Land der guten Hoffnung
zu retten ist. Er denkt gar nicht daran, Öl ins Feuer zu gießen. Der Mann ist Pragmatiker, zwar durchaus machtbewusst, doch seine Sehnsucht nach Götterdämmerung hält sich in Grenzen. Was das angeht, war Bertrand germanischer veranlagt als er. Glauben Sie mir, Stan, seine geschäftlichen Interessen in Südafrika und Deutschland sind Dietrich Stamm viel zu wichtig. Er wird die Dinge so elegant wie möglich unter der Decke halten.“
Ich wusste, wovon ich redete. Dr. Stamm hatte sogar schon angedeutet, er könne sich die junge Frau Carsten in nicht allzu ferner Zukunft durchaus als Partnerin bei Backlands & Seasides vorstellen, speziell im Hinblick auf die Hotelkette Exclusive Retreats. Und auch Rena hatte auf einmal die Qualitäten eines Dietrich Stamm neu für sich entdeckt. Er hilft mir sehr! hatte sie mir anvertraut, und mir schwante, sie könne sich Stamm schon als nächste Leitfigur ausgesucht haben. Wenn sie sich da mal nicht erneut verhob.
„Ich hoffe, Sie behalten Recht.“ Wishbone verschränkte die Hände im Nacken und streckte sich. „Wissen Sie, was mich in all den Jahren an Marius Bertrand am meisten fasziniert hat?“ „Sie werden es mir sicher sagen, Stan.“
„Wenn Bertrand einen ansah, tat er es ohne jeden Lidschlag. Eine Eigenschaft, die Personen auszeichnet, die sich ihrer Macht völlig bewusst sind. Ihr Blick hat etwas Durchdringendes.“
Wahrscheinlich waren die grünen Augen deshalb so gut zur Geltung gekommen.
Wishbone stand auf und riss dabei einen Stapel dick gefüllter Schnellhefter zu Boden. Er fluchte, machte jedoch keinerlei Anstalten, den Papierkram aufzuheben. „Für heute muss ich mich leider von Ihnen verabschieden“, sagte er.
Ich erhob mich und schüttelte ihm die Hand.
Er machte eine müde Armbewegung über das Aktenchaos auf seinem Schreibtisch. „Die Arbeit ruft.“
Ich ging zur Tür.
„Manchmal sehne ich mich nach den guten alten Tagen im Quartier Français zurück“, gab er mir noch mit auf den Weg. „Dann hätte ich Sie nur höflich und freundlich bedienen müssen - und zum Schluss wären Sie mir ein Trinkgeld schuldig gewesen.“
Kapitel 48
Das überfällige Telefonat mit Doc lag mir auf der Seele, und so ließ ich mir bei einem Spaziergang am Strand die frische Atlantikluft um die Nase wehen, um einen klaren Kopf zu bekommen.
Ich war wieder in dem Hotel in Camps Bay untergekommen. Nicht einmal drei Wochen zuvor hatte ich genau hier die Spur aufgenommen. Inzwischen waren die ersten Touristen zur Hauptsaison eingefallen, und Strand und Ortschaft waren nun auch wochentags dicht bevölkert.
Als ich endlich anrief, hatte ich Doc sofort am Hörer.
„Hier in Sacrow alles okay!“ meldete sie.
Ich informierte sie über die anstehende Abholung Connys durch die Delegation aus Hamburg. Die Abstimmung war leichter, als ich gedacht hatte. Doc verkniff sich neugierige Fragen. Der Begriff Großvater stand auf ihrer Werteskala ganz oben und entschuldigte die weitere Abwesenheit der Mutter, deren Gründe ich dezent verschleierte. Kaum war die Heimkehr des Kindes abgehandelt, gab sie den Hörer an Conny weiter.
„Wo ist Mama?“
Die feste Stimme der Kleinen ging mir bis ins Mark, und es dauerte einige Sekunden, bis ich die richtigen Worte fand. Über das Kind zu reden, war mir stets leicht gefallen, doch mit ihm zu reden, war etwas ganz Anderes. „Deine Mutter ist mit Freunden unterwegs. Sie lässt dich lieb grüßen, Conny.“
„Was macht sie?“
„Sie muss etwas Dringendes erledigen, aber es geht ihr gut.“
„Wann kommt sie?“
Wie hatte die Tennislegende Jimmy Connors es so treffend formuliert? Ich hasse jeden Ball der über das Netz zurückkommt! Der Stoff für das Märchen, das ich erzählte, drohte mir auszugehen. „Dein Großvater wird dich bald in Berlin abholen lassen, und sobald du in Hamburg bist, wird sie dich dort anrufen. Versprochen!“ Das entsprach der Wahrheit. Rena hatte es mir genau so aufgetragen.
„Oh, Großpapa!“
Das klang fröhlich. Das Kind freute sich. Ich war erleichtert.
„Kann ich Lucy mitnehmen?“
„Das musst du mit deinen Gastgebern besprechen.“ Ich konnte mich nicht an der Lösung aller Probleme beteiligen. Was die Haustiere anging, war Doc gefragt.
„Ist gut“, sagte Conny. „Pass gut auf Mama auf!“
„Mach ich.“
„Versprochen?“
„Du kannst dich darauf verlassen.“
Mit einem „Tschüss!“ half sie mir aus der Klemme.
Bevor ich richtig aufatmen konnte, meldete sich Doc noch einmal.
„Und
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