geoutet hatte, gab sich Bertrand nicht mehr damit zufrieden, den Medien Rede und Antwort zu stehen. Die passive Rolle gefiel ihm nicht. Es war nicht sein Kampfstil. Er wurde aktiv und steuerte seine eigene Propaganda zum Thema bei, entschlossen Antworten auf Fragen zu geben, die ihm niemand stellte.
„Ich nehme an, er schreibt auch das Drehbuch“, sagte ich. „Nicht selbst - aber es kommt wohl auf das Gleiche raus. Es ist halt sein Leben.“
„Und für wen produzieren Sie so etwas, Gunter? Es ist doch sicher kein deutscher Auftraggeber.“
Gormann schüttelte den Kopf und machte sich mit einem
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